Zu allererst möchte ich sagen, dass ich alle wichtigen Krankheitsbilder der Pädiatrie während meines Tertials kennen gelernt habe. Es gab, wenn auch sporadisch, 1-zu-1-Lehre und einige wirklich sehr lehrreiche Seminare. Ich habe Routine in Anamnese, Befund und grundlegenden Fertigkeiten wie Zugänge legen und Entlassbriefe verfassen erlangt. Ich denke, dass mich dieses Tertial sowohl auf das mündliche Examen als auch meine spätere Tätigkeit in der Pädiatrie vorbereitet hat.
Mein größtes Lob geht an das Team der Intensivstation. Hier habe ich mich wirklich in jeder Minute gut angebunden gefühlt. Die Oberärzte haben viel Zeit aufgewandt, intensivmedizinische Verfahren und Therapiekonzepte zu besprechen. Ich habe einen guten Einblick in die Neonatologie erhalten. Die Seminare der ITS waren ohne Ausnahme top und lehrreich.
Ich persönlich war mit der Betreuung durch den Chefarzt sehr zufrieden. Er hat bei Visiten vorher gefragt, ob ich ein Kind vorstellen würde. Dann wurde ich gezielt zum Fall und Krankheitsbild befragt und habe immer konstruktive und reflektierte Kritik bekommen.
Mein größter Kritikpunkt ist, dass während meines Tertials fast kein Umgang auf Augenhöhe zwischen Kollegen und PJ-Studierenden stattgefunden hat. Es war in allen Situationen eine starke Hierarchie zu spüren. Dabei habe ich mich kaum ins Team eingebunden und immer wieder durch widersprüchliche Aussagen und Erwartungen wie zwischen den Stühlen gefühlt, was nicht immer fair war. Besonders in der ersten Wochen hatte ich Probleme, mich in den Arbeitsalltag einzufinden. Ich habe Team-Besprechungen verpasst, weil ich nicht darüber informiert war. Ich durfte zuerst bei allem nur zusehen, schnell wurde dann meine Unselbstständigkeit kritisiert. Auf Station wurde beteuert, dass ich jederzeit Fragen stellen könne, dennoch wurden viele meiner Fragen mit plumpen Gegenfragen „beantwortet“ („Wofür steht die Abkürzung TORCH?“ „Tja, wofür steht TORCH denn, hm?“). Viele Themen wurden nur halbherzig im Vorbeigehen besprochen, so z.B. dass erwartet wird, dass ich einen Vortrag in der Mittagsbesprechung halte. Als ich einige Zeit später eine Frage dazu stellte und sagte „Es herrscht einfach Unklarheit bei allen PJlern“, wurde ich von einem Arzt rund gemacht, dass sehr wohl Klarheit herrsche. Er beantwortete mir dann zwar meine Frage, aber nicht ohne den Satz „und sicher hast du das gerade nicht zum ersten Mal gehört“, als ob ich mich mit Absicht taub stelle. Tatsächlich wurde mir einmal entgegnet, was ich denn überhaupt gelernt hätte im Studium. Diese Aussage finde ich wirklich in absolut keiner Situation angemessen. Eine PJlerin, die parallel ihr zweites Tertial beendete, als ich meins anfing, sagte mir, ich könne mich gleich von dem Gedanken verabschieden, „hier groß selbst was zu machen“. So habe ich gleich zu Beginn meines PJs einen ziemlichen Dämpfer bekommen.
Immer wieder gab es Diskussionen bezüglich Blutentnahmen. Es ist allen PJlern nur ein Versuch für BE und Zugang erlaubt, danach musste man die Ärzte holen. Bei mir führte das dazu, dass ich wochenlang keinerlei Routine im Punktieren von Venen erlangte. Außerdem sollte immer eine Pflegekraft dabei sein, was ich sehr oft als hilfreich empfand, aber nicht unbedingt immer notwendig war. Bezüglich Pflege-Anwesenheit gab es auch immer wieder widersprüchliche Aussagen. Bei einem 16-jährige wurde ich von einer Ärztin aufgefordert, allein Blut abzunehmen, er sei ja schon groß. Als ich wenige Tage später bei einer 15-jährigen allein Blut abnehmen wollte und zufällig eine Schwester reinkam, tadelte sie mich erst, dass das so nicht ginge. Später bekam ich noch einen Anruf von einer Ärztin, die auf einer völlig anderen Station gearbeitet hat, ich solle immer darauf achten, dass Pflege dabei ist. Offenbar sprach sich mein Fehltritt sehr schnell rum.
