Ich war in Kasachstan zusammen mit einem italienischen Studenten, beide über IFMSA-exchanges. Ausländische Studierende sind in diesem Krankenhaus extrem gerne gesehen. Wir waren ständig im Mittelpunkt und alle wollten erfahren, wie das Studium und die Medizin in unseren Ländern funktioniert. Man wird auch ständig eingeladen zu muslimischen Festen und anderen traditionellen Essen, Ausflügen in die Berge etc. Almaty ist eine super Stadt, sehr lebendig, es gibt einiges zu sehen und sie ist sehr europäisch angehaucht. Kasachstan zu bereisen lohnt sich extrem - vor allem der Südosten. Das 9t grösste Land der Welt kann man sowieso nicht komplett bereisen...
Was sehr wichtig ist zu wissen: Niemand redet Englisch!!! Man muss unbedingt Russisch oder Kasachisch (oder Türkisch, ist sehr ähnlich) sprechen, um zu profitieren! Ansonsten ist es völlig nutzlos.
Der Tagesablauf im Spital gestaltete sich ungefähr so: Bei der Visite hinterherlaufen, einige Fälle besprechen, Wundversorgung bei komplizierteren Patienten (einfachere macht die Krankenschwester), dann in den OPs, je nachdem gab es für uns Studenten etwas zum mitoperieren oder halt nur zum zuschauen. In letzterem Falle leider ziemlich langweilig, da das viszerale OPs-Programm praktisch nur aus laparoskopischen Cholezystektomien, Hernien und Appendektomien bestand. Irgendwann hat man das auch gesehen... Bei Interesse konnte man aber jederzeit auch in die anderen Säle zuschauen gehen (Gyni, Uro, Ortho) und meist erklärten auch diese Operateure mit Leidenschaft, was sie gerade machen. Zum Teil war auch die Ortho froh um eine helfende Hand. Täglich 1-2x gab es ungeplante Notfalloperationen, bei welchen wir dann vor allem helfen konnten. Das waren dann meist auch Fälle, die man bei uns selten sieht: Schusswunden, Messerstiche, Obdachlose mit unbehandelten Peritonitiden...
Das Mittagessen in der Kantine ist billig und wenn man sich an kasachisches Essen gewohnt hat, auch ganz gut ;-) Einfach keine Berührungsängste mit tierischen Innereien auf dem Teller haben... Mit der Zeit war auch die Frau in der Kantine unsere Freundin und hat uns überschwänglich mit ein paar Brocken Englisch begrüsst. :-)
Je nachdem, ob das Ops Programm spannend war oder nicht, sind wir schon kurz nach dem Mittagessen oder erst abends nach Hause gefahren. Man ist grundsätzlich sowieso völlig frei und kann kommen und gehen, wann man will.
Ab und zu hatte der für uns verantwortliche Arzt auch Nachtdienst (bzw. Tag - Nacht - Tag, also ca. 30h) und wir waren herzlich eingeladen, mitzumachen. Das kann sehr spannend sein, wenn viel los ist oder aber eine gemütliche Nacht mit 7h Schlaf.
Was man leider kritisieren muss: Der Unterricht für Studenten ist katastrophal. Gegen Ende August kommen die einheimischen Studenten zurück in die Klinik und die Visite geniesst man dann nicht alleine mit dem Arzt, sondern mit zusätzlich einer Traube von 30 Studenten. Man bekommt also nichts mehr mit und verbringt seine Zeit plaudernd auf den Gängen. Also unbedingt im Juli oder August gehen!
Die Ärzte beliefern einem zwar bei Fragen sehr gerne mit Antworten, jedoch sind diese meist unbefriedigend. Einmal habe ich auf die Frage, weshalb ein Patient mit Appendizitis offen statt laparoskopisch operiert wurde, die Antwort gekriegt: Weil ich gerne offen operiere. Ob dies stimmt oder ob es tatsächlich Indikationen dafür gab oder ob die laparoskopischen Instrumente gerade besetzt waren... No one knows. Man zweifelt leider ab und zu an der fachlichen Kompetenz der Ärzte, weil sie sehr vieles machen, ohne erklären zu können, weshalb.
Einzig der Klinikdirektor, der sehr gut Englisch und Deutsch spricht, weiss, wie guter studentischer Unterricht gestaltet wird und wenn er bei komplizierten Fällen konsultiert wurde, hat er uns dazugerufen. Davon haben wir extrem profitiert und am liebsten wäre man immer mit ihm mitgelaufen, leider war er aber hauptsächlich im Büro tätig.
Ich habe von diesem Praktikum vor allem sprachlich und persönlich profitiert, leider eher weniger fachlich. Ich denke, wer dorthin für ein Praktikum möchte, muss erstens fit sein mit Russisch und zweitens genau wissen, was er/sie dort lernen möchte. Denn Wünsche von der Studenten-Seite werden bei Möglichkeit erfüllt, man muss sie nur anbringen :-)
Bewerbung
Ich hatte die Stelle über IFMSA-exchanges bekommen. Der Klinikdirektor hat aber 2 Jahre in Heidelberg studiert und freut sich extrem über ausländische Studenten. Uns wurde gesagt, wir sollen uns jederzeit melden und wieder arbeiten kommen, demnach denke ich, dass sie alle Anfragen herzlich aufnehmen. Auf der Klinikwebsite findet man leider wenig Informationen, aber für Kontaktdaten könnt ihr mir gerne persönlich schreiben und ich kann sie weitergeben.