Das Tertial am Kinderkrankenhaus in Kapstadt war mein Highlight während des PJs. Das Red Cross Krankenhaus (RXH) ist ein sehr gut ausgestattetes, diagnostisch auf dem neusten Stand stehendes, staatliches Kinderkrankenhaus und eines der größten der Süd-Sahara-Region.
Während der ersten vier Wochen war ich zusammen mit vier südafrikanischen Studierenden im Short Stay Ward des Emergency Department eingeteilt. Unsere Aufgabe war es, nach der morgendlichen Ward Round die Patientinnen/-en entweder auf der Station aufzunehmen oder die tägliche Anamnese und klinische Untersuchung durchzuführen. Während der Mittags-Ward Round, mussten die Patientinnen/-en anschließend von uns vorgestellt werden. Abhängig von der Oberärztin waren die Visiten äußerst lehrreich und es wurde zu jeder/jedem Patientin/-en Fragen zur Diagnostik, Therapie oder Pathophysiologie gestellt und anschließend diskutiert und geklärt. Zwischendurch haben die sehr bemühten Interns und Registrars uns bei den meisten Prozedere wie LPs, Blutentnahmen, Zugang legen, Mantoux-Tests oder Sputum-Entnahme Bescheid gesagt, sodass wir all diese unter Supervision durchführen durften.
Jeden Tag gab es mindestens ein Tutorium, das entweder von einem Registrar zu einem der Themen, die in dem Logbuch der südafrikanischen Studierenden stand, oder von einer Fachärztin in Form von Bed-side-teaching gegeben wurde. Als zusätzliches Tutorium gab es ein sehr gutes eintägiges pädiatrisches Advanced-Life-Support-Seminar, das in dem zum Krankenhaus gehörenden Skills Lab abgehalten wurde. Dabei mussten wir Puppen verschiedenen Alters reanimieren, defibrillieren und intraossäre Zugänge legen. Alle Seminare wurden im vier Wochen Takt wiederholt.
Da südafrikanische Studierende ab dem 4. Studienjahr fast alle ihre Blöcke auf Stationen absolvieren und dort mitarbeiten, waren die meisten praktisch unglaublich fit und ich konnte viel von ihnen lernen.
Wer Interesse an einer kleinen Forschungsarbeit hat, kann zudem versuchen, im Vorfeld der zuständigen Direktion der Station zuschreiben (s. RXH Homepage) und, sofern möglich, sogar einen Case-Report oder ähnliches mit veröffentlichen.
Mitzubringen empfehle ich ein bis zwei Kasacks und Hosen, ein Stethoskop und außerdem einen Reflexhammer und eine kleine Augenleuchte.
Die Bewerbungen müssen sich circa ein bis zwei Jahre vor Beginn direkt an die Universität Kapstadt richten. Unter Umständen ist eine spätere Bewerbung über das direkte Anschreiben der Departmentdirektion auch noch möglich.
Ich halte es für wichtig zu betonen, dass ich als Weißer Mann nach Südafrika gegangen bin, da die damit einhergehende privilegierte Position mich des öfteren trotz der großartigen Zeit an der Legitimation meinen Aufenthalts zweifeln ließ und bis jetzt lässt. Südafrika ist nach wie vor stark von den Folgen der Apartheid geprägt und Chancen und Geld sind noch immer sehr ungerecht zwischen Schwarze und Weißen Menschen verteilt. Zwar besteht vor dem Gesetz Gleichheit für alle Menschen, doch hat man als Weiße Person immer noch eine höchst privilegierte Stellung.
Aus meiner Perspektive kann ich nur sagen, dass ich es als unglaublich wichtig empfand, mich sowohl vor, als auch während meines Aufenthalts in Kapstadt, immer wieder mit der Geschichte des Landes zu befassen, mein eigenes Weißsein und die damit verbundenen Privilegien zu reflektieren, und vor allem mich mit meinen eigenen verinnerlichten Rassismen auseinanderzusetzen. Empfehlen kann ich dazu die Biographie von Nelson Mandela, die in Südafrika gedrehte Doku "Fuck White Tears" von Annelie Boros (verfügbar auf YouTube) oder auch das Buch "Exit Racism" von Tupoka Ogette.