Das Negative vorab:
In meiner Rotation war ich im Klinikum Bremerhaven Reinkenheide als einziger gestartet, weswegen ich eigentlich die „Willkommensveranstaltung“ des Hauses für die regulären Mitarbeiter besuchen sollte. Diese fiel aufgrund Mangel an neuen Mitarbeitern (nur ein Arzt und ich) dann spontan aus, weswegen es zu Anfang teilweise Probleme mit dem EDV Zugang gab (nach etwas Eigeninitiative und zwei Anrufen war dies aber auch geklärt).
Davon abgesehen: Meine Rotation begann in der Unfallchirurgie, hier wurde ich einer Station zugeteilt und durfte hier die Stationsarbeit kennen lernen und nach einigen Tagen auch selbstständig durchführen. Briefe musste ich nicht ganz so oft anfertigen wie es hier in anderen Bewertungen dargestellt wird. Die Blutabnahmen und Verbände waren zwar täglich zu machen, dafür konnte man sich aber bei freundlicher Nachfrage auch jemanden zu Hilfe nehmen, sodass das insgesamt selten länger als 90 Minuten für die gesamte Station in Anspruch nahm. Auf dem OP-Plan stand regelmäßig „PJ-Student“, was in Absprache mit der PJlerin aus der Rotation vor mir auch sehr gut im Wechsel funktioniert hat. Die Stationsarbeit musste so nicht leiden und doch hat man auch etwas vom OP gesehen. Im OP wurde ich sehr oft den Oberärzten als 1. Assistent zugeteilt, eher selten als 2. Assistent. Ansonsten durfte ich dem Chef der Unfallchirurgen assistieren, auch selten einem der Fachärzte. Bei allen wurde Wert auf Lehre gelegt, wobei diese nicht immer studiumsrelevant war, jedoch insgesamt dennoch hilfreich (bei einem der Oberärzte wird sehr viel wert darauf gelegt, dass man am Ende des PJs ein gutes Verständnis von Verbrennungsmotoren - insbesondere den Bayrischen Motorenwerken - hat :-) ). Es wurden aber natürlich auch studiumsrelevante Informationen vermittelt. Da ich Interesse an einer späteren eher chirurgischen Fachrichtung angegeben hatte, durfte ich sehr oft Nähen, Knoten, Lagern, Abwaschen, Abkleben und auch bestimmte Geräte bedienen.
Zudem hatte ich ständig (fast täglich) die Möglichkeit auch in die Notaufnahme zu gehen und dort Patienten zu untersuchen und aufzunehmen. Kurz vor meinem PJ-Start wurde hier das Triage-System eingeführt, weswegen der ehemalige Oberarzt der Unfallchirurgen, der oft in der Notaufnahme war, nun fest dort als Oberarzt eingeteilt war und die „Fußgänger“-Patienten erstuntersuchte. Hier hatte man die Möglichkeit auch zu untersuchen und gegebenenfalls kleinere Sachen selbst zu versorgen. Wurde ein Patient einer Fachrichtung zutriagiert konnte man auch an den weiterführenden Untersuchungen teilnehmen. Auf diese Art und Weise hatte man die Möglichkeit wirklich viel praktische Erfahrung zu sammeln. Vor allem bei den Polytraumen durfte man mitarbeiten und mituntersuchen, was in diesem Team einfach klasse war.
Alles in allem habe ich mich super wohl gefühlt in der Unfallchirurgie und war eher traurig, als die 2 Monate rum waren.
