Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, OP, Notaufnahme, Station
Heimatuni
Regensburg
Kommentar
Allgemeines: Das Chirurgie Tertial an den Barmherzigen Brüdern Regensburg hat mir ganz gut gefallen. Man kann dort ziemlich frei wählen, was man in der Chirurgie alles sehen will, man muss sich für mindestens eine der „großen“ Kliniken entscheiden (Unfall- oder Viszeralchirurgie), kann weitere wählen (Thoraxchirurgie, Plastische Chirurgie, Gefäßchirurgie, Kinderchirurgie) und hat eine Rotation im Notfallzentrum (2-3 Wochen). Außer in der Notaufnahme war man eher auf sich allein gestellt, und je nach dem wie gut oder schlecht die Kliniken besetzt waren, konnte man sich aussuchen, ob und wie oft man in den OP möchte oder ob man in die Ambulanz gehen möchte. In manchen Kliniken hat man ein PJ-Telefon und wird angerufen, wenn man in den OP kommen soll, in anderen nicht. Im OP lernt man das grundlegende sterile Arbeiten und einfache Tätigkeiten (Haken halten, Sauger/ Strom bedienen, Assistenz und durchführen von Nähten) und durfte je nach Interesse/ Talent/ Vorerfahrung auch etwas mehr machen (kleinere Schrauben entfernen, kleinere Wunden in Lokalanästhesie versorgen). In den meisten Fällen war die Zeit im OP absehbar, sodass wir eigentlich immer gut zum Mittagessen kamen, in Einzelfällen war das aber auch mal nicht möglich. Die meisten Mitarbeiter waren sehr freundlich, bis auf einige Ausnahmen (die es gerade in der Chirurgie wahrscheinlich überall gibt). Auf den Stationen hatte man eher weniger Aufgaben, was ich schade fand. Das Anlegen von Verbänden oder Gipsen war eher die Seltenheit (macht auf vielen Stationen das Pflegepersonal, und man hat in dieser Zeit andere Tätigkeiten). Unterkunft und Essen werden leider nicht gestellt, dafür bekommt man aber 500€/Monat.
Unfallchirurgie: Wir waren in der Unfallchirurgie zwei PJ-ler, und außerdem zwei Hakenhalter. Wir wurden morgens vom leitenden Oberarzt (weitgehend nach eigenen Wünschen) in die OPs eingeteilt oder gingen in der Sprechstunde mit. Im OP war ich meistens als Assistenz bei Hüft- und Knie-TEPs und Metalleinbringungen oder -entfernungen. Es gab einen Oberarzt, der sich im OP (bekanntermaßen) absolut danebenbenahm. In der Sprechstunde (je nach Tag Schulter, Knie, BG, usw.) konnte man manchmal Patienten voruntersuchen und die Anamnese erheben, was sehr interessant war (dies war jedoch nicht immer möglich).
Notfallzentrum: Mit Abstand die beste Rotation in der Chirurgie. Durch die wirklich tolle Anleitung von zwei sehr motivierten jungen Chirurgen (A.H. und A.D.) konnte man in der Notaufnahme weitestgehend selbstständig Patienten aufnehmen (Anamnese, Untersuchung, Radiologische Anmeldung, Aufnahmebrief diktieren und fertigstellen) und oft auch selbst versorgen (Kleinere Wundversorgung in Lokalanästhesie). Auch die Oberärzte in der Notaufnahme waren immer Ansprechpartner. Zudem die einzige Abteilung, in der eine Fallvorstellung durch die PJ-ler geplant ist. Die Notaufnahme war eine der wenigen Abteilungen, in der man sich als Chirurgie-PJ-ler wirklich nützlich vorkam und gerne auch länger geblieben ist. In der Notaufnahme gibt es einen Schichtplan mit Spät- und einem Wochenenddienst für PJ-ler.
