Insgesamt ein sehr spannendes, aber auch sehr anstrengendes PJ-Tertial. Als PJler in Kolumbien hat man den Status eines Assistenzarztes in Deutschland. Entsprechend wird man auch als Ausländer voll mit eingeplant. Man betreut eigenständig unter Supervision durch die Residents Patienten und ist im Team für den "Schockraum" der Notaufnahme zuständig. Hier kann man nähen was das Zeug hält (Sichverletzungen) und bekommt das ganze Spektrum an Schussverletzungen geboten. Gerade wenn America de Cali Heimspieltag hat geht es hier hoch her! Nachdem ich mich ein bisschen mehr mit den Residents angefreundet hatte, durfte ich auch Patienten nach FAST-Schema "nachschallen". 12 Stundenschichten sind hier der Standard und alle vier Tag ist man für den Nachtdienst eingeplant. Mittagessen ist jeden Tag möglich (ca. 1 Stunde Pause). Am Wochenende hat man meistens nur einen Tag frei. 60h/Stunden die Woche sind keine Seltenheit! Allerdings wird in nur ca 60% der Zeit effektiv gearbeitet und oft sitzt man auch die Zeit ab und alle zocken am Smartphone (Kommunikationsmittel Nr. 1!!!). Die kolumbianischen PJler und Ärzte sind sehr freundlich, hilfsbreit und erklären gerne. Man kann bei ein bisschen Eigeninitiative unglaublich viel mitnehmen! Ich durfte Thoraxdrainagen legen und nach Absprache viel mit im OP assistieren/nähen. Allerdings sind hier gute Spanischkenntnisse vorausgesetzt (mindestens B2 besser C1). Als externer PJler hat man ab und zu die Möglichkeit auch einen Tag zu fehlen bzw. an Feiertagen frei zu machen, um ein bisschen die Stadt und das Land zu erkunden. Ich bin die letzten vier Wochen in die Neurochirurgie rotiert und hatte hier tatsächlich die Wochenenden komplett frei und keine Nachtdienste.
Neben spannenden Fällen hat Cali und Kolumbien unglaublich viel zu bieten. Wenn man es nach den langen Schichten motivationsmäßig noch schafft kann man einigen der bekanntesten Salsa Clubs der Welt tanzen, sehr schöne Natur direkt vor den Toren der Stadt erkunden und im Pazifik schwimmen. Über das Krankenhaus findet man relativ schnell Anschluss und wird am Wochenende bzw. nach Dienstschluss mitgenommen und eingeladen. Regelmäßig Veranstalten die Pjler und Residents auch eigne Partys. Wenn man sich (nachts) außerhalb des Krankenhauses beleget sollte man gut aufpassen! Cali hält sich relativ konstant unter den Top 20 der gefährlichsten Städten der Welt und nach einer Woche in der Notaufnahme kann man das gut nachvollziehen. Mir ist zum Glück nichts passiert und vieles wird zu Unrecht dramatisiert, aber trotzdem solle man auf die Kolumbianer hören und bei Nacht lieber Taxis/Uber zur Fortbewegung nutzen. Die Universidad del Valle bietet ein reichhaltiges Programm an Sportmöglichkeiten und Veranstaltungen. Dieses kollidiert allerdings häufig mit dem Dienstplan. Die letzten zwei Wochen habe ich Urlaub genommen und noch andere Teile Kolumbiens besucht.
Die Uni schickt einem eine Liste mit Unterkünften. Ich bin bei Doña Biviana untergekommen, bei der auch viele andere Austauschärzte aus ganz Südamerika wohnen. Die Unterkunft befindet sich im sehr sicheren Stadtviertel San Fernando nur 10 min zu Fuß vom Krankenhaus. Ihr Haus und die Gemeinschaft mit den anderen Studenten/Ärzten ist nur zu empfehlen! Whatsapp +57 314 8891562 (Doña Biviana)
Fazit: Wie auch meine Vorgänger schon geschrieben haben, kommt es ganz darauf an, was man aus dem Tertial macht. Für mich hat es sich mehr als gelohnt und ich würde es jeder Zeit wieder machen. Am Ende war ich auch froh in Deutschland im letzten Tertial vorerst wieder nur 40h pro Woche zu arbeiten ;)
Film: Doktor Alemán -> https://de.wikipedia.org/wiki/Dr._Alemán
Bewerbung
Ca. 4-6 Monate im Voraus, evtl. auch kurzfristiger möglich. Netter Kontakt über das internationale Büro der medizinischen Fakultät der Universidad del Valle. Am besten schreibt ihr eine Email mit eurer PJ-Anfrage an: internasalud@correounivalle.edu.co
Anschließend bekommt ihr eine Email mit allen Dokumenten und Vorraussetzungen. Wenn ihr alles zusammen habt schickt ihr das komplett per Scan zurück an das internationale Büro. Bis zur definitiven Zusage vergehen dann evtl. ein paar Wochen. Nachfragen per Email/WhatsApp lohnen sich!!!
