PJ-Tertial Hämatologie/Onkologie in Royal North Shore Hospital (8/2018 bis 10/2018)

Station(en)
Medical Oncology / General Medicine / Emergency Dept
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
Berlin
Kommentar
Ich habe 8 Wochen Famulatur gemacht und war 4 Wochen auf der Medical Oncology und 4 Wochen auf der General Medicine. Da ich schon das 9. Semester hinter mir hatte, habe ich mich einfach als "final year student" vorgestellt (so oder so war mein Eindruck, dass alle Famulanten/PJler einfach die "German elective student" waren).

Ein etwas langer Bericht (und viel für Laien erklärt), da es mein Abschlussbericht für eine Auslandsförderung war...

Zusatz zum australischen Gesundheitssystem:
Nach 4 (graduate entry) bzw. 7 Jahren (undergraduate entry) Studium folgen 2 Jahre als "Junior Doctor" (1. Jahr als "Intern", im 2. Jahr als "Resident") in denen die jungen Ärzt*innen alle 4 Monate durch verschiedene Abteilungen rotieren. Diese Intern/Resident-Programme sind an Universitätskliniken angebunden, obwohl die Ärzt*innen keinen Studierendenstatus mehr besitzen und auch bereits Gehalt beziehen. Danach bewerben sich die Ärzt*innen auf Trainee-Programme in dem eigentlich gewünschten Fach - zu vergleichen mit unserer Facharztausbildung. Da in Australien gerade ein großer Mangel als Ausbildungsstellen für Fachärzt*innen herrscht, arbeiten viele junge Ärzt*innen oft viele Jahre als Allgemeinmediziner, bis sie einen Platz erlangen. Nach abgeschlossener Intern/Resident-Ausbildung werden sie "Registrars" genannt. Nach abgeschlossener Facharztausbildung werden die Ärzt*innen zu consultants (Oberärzt*innen) oder senior consultants (Chefärzt*innen).

Erster Abschnitt: Medical Oncology
Ich verbrachte die erste Hälfte meines Aufenthaltes auf der Station 8F, der "Department of Medical Oncology" unter der Supervision von Consultant Dr. XX. Meine direkte Betreuung geschah jedoch durch die Residents/Registrars auf der Station. Es gab mehrere Consultants, deren Patient*innnen auf zwei Teams verteilt wurden, die jeweils aus 2 jungen Ärzt*innen bestanden (ein Resident und ein Registrar). Da die jungen Ärzt*innen in diesen Teams oft nicht viel onkologische Erfahrung besaßen (und dies auch nicht unbedingt haben mussten, da sie nur 4 Monate durch rotieren), wurden therapeutische Entscheidungen stets in Rücksprache mit den Consultants getroffen. Dies geschah zu meiner Konsternierung oft über iMessage/Whatsapp oder auch persönliche Gmail-Konton (auf Rückfragen räumte mein Resident ein, dass dies offiziell nicht bekannt ist, es aber Gang und Gäbe sei in den meisten Krankenhäusern), da die Consultants nur 2x/Woche ihre Patient*innen selbst sahen. Vorteil war dann jedoch, dass viele therapeutische Entscheidungen innerhalb weniger Minuten/Stunden mit den Consultants besprochen und ausgeführt werden konnten.

Immer Montag- und Donnerstagmorgen fand das ca. 1-stündige "Ward Meeting" statt, zu der die gesamte Stationsleitung sich zusammen fand (also inklusive der "Allied Health", wie z.B. unser Sozialarbeiter, die Palliativmedizinerin, die Oberpflegekraft, die Chemotherapie-Pflegekraft und unsere Pharmazeutin). Es wurden alle Patient*innen kurz besprochen und aktuelle Probleme sowie das weitere Vorgehen festgehalten. Danach gingen die Consultants mit den Teams auf Visite, um ihre Patient*innen zu sehen. Oft fanden zu dieser Zeit auch die "Family Meetings" statt. Zweimal durfte ich bei diesen Family Meetings dabei sein und konnte einen ganz neuen Einblick in die Arbeit der Ärzt*innen auf der Station erhalten.

Mittwoch mittags fand immer das "Med Onc Teaching" statt, welches zusammen mit der "Radiation Oncology" geschah. In dem einstündigen Seminar wurden neueste Studien oder Leitlinien besprochen und richtete sich vornehmlich an die Assistenzärzt*innen und die angehenden Fachärzt*innen (welche dann auch abwechselnd Vorträge halten mussten). Als Studierende waren wir jedoch sehr willkommen und freuten uns über das leckere Mittagessen (jede Woche von einer anderen großen Pharmafirma gesponsert... tja).