Thoraxchirurgie: Die Thoraxchirurgie ist eine eher kleine Klinik. Morgens geht man Visite mit, anschließend ist man entweder im OP eingeteilt, kann im OP zusehen oder auf der Station mithelfen. In der Thoraxchirurgie durfte man selbstständig Patienten aufnehmen (Anamnese, Untersuchung) und bei den Verbandswechseln mithelfen und Thoraxdrainagen ziehen. Einer der Oberärzte erklärt sehr viel und verständlich, was ein großes Plus für die Klinik ist. Zu der Zeit, in der ich dort eingeteilt war, war auf der Thoraxchirurgie eher wenig los.
Plastische Chirurgie: Hier habe ich mit Abstand die meiste Zeit im OP verbracht (Mittagessen war oft nicht möglich), habe aber auch die interessantesten OPs gesehen und durfte viel machen. Für Chirurgieinteressierte sicher die richtige Klinik! Nach der Notaufnahme hat es mir hier am besten gefallen, da die Mitarbeiter auch sehr nett waren.
Gefäßchirurgie: In der Gefäßchirurgie machen die PJ-ler am Morgen die Blutentnahmen und VVKs (dazu muss man leider schon um 7:00, vor der eigentlichen Dienstzeit) kommen, aber man hat immerhin eine sinnvolle Aufgabe, und das Pflegepersonal ist auch sehr freundlich. Anschließend kann/muss man in den OP mitgehen oder kann in die Sprechstunde gehen (was auch sehr interessant war). Im OP durfte man auch relativ viel machen (viele Hautnähte) und die Wertschätzung war höher als in anderen Abteilungen. Nachmittags ist noch eine Röntgen-/Nachbesprechung, diese fand ich für PJ-ler ziemlich sinnlos. Ansonsten hat es mir auch sehr gut gefallen!
Kinderchirurgie: Würde ich im Nachhinein weglassen. In der Kinderchirurgie gibt es für PJ-ler extrem wenig zu tun. Im OP sind die Punkte meist eher kurz und bereits voll mit Assistenten besetzt. Auf der Station hat man auch nicht wirklich eine Aufgabe. In der Sprechstunde ist es ganz interessant. In der Notaufnahme kann man je nach zuständigem Arzt auch selbstständig arbeiten. Die Mitarbeiter waren sehr freundlich, besonders ein Oberarzt hat viel erklärt, ein anderer hat dafür PJ-ler fast vollständig ignoriert.
Fortbildungen: Es gab extrem viele Fortbildungen. Einmal wöchentlich für ca. 2h fand der Sono-Kurs von Dr. A. statt (eigentlich nur für Innere-PJ-ler, aber andere Fachrichtungen durften auch mitmachen), in dem man die Grundlagen der Abdomen-Sonographie in Kleingruppen lernt. Dieser Kurs war wirklich super! Außerdem finden einmal wöchentlich ein EKG-Kurs (leider oft ausgefallen), ein Rheumatologie-Kurs (leider auch oft ausgefallen, aber sehr gut!), eine Dialyse-Fortbildung und theoretisch noch Bed-side-teachings (auch meistens ausgefallen) und eine zentrale PJ-Fortbildung verschiedener Fächer statt. Man konnte von Station/ aus dem OP eigentlich immer die Fortbildungen besuchen. Außerdem gab es ein zweitägiges Seminar im bayerischen Wald, welches man als PJ-ler inklusive Übernachtung besuchen durfte!
Fazit: Ich hatte noch nie irgendwelche Ambitionen Chirurg zu werden, aber nach dem Chirurgie-Tertial habe ich den Schrecken vor dem Fach verloren und fand vieles wirklich interessant. Man lernt die chirurgischen Grundlagen, die man auch in anderen Fächern brauchen kann (z.B. steriles Arbeiten zum ZVK-legen) und lernt, kleinere Wunden in Lokalanästhesie selbst zu versorgen. Ich denke, die Barmherzigen Brüder sind (ob man nun Chirurg werden will oder nicht) ein guter Ort fürs Chirurgie-Tertial, in Regensburg wahrscheinlich der beste. Die vielen Fortbildungen sind ein großer Pluspunkt!