Vorab gesagt, ich bin sehr froh, dass ich die Chance genutzt habe nach Chile zu gehen und mein Chirurgie-Tertial dort zu absolvieren.
Allgemeines/PJ-Aufbau
An der Universidad de Valparaíso kann man Chirurgie in den Krankenhäusern Gustavo Fricke, Carlos van Buren und Eduardo Pereira machen. Ich wurde im Pereira eingeteilt und habe zusätzlich in der Notaufnahme des Hospital Carlos van Buren gearbeitet.
Das Chirurgie-PJ umfasst dort drei Monate, in denen man jeweils zwei Wochen durch alle chirurgischen Abteilungen rotiert, ausgenommen von der plastischen und der Allgemeinchirurgie, da ist es jeweils nur eine Woche. Um vier Monate Chirurgie abzuleisten, war ich zusätzlich noch einen Monat in der Unfallchirurgie tätig.
Im Nachhinein habe ich erfahren, dass man auch 4 Wahlfachmonate machen kann, in denen man jeweils 4 Wochen in einem der chirurgischen Teams arbeitet.
Da ich drei Monate genau wie die einheimischen PJler im Krankenhaus mit den beschriebenen Rotationen gearbeitet habe, habe ich auch die Klausuren mitgeschrieben. Alle zwei Wochen wurde ein kleiner Test bestehend aus 4 offenen Fragen zu Inhalten der aktuellen Rotation geschrieben. Am Ende standen dann das Abschlussexamen mit einer MC-Klausur zu allen Themen und eine OSCE Prüfung mit 5 Stationen (1. Patient mit akutem Abdomen, 2. Patient mit diabetischem Fuß, 3. Patient mit Dyspnoe, 4. Patient mit Mammakarzinom, 5. Naht einer Wunde).
Alltag eines PJlers
Je nach Team und Rotation beginnt der Tag zwischen 7.00 und 7.45 je nach Anzahl der Patienten, die vor der ersten OP gesehen werden müssen, und je nach favorisierter Zeit für die Visite mit dem Chefarzt. Vor oder nach der Visite schreibt man die Anordnungen für die Pflege und stellt Rezepte aus. Danach geht es um 8.00 in den OP. In der Gefäßchirurgie und Koloproktologie waren wir oft als 1. oder 2. Assistenz eingeteilt. In der Allgemeinchirurgie ist die Standardaufgabe eines PJlers die Kameraführung in der laparoskopischen Cholezystektomie, da die Gallensteine in Chile Volkskrankheit Nr. 1 sind. Auch in den anderen Rotationen darf man oft assistieren und auch wenn man "nur" zuschauen darf, wird viel erklärt.
Am Nachmittag oder auch vormittags zwischen den OPs macht man mit den Assistenzärzten eine zweite Visite und es werden alle Patienten untersucht. Im Anschluss werden Akten geführt, wichtige Befunde und weiteres Vorgehen dokumentiert und Entlassbriefe geschrieben. Je nach Patientenzahl und OPs ist zwischen 14.00 und 18.00 Feierabend.
Einmal pro Woche ist man im Spätdienst und im Nachtdienst in der Notaufnahme eingeteilt. Dabei ist der Spätdienst immer am gleichen Wochentag von 14.00 bis 20.00 und die Nachtschicht rotiert (z.B. freitags, darauf die Woche donnerstags usw.). Fällt der Nachtdienst auf ein Wochenende hat man einen 24h-Dienst von 09.00 bis 09.00.
Die Nachtschichten werden nicht mit einem freien Tag ausgeglichen. Man beendet somit unter der Woche den Dienst um 07.00 und macht im Anschluss direkt mit dem Stationsalltag weiter.
In der Notaufnahme darf man Patienten aufnehmen, im OP assistieren und nähen. Im Erstkontakt kann man Diagnosen stellen und diese im Anschluss mit den Ärzten diskutieren. Das Schöne dort ist, dass man immer im gleichen Team arbeitet. So kennen die Chirurgen, denen man zugeteilt ist, einen nach wenigen Wochen und können einschätzen, was man den PJlern zutrauen kann.
Fortbildungen
Über die Uni werden Seminare organisiert, die oft lehrreich sind (nur nach einer Nachtschicht nimmt man wegen akuten Schlafmangels nicht viel mit aus den Kursen). Einmal pro Woche haben wir uns mit einem Professor zusammen gesetzt und Themen wie Antibiotika, Pleurapunktion und Akutes Abdomen besprochen. An zwei Nachmittagen trifft man sich mit allen PJlern der Chirurgie aus den drei Häusern und anhand von Vorträgen werden die wichtigsten chirurgischen Krankheitsbilder vorgestellt und diskutiert. Dazu bereitet jeder Student eine Powerpointpräsentation zu seinem Thema vor, die von einem Chirurgen kontrolliert wird, der dann auch das jeweilige Seminar hält. Hinzu kommen teilweise kleine Seminare mit den jeweiligen Chefärzten und Vorträge, die man in der Notaufnahme hält.
Atmosphäre
Die Atmosphäre auf der Station und im OP ist sehr gut. Zwischen den Ärzten und dem Pflegepersonal besteht ein toller und kollegialer Umgang miteinander. Wenn man Interesse hat mitzuarbeiten, wird man schnell eingebunden und kann viele Aufgaben übernehmen. Großer Vorteil ist es, wenn man gut Spanisch spricht. Die meisten Ärzte sprechen zwar etwas Englisch, aber allein schon für den Umgang mit den Patienten ist es sehr sinnvoll, wenn man sich mit ihnen in ihrer Muttersprache unterhalten kann.
Fazit:
Ich kann jedem von Euch (idealerweise mit spanischen Vorkenntnissen) das Chirurgie-Tertial in Valparaíso nur ans Herz legen. Man arbeitet zwar wirklich viele Stunden (zwischen 50 und 70h pro Woche), dafür lernt man aber auch unheimlich viel. Alle Mitarbeiter und Kollegen sind sehr offen, interessiert und freundlich und man wird ernst genommen und schnell eingebunden.
Abgesehen davon ist Chile ein tolles Land mit einer landschaftlichen Vielfalt und vielen offenen, warmherzigen Menschen.
Bewerbung
8 Monate vorher über die Escuela de Medicina, Universidad de Valparaíso