Mein letztes Tertial absolvierte ich in meinem Wahlfach Neurologie. Zuvor war ich in Altenburg (Innere) und Döbeln(Chirurgie) tätig. Einer der Hauptgründe weshalb ich mich für Chemnitz entschieden habe, war die Größe der Abteilung. Mit ca. 140 Betten insgesamt, hat das Klinikum Chemnitz eine der größten neurologischen Abteilungen in Deutschland. Allerdings, so meine Überlegung, ohne das typische "Verheizen" der PJler wie es typisch für Unikliniken oder andere Kliniken ist, die sich nicht um Nachwuchs bemühen müssen. Ein zusätzlicher Anreiz waren die 375€ monatlich und die gestellte Wohnung. Auch für die Verpflegung gab es 12€ täglich.
Man sollte wissen, dass das Klinikum Chemnitz 3 Standorte hat. Die Standorte Flemmingstraße und Küchwald liegen fußläufig nebeneinander, direkt an den Wohnheimen in denen auch die PJler wohnen. Der Standort Dresdner Straße ist mit Bus ca. 35min, mit Fahrrad 15-20min entfernt. (Witterungs-und Motivationsabhängig auch mal mehr oder weniger. Tendenziell ist der Chemnitzer Winter, kombiniert mit militanten Autofahrern, evtl. nicht die beste Zeit seinen Sportsgeist zu entdecken…) Fahrtkosten für den Bus werden übernommen. Die Stroke-Unit, Notaufnahme und eine Normalstation befinden sich in der Flemmingstraße. Der Hauptanteil der neurologischen Betten befindet sich jedoch in der Dresdner Straße (4 Normalstationen, davon 1x neuropsychiatrisch, zusätzlich 1x Neuro-ITS, 1x Neurophysiologie).
Mein Einsatzort war die Station D114 auf der Dresdner Straße. Am ersten Tag war ich gegen 9.00 Uhr auf Station und wurde von der Chefsekretärin freundlich empfangen, die mir alle nötigen Schlüssel/Dokumente aushändigte und die Dienstkleidung inkl. Kittel besorgte. Danach gab es erst einmal eine persönliche Führung durch das gesamte Klinikum mit dem lt. OA. Das sich jmd. so viel Zeit für mich nahm, hatte ich bei meinen vorigen Tertialen/Famulaturen noch nicht erlebt. Mir wurde alles gezeigt, die wichtigsten Abläufe erklärt und gleich zu Beginn Rotationsmöglichkeiten angeboten. Nachdem das Organisatorische erledigt war, ging es dann auch direkt zum allg. Stationsalltag.
Von 7.30 bis etwa 8.00 Uhr ist Arbeitsbeginn. Ärztlicherseits beginnt hier das Befundesichten, Untersuchungsanmeldungen anlegen und überhaupt Patientenmanagement. Flexülen sind Aufgabe der Ärzte. Als PJler übernimmt man natürlich diese Aufgabe, wird aber nie für eine große Blutrunde ausgenutzt, wie ich es von anderen Kliniken kenne. Nach maximal 30min ist man meistens fertig. Ab und an habe ich noch Blut abgenommen, wenn die Schwestern keine Zeit hatten. Über die Hilfe freute man sich, nutzte diese aber niemals aus. Im Gegenteil, ich wurde gefragt, ob ich Zeit und Lust(!) zur Blutabnahme hätte. Ab und zu fragten andere Stationen an, ob man Flexülen legen möchte. Dies jedoch als nette Geste zum Üben. Niemand nahm es übel, wenn man ablehnte.
Nach 1 Monat bekommt man als PJler ein eigenes Patientenzimmer zur Betreuung. Hier habe ich eigenständig mit oberärztlicher Supervision die Patienten von Aufnahme bis Entlassung begleiten können. Mit ärztlicher Begleitung durfte ich stationsübergreifend auch LP’s eigenständig durchführen.
Gegen 9.00 startet meist die Visite für ca. 1-2 Std. Von 11-12 Uhr ist die „Morgenbesprechung“. Hier werden die neuen Patienten jeder Station vorgestellt und im Team das weitere Vorgehen besprochen. Als PJler bekommt man schnell seine eigenen Patienten zum Vorstellen, welche man selbst aufgenommen hat. Nach der Besprechung geht es dann meist sofort mit den Assistenzärzten zum Mittagessen. Ab 13.00 Uhr geht es dann zu den Aufnahmen. Hiervon gibt es geplant meist 2-4 pro Tag. Ab 14-15.00 Uhr bis Dienstende werden die Epikrisen für den nächsten Tag diktiert, LP’s gemacht, Angehörigengespräche geführt, etc. Als PJ’ler ist ein pünktlicher Feierabend immer möglich gewesen.
Überhaupt hatte man viele Freiheiten. Man konnte, wann immer möglich, in die Elektrophysiologie und zur Bewegungssprechstunde gehen. Ich entschied mich noch für eine Rotation in die Notaufnahme. Mir wurde auch noch die Möglichkeit eingeräumt 2 Wochen in die Neuroradiologie zu rotieren, was ich aus Zeitgründen, auch hinsichtlich meiner Prüfungsvorbereitung, jedoch nicht in Anspruch nahm.
Einmal wöchentlich gab es Weiterbildungen im Hauptklinikum. Hierfür konnte man auch ohne weiteres schon früher gehen. Vom Nahtkurs über Fallbesprechungen wurden eigentlich alle wichtigen Themen aus den meisten Fächern einmal abgedeckt.
Das Team ist äußerst nett und jeder gab sich Mühe, mir meine Fragen möglichst genau zu erklären und das trotz straffem Zeitplan. Im Schnitt ist das Team sehr jung, sodass man als Student schnell Anschluss finden konnte. Ich wurde auch zum Assistenzarzttreffen eingeladen und später zum Essen mit der Station. Alle waren sehr herzlich.
Als Fazit ist Chemnitz zwar nicht die glanzvollste Stadt, aber hinsichtlich der Lehre habe ich es nicht bereut, mein Tertial hier absolviert zu haben. Ich habe viel gelernt, v.a. auch praktische Dinge, welche ich für meinen späteren Beruf nutzen kann. Aufgrund der Größe der Abteilung und des Einzugsgebietes konnte ich, hinsichtlich der neurologischen Fachausbildung, sehr viel sehen. Von Infarkten über Epilepsien und MS, bis hin zu ALS, Myasthenie und Immunenzephalitiden konnte man so ziemlich alles sehen. Das einzige Manko ist das morgendliche Pendeln, an das man sich jedoch schnell gewöhnt. Im Sommer ist Fahrradfahren auf jeden Fall eine entspannte Option zum Bus.
Ein letzter Tipp: die Wohnheimzimmer sind sehr geräumig, möbliert und mit Einbauküche und Bad ausgestattet. Allerdings ohne sonstige „Ausrüstung“. Man sollte möglichst mit Bettwäsche, Geschirr und Toilettenpapier anreisen, sonst wird die erste Nacht in Erinnerung bleiben;).