Neue Patient*innen wurden nachmittags in den verschiedenen Sprechstunden, den sogenannten "Clinics", in der Krebsambulanz empfangen und behandelt. Es gab viele verschiedene Clinics, bei denen ich dabei sein durfte, wie z.B.: Breast (Brustkrebs), Gynaecology (Ovarial-/Endometrium-/Gebärmutterhalskrebs), Lung (Lungenkrebs), Gastrointestinal (Magen-/Darm-/Leber-/Bauchspeicheldrüsenkrebs),... Das Besondere an dem australischen System ist, dass all diese Clinics von denselben Consultants gehalten wurden, da das Fach "Medical Oncology" alle soliden Tumore betrifft. Natürlich hatten die Consultants aber auch ihre eigenen (Forschungs-)Schwerpunkte, sodass der eine Consultant z.B. nur Lunge und Gastro macht, während die andere Gynae und Breast Clinic anbietet. In diesen Sprechstunden fand sowohl die Nachsorge von Patient*innen nach der OP / Chemotherapie statt als auch die Besprechung und Aufnahme von neuen Patient*innen. Neue Fälle wurden 1x/Woche in den "Tumor Boards" besprochen, wo interdisziplinär (also mit den Radiation Oncology Consultants zusammen) die Therapie geplant wurde. Ich fand diesen Ansatz sehr interessant und auch sinnvoll, da viele neue Immuntherapien nach und nach für verschiedene Krebsarten zugelassen werden und die so genannten "Checkpoint Inhibitoren" sich nach den Krebsmutationen richten und weniger nach betroffenem Organ. Natürlich kommen auch in Deutschland die Ärzt*innen interdisziplinär in Tumor Boards zusammen, um die Therapie ihrer Patient*innen zu entscheiden. Dass die deutschen Patient*innen dann aber auf verschiendenen Stationen verteilt liegen, macht in meinen Augen jeodch den größten Unterschied. Durch die Einteilung unter "Medical Oncology" sind alle diese Pateint*innen zusammen auf einer Station und haben meiner Meinung nach den Vorteil, dass alle Pflegekräfte der Station sich bestens auskennen und ausgebildet sind.

Insgesamt kann ich sagen, dass ich am Royal North Shore Hospital (RNSH) wirklich exzellentes Teaching erhalten habe. Zusätzlich zu den oben genannten Angeboten gab es jeden Dienstagmittag die "Grand Rounds", die sich an die ganze Belegschaft des Krankenhauses richtete. Abwechselnd bereitete eine Station eine Fallvorstellung vor und besonders amüsant war es, wenn Ärzt*innen aus anderen Fächern aufgerufen und "abgefragt" wurden. Das akademische Jahr lief noch bis Ende September, sodass ich auch jeden Freitag zu den Vorlesungen der Final Year Students gehen durfte. Zusätzlich hatte ich mich mit den australischen Studierenden meiner Station angefreundet und konnte sogar dem wöchentlichen Kleingruppenunterricht (bedside teaching) dabei sein.

Nach vier Wochen wechselte ich auf auf die Station 9A, der "Department of General Medicine" wo ich der Acute Assessment Unit (AAU) zugeteilt war.

Zweiter Abschnitt: General Medicine:
Die AAU ist als subakute Rettungsstelle zu beschreiben, da dort alle Patient*innen vorgestellt werden, die voraussichtlich eine Einweisung brauchen, jedoch nicht so akut erkrankt sind, dass sie von den Notärzt*innen der Rettungsstelle gesehen werden müssten (also keine Trauma-Fälle). Die AAU wurde am RNSH eingeführt, um unnötigen Arbeitsaufwand von der Rettungsstelle umzuleiten, zumal die Kosten der akuten Notversorgung sehr hoch ist. In der Realität klappte dies leider nicht wirklich, da das Problem der knappen Betten auch in Australien allgegenwärtig ist. Die Station war stets voll belegt, sodass nur selten Patient*innen von der Rettungsstelle auf die AAU umgeleitet wurden. Das hieß konkret für mich, dass ich nur wenige Patient*innen selbst untersuchen konnte. Zwar konnte ich jeden Morgen zur Visite mitlaufen, fand diese jedoch nicht ganz so spannend (da die Ärzte der AAU nur grob orientierend untersuchten und die Patent*innen sowieso von den Fachärzt*innen ihrer eigentlichen Station nochmals nachuntersucht wurden). Nach 1 frustrierenden Woche (es gab gefühlt nur 2 BEs/Flexülen pro Tag und das machte dann der Assistenzarzt weil er sich genauso langweilte...) nahm ich mir erst einmal eine Woche Urlaub ;-) und sprach danach mit meinem Supervisor, der mich zur Rettungsstelle brachte und dem dortigen Team vorstellte. So durfte ich meine letzte Woche auf der Rettungsstelle verbringen, was ein wirklicher Glücksfall war.

