Station, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, OP
Heimatuni
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Kommentar
Das Tertial in der Chirurgie am Kantonsspital Wolhusen hat mir in der Summe sehr gut gefallen. Zunächst wird man von allen sehr herzlich in Empfang genommen. Sowohl die Pflege als auch die Ärzte und andere Krankenhausmitarbeiter waren zugewandt und zeigten Interesse. Nach ca. 2 Wochen hatte man sich gut ins Schweizerdeutsch eingehört, sodass es zunehmend leichter fiel mit allen zu kommunizieren.
Wolhusen selbst ist ein kleines Schweizer Örtchen, mit zwei größeren Supermärkten (Coop, Migros) und einer recht guten Zuganbindung nach Luzern, Bern und die restliche Schweiz. Das Krankenhaus liegt im höher gelegenen Teil des Ortes. Direkt neben dem Krankenhaus befindet sich das Personalhaus, in dem wir als Unterassistenten wohnten. Das Gebäude hat 70er Jahre Charme, aber ist gut in Schuss und vor allem sehr sauber. Jeder hatte ein eigenes Zimmer mit kleinem Bad und Balkon. Die Küche teilte man sich mit allen auf einer Etage und hatte dort ein Schließfach im Kühlschrank und eines für Vorräte, Geschirr etc. Die Wäsche konnte man für wenige Rappen in den bereit gestellten Waschmaschinen waschen. Die Küchen boten ausreichend Platz für gemeinsame Abende mit Kollegen. Auch Besuch konnte man nach Voranmeldung bei der Personalhausverwaltung empfangen und gegen wenig Geld ein Gästebett oder sogar ein Gästezimmer anmieten.
Das Krankenhaus stellt frei zugängliche Kleidung, nur Schuhe musste man selbst mitbringen. Zur Dokumentation der Arbeitszeit stempelte man sich mit dem Transponder ein und aus, was aufgrund schnell zustande kommender Überstunden ganz nützlich war. Der Dienstplan wurde gemeinsam mit dem zuständigen Assistenzarzt abgestimmt. Die Wochenarbeitszeit beträgt ca. 50h, aber war tendenziell eher mehr als weniger. Für ein vollständiges Tertial hat man ca. 9 Urlaubstage. Je nachdem wie viele Unterassistenten da sind, hat man 1 oder 2 Wochenenden im Monat zu arbeiten und ca. 2x/Woche Rufdienst. Rufdienst (Pikett) bedeutet, dass man nach dem Arbeitsende noch bis zum kommenden Morgen 7.00Uhr erreichbar und verfügbar sein muss um auf dem Notfall oder im OP zu helfen (die Dienste sind mehr oder weniger ruhig, man kann damit rechnen manchmal bis 21/22Uhr zu arbeiten, selten wird man in der Nacht oder am frühen Morgen rausgerufen). Am Wochenende visitiert man eine Station allein (diensthabende Assistenzärzte und Oberärzte sind aber jederzeit für Fragen und bei Problemen vor Ort), hilft auf dem Notfall und assistiert im OP. Wenn man Wochenenddienst hat, hat man auch zeitgleich Pikett von Freitag bis Montag früh 7.00 Uhr. Für ein Wochenende bekommt man 2 Tage Kompensation. Zudem decken die Unterassistenten auch alle Feiertage ab. Es muss also jeden Tag im Jahr ein Unterassistent da sein. Wir konnten uns alle recht gut einigen, sodass niemand zu kurz kam. Zudem sollte jeder 2 Wochen mal auf dem Notfall arbeiten, aber das konnten wir nur bedingt umsetzen, da wir eine zeitlang zu wenige waren und dann die OPs und die Station vorgehen.
