Das Chirurgie Tertial in Münsterlingen war eines der skurrilsten Erlebnisse. Die PJler werden in einem eigenen Zimmer mit 2 PCs abgestellt und bekommen die Aufgabe, den Assistenten zuzuarbeiten. Das bedeutet mehr oder weniger eine Sekretäraufgabe zu übernehmen ohne Fragen stellen zu können. Patienten müssen vorbereitet, aufgenommen, und dann rapportiert werden. Erklären, wie das ganze geht, tut einem niemand. Im Grunde wird das Wissen von PJler zu PJler weitergegeben, im Zweifel hängen Zettel (von PJlern geschrieben) an der Wand wo man selbst alles nachlesen kann. Was stille Post bedeutet weiss jeder. Und wenn einmal etwas vergessen wurde, oder man Fehler gemacht hat, bekommt man vom AA nur eine unfassbar patzige Ansage, dieses oder jenes in Zukunft gefälligst besser zu machen. Erklärt wird Dir nichts. Die Patienten müssen nach jeder Aufnahme noch an den AA übergeben werden, wenn man ganz viel Glück hat erwischt man einen AA mit dem Anspruch auf Lehre. Wie oft mir etwas erklärt wurde, dass kann ich mir an einer Hand abzählen. Für den Grossteil der Pflege scheint man ebenso unsichtbar zu sein. Keiner auf Station Grüsst, es sein denn, man fordert es sehr sehr offensichtlich ein. Der Umgang ist fast zum fremdschämen. Teaching findet keins statt, man muss es sich direkt bei einem OA erfragen. Manche geben sich dann Mühe, was sehr nett ist, aber man merkt das sie nicht darauf vorbereitet sind oder sich das Thema 10 Minuten vorher durchgelesen haben. Im OP ist es ähnlich oder schlimmer. Man möchte nicht alle OA/AA über einen Kamm scheren, denn manche geben sich Mühe und erklären , aber manche führen sich im OP auch auf als wäre man der letzte mit einer Berechtigung zu existieren. Hätte mich nicht gewundert wenn einem nach dem Rauswurf aus dem Saal OP-Besteck nachgeworfen wird. Während meines gesamten Tertials durfte ich in diesem Haus nicht eine Hautnaht nähen, es kommt eigentlich keiner auf die Idee das anzubieten oder es einem zu zeigen. Die OP Pflege hier ist allerdings ein Traum, super lieb! Eine absolut seltsame Erfahrung ist noch das ein Famulant von einer Schweizer Universität hier im OP mehr eingeteilt wird und sogar mehr machen darf als ein PJler aus Deutschland. Es liegt wohl daran, dass ein Schweizer Krankenhaus für Schweizer Famulanten Fördergelder bekommt und auf die Weiterempfehlung des Famulanten angewiesen ist, damit die Gelder weiter eingesackt werden können. Dementsprechend erhalten Famulanten aus der Schweiz hier einen absoluten Sonderstatus und nehmen einem im PJ quasi die OP Plätze weg. Ich könnte hier noch ne Menge weiter schreiben, aber irgendwann ist es dann auch genug.
Im grossen und ganze ist dieses Krankenhaus für ein PJ in der Chirurgie absolut NICHT zu empfehlen, auch wenn das Geld oder die Nähe zum See es wirklich attraktiv erscheinen lassen. Allerdings möchte ich noch betonen das ich von Kommilitonen aus der Inneren oder der Gyn von ganz ganz positive Erfahrungen gehört habe. Ergo ist es nicht das Haus, sondern die Abteilung Chirurgie die hier unterirdisch ist.