Vorbereitung (Planung, Organisation und Bewerbung bei der Gasthochschule):
Da von Anfang an geplant war, das Tertial mit einer Kommilitonin zu verbringen, kamen nur Krankenhäuser in Frage, die uns beiden eine Zusage geben konnten. Die ersten Krankenhäuser haben wir ca. 9-10 Monate vor Beginn des PJs angeschrieben. Während wir von Kufstein eine Absage erhielten, sagte uns das BKH in St. Johann in Tirol zu. Allerdings mit der Auflage, dass wir nicht im Wohnheim unterkommen können, da dies voll sei. Während des PJs haben wir dann von den Ärzten und Mitarbeiter erfahren, dass dies grundsätzlich den ausländischen PJ-Studenten gesagt wird. Dies sah ich darin bestätigt, dass Österreichische Studenten, die zum gleichen Zeitpunkt vor Ort waren, problemlos in dem Wohnheim unterkommen konnten, obwohl sie sich erst kurze Zeit vorher beworben haben. Es war ebenfalls nicht möglich für eine begrenzte Zeit im Wohnheim unterzukommen. Dennoch war das BKH bei der Wohnungssuche behilflich, sodass wir letztendlich eine sehr schöne Wohnung für den gesamten Zeitraum beziehen konnten. Die Vergütung in der Klinik beträgt 300€ und ist unabhängig davon ob man eine Unterkunft bekommt oder nicht.
Alltag und Freizeit:
Ich war für den Zeitraum von 16 Wochen auf der Allgemeinchirurgie eingeteilt. Im Voraus war mit der Sekretärin abgesprochen, dass Ich 8 Wochen Unfallchirurgie und 8 Wochen Allgemeinchirurgie absolvieren könne. Dies war jedoch vor Ort plötzlich nicht mehr möglich, weil sich das BKH dann weigert eine einzige Bescheinigung für 16 Wochen auszustellen. Da wir diese jedoch für das LPA benötigen, war eine offizielle Rotation nicht möglich. (Bei Österreich. Studenten ist das PJ/KPJ in mehr Teile separiert, daher die Regelung). Ich konnte dann später "inoffiziell" tageweise in die Unfallchirurgie wechseln, habe es jedoch nur selten in Anspruch genommen, da es mir in der ACH gut gefiel.
Der Arbeitsbeginn ist von Mo-Freitag um 7:15 zur Frühbesprechung (Dienstags um 7:00). Dort wurde das OP-Programm des Tages und Vortages, sowie jeder Einzelne Pat. der Station kurz besprochen. Dienstags fanden regelmäßig kleinere Vorträge statt, die auch zum Teil wir Studenten übernehmen mussten. (z.B. ein Paper zusammenfassen/ ein Krankheitsbild vorstellen/ Ablauf einer geplanten OP bei einem bestimmten Patienten zusammenfassen = sogenannte "Whiteboards") Das Thema wird einem i.d.R. vom Chef einen oder mehrere Tage im Voraus übermittelt. Anschließend gibt es im Großen und Ganzen folgende Arbeitsbereiche:
• Endoskopie (Gastro/Kolo/ERCP): Dies machen in Österreich zum großen Teil Chirurgen.
• Ambulanz: Dort werden die Pat. erstmalig gesehen, untersucht, ggf. aufgenommen oder kleinere chirurgische Eingriffe vorgenommen (Nävi-ex, Abszessspaltung, Emmert-Plastik, etc.). Selbstständige Aufnahmen habe ich dort nicht bzw. kaum machen können. Den Großteil der Zeit verbringt man dort mit Verbandswechseln, Blutentnahmen/ Zugänge (in Österreich "Leitungen"), Oszillographie, ph-Metrie und sonstiger Assistenz. Im Laufe der Zeit darf man die o.g. kleineren Eingriffe dann auch alle selber durchführen.
• Station: Hier sollte nach der Frühbesprechung mind. ein Student hin um Blut/Zugänge zu erledigen. Sehr viele sind dies meißt nicht und i.d.R. fallen nur solche an, die die Pflege einen bittet zu übernehmen. Ansonsten kann man sich hier dem Stationsarzt (dies ist dann automatisch der Diensthabende) zur Visite anschließen.