Der Arbeitstag an sich beginnt ca. 7.00Uhr mit der Visite (Unterassistent gemeinsam mit Assistenzarzt; 1x/Woche mit Oberarzt), wir haben uns meist 6.50Uhr auf Station eingefunden um Visitenlisten zu drucken, die OP-Einteilung zu checken oder Informationen über neue Patienten einzuholen. Ca. 7.30Uhr ist der Morgenrapport. Das gesamte Team der Allgemeinchirurgen und Orthopäden trifft sich (Unterassistenten und Assistenzärzte machen Allgemeinchirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie!) und geht Probleme auf Station und alle Patienten vom Notfall durch. Danach entfliehen die meisten in den OP, je nach Einteilung und andere Unterassistenten kümmern sich um Eintritte (Schweizerdeutsch für Aufnahmen) zu elektiven OPs. Die OP Einteilung erfolgt am Vortag und wird von den Oberärzten übernommen. Wir empfanden sie als sehr ausgeglichen und machbar. Sonderwünsche konnten wir auch äußern. Häufig durchgeführte OPs bei denen wir assistierten waren Hüft-TEPs, Knie-TEPs, Hernienversorgung, laparoskopische Appendektomien und Cholezystektomien und kleinere Eingriffe wie Karpaltunnel- oder Ringbandspaltungen. Seltener assistierten wir auch bei HNO und urologischen Eingriffen. Ich habe das gerne gemacht. Das OP Team war wirklich freundlich und hilfsbereit wenn man kompletter Neuling ist. Ein Tag mit vielen OPs konnte aber durchaus auch mal sehr anstrengend sein. Am Wochenende geht man auch auf der kleinen ITS mit auf Visite. Weiterhin schrieb man Austrittsberichte (Entlassungsbriefe) und dokumentierte die Visite. Ein normaler Arbeitstag endete dann so gegen 17/18 Uhr manchmal auch später und selten viel früher. Nach der Arbeit war es dann eher nicht möglich noch Ausflüge zu machen und in dem Ort an sich gibt es auch nicht groß Bars oder ähnliches. Auswärts Essen und Trinken war so oder so etwas kostspieliger. An den Wochenenden oder freien Tagen erkundeten wir mal alleine oder gemeinsam Städte wie Zürich, Bern und Luzern, machten Schneewanderungen, gingen Skifahren oder erholten uns einfach nur.
Wir nahmen uns täglich Zeit fürs Mittagessen im Spital, das kostete ca. 8-9 CHF, war aber durchaus gut und abwechslungsreich. Auch kleine Kaffeepausen kamen nicht zu kurz.
Von der Lehre her, lief es anfangs etwas schleppend, da sich keiner zuständig fühlte. Mit der Zeit gab es 1x/Woche eine Fallbesprechung durch die Orthopäden mit unterschiedlichen Schwerpunkten und 1x/Woche einen Untersuchungskurs. Weiterhin gab es die Möglichkeit an einem Sono-Kurs, einem Nahtkurs sowie einem EKG-Kurs teilzunehmen. In den Visiten selbst war selten Zeit und im OP musste man sich das einfordern, da konnte dann jeder selbst bestimmen wie viel er lernt oder gezeigt bekommt. Die Ärzte waren auf gezielte Nachfrage auch gerne bereit etwas zu besprechen oder zu zeigen. Mich hat das Tertial aber vor allem neben inhaltlichen Aspekten in Dingen wie Selbstständigkeit, Umgang mit Patienten, Angehörigen, Kollegen, Patientenvorstellung und anderen "Soft Skills" sehr voran gebracht. Die entgegengebrachte Wertschätzung hat da sicherlich viel beigetragen. Am Ende hat auch jeder von uns ein ausführliches Arbeitszeugnis mit persönlichem Bezug bekommen, was nochmal zeigte, dass sich auch das Ärzteteam mit einem auseinandersetzte.
Bewerbung
Ich habe mich ca. 1,5 Jahre im Voraus beworben, es sollte aber auch kurzfristiger möglich sein. Bei Anfrage per Mail bekommt man auch sehr schnell eine überaus freundliche Rückmeldung. Auch andere organisatorische Angelegenheiten liefen reibungslos ab.