Die Visiten fand ich leider unbefriedigend. Es wurde zugesichert, ich würde eigene Patienten betreuen und vorstellen können, in der Realität ist es mehrere Wochen nicht dazu gekommen, stattdessen durfte ich nur still mitlaufen. Kinder durften nur mit „patientenbezogenen“ Stethoskopen abgehört werden, was ja aus hygienischen Gründen eine gute Sache wäre, wenn die Klinik vernünftige Stethoskope angeschafft hätte. Ich konnte beim besten Willen mit diesen Billig-Stethoskopen kein Atemgeräusch von einem Herzton von Darmgeräuschen unterscheiden, und wenn sich Eltern und Ärzte neben mir noch unterhalten haben, war es ganz vorbei.
Von Assistenzseite wurde immer wieder ein Arzt als sogenannter PJ-Beauftragter der Kinderklinik genannt. Leider hat er mir in keiner Frage weiterhelfen können. Er hat uns keinen Rotationsplan für die Stationen erstellt. Er hat uns nicht über den Seminarplan aufgeklärt. Es gab kein Gespräch über Arbeitszeiten. Uns wurde nicht gezeigt, wo wir Schlüssel bekommen. Er hat mit uns nicht über die Vorträge gesprochen. Er hat nicht meine PJ-Bescheinigung unterschrieben. Als wir nach fünf Wochen einen eigenen Rotationsplan in der Mittagspause erstellt haben, kommentierte ein Arzt, warum wir nicht den PJ-Beauftragten fragen, er habe das sicher gemacht. Ich meinte nur, ich habe die PJler aus dem letzten Tertial gefragt, die mussten sich den Plan auch selbst zusammenschreiben.
Ohnehin gab es unabhängig von uns Studierenden starke Reibungen in der Kinderklinik. Mir ist dahingehend eine Station negativ in Erinnerung geblieben. Dort wurde aufgrund von Personalmangel in der Pflege die Bettenzahl stark reduziert, was wochenlang zu Diskussionen in der Mittagsbesprechung führte. Auch gab es auf dieser Station die Ansage, geplante Aufnahmen würden auf Station geschehen, damit die Kinder nicht stundenlang in der Notaufnahme warten müssten. Diese Aussage wurde allerdings fast täglich relativiert und verändert, was zu Verwirrung und Unmut führte, sowohl bei Patienten, Eltern und Kollegen. Zwischen Ärztinnen der Aufnahme und dieser Station schien es offenbar dazu ein Zerwürfnis zu geben und es wurde sich nahezu täglich übereinander oder über die Notaufnahme allgemein beschwert, was ich als PJler auch zu spüren bekommen habe. Für mich hat das letztendlich dazu geführt, dass ich für diese Station gar keine Kinder mehr aufnehmen wollte. Kurz, das Arbeitsklima war belastet.
Wirklich nervig fand ich leider, dass ich jede Woche in die Wäscherei rennen musste, um mir neue Kleidung zu holen. Wenn ich nach mehr Kasacks fragte, wurde mir nur gesagt, andere kommen sogar zweimal die Woche.
Leider waren auch die Seminare von wechselnder Qualität. Das spezielle Pädiatrie-Seminar am Montag durch einen externen Dozenten hat mir überhaupt nicht gefallen. Zum einen wurden häufig abgefahrene, seltene Krankheitsbilder besprochen, die für mich im PJ wirklich gar nicht relevant waren. Der Dozent forderte uns immer wieder süffisant auf, Fragen zu stellen, „oder ist Ihnen alles klar, wohl kaum.“ Bei einfachen Verständnisfragen wurde einem häufig gesagt, man solle sich das selbst noch mal anschauen und am besten nächste Woche einen Fall dazu vorstellen. Die Frequenz an Fragen im Seminar hat sich dann natürlich schnell reduziert. Ich bin nach einiger Zeit nicht mehr hingegangen, weil mir das Seminar einfach keinen Spaß gemacht hat.
Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich ein Pädiatrie-Tertial an der Professor-Hess-Kinderklinik nicht empfehlen kann. Solange interne Konflikte nicht geschlichtet werden, wird die Lehre und Betreuung im PJ darunter leiden. Letztendlich wurde ich bestärkt, diese kritische Bewertung zu schreiben, da mir die fünf anderen PJler ähnliche Erfahrungen berichtet haben. Sorry, KBM. Aber so richtig war das nichts.