• OP: hier war ich zum größten Teil und auch mit Abstand am liebsten (was ich im Voraus niemals erwartet hätte!). Ein Vorteil der ACH des BKH war/ist es, dass dort fast ausschließlich Fach- bzw. Oberärzte arbeiten. Zum Zeitpunkt mein Tertials, arbeitete in der Abteilung ein wechselnder Turnusarzt (=Basisausbildung), eine Assistenzärztin, ein Facharzt , SIEBEN Oberärzte! und 1 Chef. Durch die entsprechende Expertise und Erfahrung der Ärzte, wurde ein Großteil der OPs mit einem Studenten als 1. Assistenz durchgeführt. Die Aufgaben im OP sind dann meißt Haken halten oder Kamera führen (Laparoskopie), Nähen. Die ACH hat einen festen Operationssaal und je nach Tag und Verfügbarkeit ein bis zwei Weitere. So kommt es, dass zu jedem Zeitpunkt mindestens ein Student sich im OP aufhalten soll. In unserer Anfangszeit waren wir nur zu zweit, diese habe ich dementsprechend fast ausschließlich im OP verbracht (teilweise ist es dann nicht möglich Mittagessen zu gehen. Man kann aber in der Küche anrufen und sich etwas zurückstellen lassen). Als wir später mehr Studenten waren, lockerte sich das ganze etwas auf und man konnte sich gut absprechen wer wann in den OP geht.
Jeden Tag um 15:15 war die Röntgenbesprechung. Dienstags und Donnerstags fand zudem die Chefvisite statt, bei der Alle Ärzte und Studenten in jedes Patientenzimmer tingelten. Nach der Röntgenbesprechung fand die Nachbesprechung (ähnlich der Frühbesprechung) statt. Feierabend war dann für die Studenten meist gegen 16:00 Uhr. Das Mittagessen gab es von 12:00-13:30 und ist für Studenten umsonst. Die Speisen sind sehr abwechslungsreich und geschmacklich, sowie qualitativ hochwertig. Zudem gibt es jeden Tag ein wechselndes Salatbuffet. Mittwochs findet unregelmäßig um 14:00 Uhr eine Fortbildung für Studenten und Turnusärzte statt.
Eine weitere Besonderheit des PJ/KPJs am BKH ist, dass jeder Studierende zwei 24h Dienste pro Monat übernehmen muss (1x Wochentags, 1xWochenende). An diesen verbringt man den Tag in der Notaufnahme (bis 22:00 Uhr) und bekommt ein Diensttelefon. Man ist dann zuständig für Blutabnahmen (venös und arteriell/Astrup) und Zugänge und steht jederzeit auf Abruf als OP-Assistenz. Im Dienst ist man für alle Abteilungen zuständig (also auch Innere!). Ab 22:00 Uhr darf man dann auf das Dienstzimmer, falls keine OPs anstehen. Ich musste oft Nachts raus, das ist aber wie so oft ein Glücksspiel. Den Folgetag bekommt man frei und für Freitags/Samstagsdienste einen Ausgleichstag in der Folgewoche.
Hinsichtlich der Freizeitaktivitäten hat St. Johann bzw. Tirol einiges zu bieten. Im Winter ist der Ort eine äußerst beliebte Skiregion mit unzähligen Liften. Im Sommer ist es ein wahres Wander- und Mountainbike-Paradies. Der Ort selber ist eher klein und beherbergt ganzjährig zahlreiche Touristen. im Sommer finden jede Woche ein bis zwei Ortsfeste statt, die oftmals ein unerwartet großes Publikum anlocken und sich stimmungsmäßig nicht vor Großstadtfesten verstecken müssen.
Kitzbühel ist etwa 15 min. mit dem Auto entfernt. Salzburg und Innsbruck jeweils eine Stunde. In Wien ist man in gut 4 Stunden. Ich empfehle es auf jeden Fall ein Auto mitzubringen, falls es möglich ist. Die Umgebung bietet Außerdem viele Badeseen und Flüsse zum Rafting/Kanu fahren.
Fazit:
Mir hat es in Österreich sehr gut gefallen und ich gebe meine uneingeschränkte Weiterempfehlung! Das arbeiten im Krankenhaus war meiner Meinung nach sehr fortschrittlich, wovon sich das deutsche Gesundheitssystem und Krankenhäuser viel abgucken können. Die vollständige Digitalisierung, harmonische Zusammenarbeit zwischen Ärzten und zufriedenen Krankenpflegern und fairen Arbeitsbedingungen sind nur wenige Beispiele dafür. In der ersten Woche war ich allerdings etwas enttäuscht, da es mir unpersönlich vorkam. Dies hat sich im Verlauf aber vollständig zum Gegenteil gewandt, sodass mir der Abschied am Ende extrem schwer gefallen ist.
beste Erfahrung: Das Gefühl zu haben ein Teil des Team zu sein
schlechteste Erfahrung: Es wird eher wenig erklärt. Also Fragen, Fragen, Fragen