Ich hatte ganz zu Anfang meiner Bewerbung versucht, die Rettungsstelle zu wählen, was aber für meinen Zeitraum nicht angeboten wurde... Die Ärzt*innen in der Rettungsstelle waren jedoch super nett und flexibel und haben sich gefreut, dass ich Lust hatte, mitzuhelfen. Ich bin zB. auch am einem Feiertag reingekommen und hab die eine oder andere Nachmittagsschicht gemacht und war dann die einzige Studentin vor Ort. Es war alles also gar kein Problem und meinen offiziellen Stempel habe ich von der AAU für 4 Wochen bekommen.

Rettungsstelle

Das RNSH ist ein Zentrum der maximalen Versorgung. Notfallmedizin ist in Australien (sowie den USA und Großbritannien) ein eigenes Fach, sodass die Rettungsstelle Registrars und Trainees in unterschiedlichen Fortbildungsjahren hatte. Ich konnte flexibel jeden Tag mit verschiedenen Ärzt*innen mitlaufen und je nachdem auch verschiedene Fälle sehen (Level 1 und 2 durften nur von den Registrars behandelt werden, die Interns/Residents dürfen bis Level 3 eigenständig behandeln). Die Bandbreite der Fälle war an einem großen Krankenhaus wie das RNSH besonders spannend; so begegnete ich Patient*innen nach Schlangenbiss (sehr typisch australisch...), nach Autounfällen und einer Explosion, oder auch die "typischen" A&E Patient*innen mit Schlaganfällen und Herzinfarkt etc. Patient*innen der Level 3/4 durfte ich eigenständig selbst untersuchen und dann meiner Ärzt*in vorstellen, um Vorschläge zur weiteren Diagnostik und Therapie zu unterbreiten.

Durch die Struktur mit Teams und den Interns/Residents gab es de facto immer 2 Ärzte, die mir zur Verfügung standen und mir bei der Visite viel bei bringen konnten. Generell war die Belegung sehr viel besser als in Deutschland und die Ärzt*innen dadurch auch sehr viel weniger gestresst und immer wieder bereit, uns Studierende zu unterrichten und zwischendurch Sachen zu erklären. Besonders in der Onkologie war das Unterrichtsangebot sehr vielfältig, da mit den neuen Immunotherapien sich Therapien rasant ändern und selbst die Ärzt*innen sich immer weiter bilden müssen.

Nachtrag zur Freizeit: Die australischen Ärzt*innen haben meist alle ein "medical elective" im Ausland gemacht und sind selbst viel rumgereist und haben mich nahezu gedrängt, mir frei zu nehmen und das Land zu erkunden (so um 11 Uhr: "It's such a beautiful day, you should go enjoy the sunshine")...

Insgesamt habe ich meine Zeit total genossen, habe auch einiges von Australien entdecken können. Allerdings war es schon sehr teuer und ich weiß nicht, ob ich es ohne meine Auslandsförderung gemacht hätte (vor allem nicht als PJ... so wirklich Praktisches habe ich nur in der 1 Woche in A&E gemacht, ansonsten war es eher gechillt).
Bewerbung
1 Jahr vorher über die Webseite der University of Sydney.

Weitere Kosten
National Police Check und Polizeiliches Führungszeugnis (ca. 50 EUR)
Visa (kostenlos, habe mich als Touristin angemeldet, sonst kommen 400 EUR Betriebsarzt hinzu)
TBC Quantiferon Test (ca. 70 EUR)
Flug (800-1000 EUR)

Zimmer in Sydney ca. 200 EUR / Woche (!!)
Öffis ca. 30 EUR/Woche
Unterricht
3 x / Woche
Inhalte
Prüfungsvorbereitung
Repetitorien
Fallbesprechung
Tätigkeiten
Braunülen legen
Patienten untersuchen
Blut abnehmen
Dienstbeginn
Nach 8:00 Uhr
Dienstende
Vor 15:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Gebühren in EUR
1200 AUD Studiengebühren

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
3
Klinik insgesamt
2
Unterricht
1
Betreuung
2
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
2

Durchschnitt 1.87