Allgemeinchirurgie:
Auch in der Allgemeinchirurgie gibt es alle drei Bereiche und man kann in allen eingesetzt werden. Die Stationsarbeit überwog hier bei mir etwas mehr als bei den Unfallchirurgen, was aber dadran lag, dass zu der Zeit aus der anderen Rotation ein weiterer PJler mit mir bei der Allgemeinchirurgie war, die kleiner als die Unfallchirurgie war. Hier wurde viel Wert auf die Briefe an sich gelegt, was nicht bedeutete, dass man oft welche schreiben musste, sondern dass diese gut zu sein hatten. Man hatte täglich einen wechselnden Stationsarzt dabei, der einem neue Sachen zeigte. Trotzdem durfte man auch hier nach kurzer Einarbeitungszeit selbstständig arbeiten und oftmals auch kleinere Eingriffe auf Station durchführen durfte. Im OP war man entweder als 1. oder 2. Assistent mit am Tisch, auch hier wurde Wert auf Lehre gelegt, sowohl theoretisch als auch praktisch, entsprechend war es bei den OPs hier nie still, obwohl deutlich weniger gehämmert werden musste. In der ZNA wurde hier nach der Triage auch die Möglichkeit gegeben den Patienten zu untersuchen und aufzunehmen.
Anästhesie:
Da in dieser Klinik angeboten wird die Anästhesie für „ein paar Tage“ zu besuchen, habe ich dieses Angebot mit Freude angenommen. Aus ein paar Tagen wurde direkt 2 Wochen und am Ende des PJs war es dann doch ein Monat.
Das Anästhesieteam im Hause Renkenheide ist die witzigste, bestgelaunte und dennoch auch lehrreichste Truppe, die man in einem Krankenhaus antreffen kann. Wer noch nie in eine solchen Team arbeiten durfte, der hat in der medizinischen Karriere etwas wichtiges verpasst.
Man wird täglich einem etwas erfahrenerem Arzt zugeteilt. Nach kurzer Einarbeitung durch diese darf man dann aber doch selbstständig arbeiten und Entscheidungen treffen. Man steht hierbei jedoch NIE alleine da, was im Notfall essentiell wäre. Nach einigen Tagen lief es dann so ab, dass man die gesamte Einleitung durchführen durfte, anschließend die Narkose selbst überwachen durfte und am Ende den Patienten ausleiten durfte. Auch das Narkoseprotokoll durfte man - wenn man wollte - führen. Während der Patient schlief und die Chirurgen arbeiteten wurden verschiedene Themen durchgesprochen, beginnend mit Anästhesie bis hin zur Pharmakologie (und bei einem Anästhesisten auch Chirurgie).
In einigen Fällen stand man auch mal mit einem Oberarzt oder dem Chef in der Einleitung. Hier hieß es dann nicht „Weg da“ sondern „Herkommen, selbst machen“ und man bekam auch von diesen Tipps und Kniffe gezeigt. Lediglich in absoluten Katastrophen und Notfällen würde man beiseite gebeten werden, wenn man nicht selbst schon schnell weg sei, hieß es immer.
Der Chef der Anästhesie ist noch ziemlich jung und tanzt oft durch den OP-Trakt und den Aufwachraum (im wahrsten Sinne des Wortes). Wenn man mit ihm im Raum ist beginnt er direkt mit der Lehre, egal wie die Situation ist, schließlich soll man wissen was gerade passiert und warum was angeordnet und gemacht wird. Erkennbar ist er übrigens an seinen Batman-OP-Hauben.
Insgesamt kann ich das Chirurgie-Tertial vom PJ im Klinikum Bremerhaven Reinkenheide bestens empfehlen. Das Essen ist abwechslungsreich und es wird Wert darauf gelegt, dass man täglich zu Mittag isst. Diese Mahlzeit ist kostenfrei. Wer die Wohnung in Anspruch nimmt bekommt ein WG Zimmer, alternativ bekommt man eine Dauerparkkarte. Die Betreuung ist zudem durch eine Person in der Chirurgie und durch eine Person in der Inneren, die die PJ Beauftragte des Hauses ist, geregelt. Man hat somit immer erreichbare Ansprechpartner.
Bewerbung
Bewerbung über das PJ-Portal, Papierkram wurde per Mail vorab erledigt, sodass ich direkt starten konnte. Lediglich IBAN und persönliche Identifikationsnummer (Steuernummer) muss man am ersten Tag dabei haben.