Zuerst zum formellen: Die Organisation des PJs ist sehr gut, in jedem Fachbereich gibt es einen PJ-Verantwortlichen, an den man sich mit Fragen und Anliegen wenden kann. Bei uns war das OA Däunert, der sich sehr nett und bemüht um uns gekümmert hat. Am ersten Tag gibt es eine Einführung zusammen mit den PJlern aller Fachbereiche, dabei kriegt man eine Mappe mit Infomaterial, einen Vortrag über das Klinikum, die Kleidung und die Essensmarken. Die haben bei uns gerade oft gerade für eine Hauptspeise gereicht, für Salat, Getränke, Nachtisch oder sogar Beilagen musste man selber was dazuzahlen. Das soll sich ändern, angeblich werden die Marken ab September 2019 mehr wert sein (5 statt 4 Euro). Es gab auch nicht genug, selbst unter Berücksichtigung der Studientage konnte man sich nicht jeden Tag ein Mittagessen holen. Das Essen selbst war typisches Kantinenessen, manchmal überraschend gut, manchmal eher langweilig. Hat schon gepasst. Zeit für das Essen habt ihr eigentlich immer.
Zwei mal pro Woche gibt es PJ-Unterricht, einmal Bedside-Teaching und einmal einen Vortrag, jeweils eine Stunde lang. Das war unterschiedlich spannend und gut, manches Thema interessiert einen ja auch einfach nicht, aber insgesamt hat es sich meistens gelohnt und ausgefallen ist der Unterricht auch nur selten.
Auf der Anästhesie rotiert man zwischen 4 Stationen, jeweils 3-4 Wochen. Reihenfolge ist für jeden Studenten unterschiedlich:
MZL - ein ambulantes OP-Zentrum, das aber auch viele "stationäre" OPs aus dem Haupthaus übernimmt. Es gibt nur 3 Säle und die Eingriffe sind eher klein, viel Unfallchirurgie, Kinderchirurgie, Gyn, aber auch manchmal andere Sachen. Es wird meist mit TIVAs gearbeitet, nicht mit Gasen und eher mit LAMAs als Intubationen. Da die Eingriffe eher klein sind, gibt es pro Tag viele Einleitungen, bei denen man mitmachen kann. Man hängt sich einfach an einen der Ärzte und darf dann schnell sehr viele Handgriffe selber machen, wenn man sich nicht richtig blöd anstellt. D.h. Zugänge legen, Monitoring ankabeln, Maskenbeatmung, Lama schieben, Beatmungsparameter einstellen, Patienten in den Aufwachraum begleiten usw.
Zentral-OP - der "richtige" OP. 5 Säle, hier gibt es auch Allgemeinchirurgie, die Eingriffe sind eher größer und die Patienten kränker als im MZL. Man wird in der Frühbesprechung einem Anästhesisten zugeteilt und bleibt dann den Tag über bei dem im Saal. Wenn die OP mal 4h dauert und zwischendurch nichts spannendes passiert, wird man auch mal in den nächsten Saal geschickt. Hier kann und sollte man viel intubieren, einfach nachfragen. Die ersten Versuche sind immer fummelig, aber irgendwann gehts dann ganz routiniert von der Hand. Auch ZVKs und Arterien könnt ihr hier legen, wenn in der Hektik des OPs gerade genug Zeit dafür ist.
Nach ein bisschen Eingewöhnungszeit darf und soll man hier ganze Narkose selbst übernehmen, also mit Monitoring, Einleitung mit Auswahl der Medikamente und ihrer Dosen, Einstellen der Beatmungsparameter, Dokumentation, Ausleitung usw. (natürlich unter Anleitung und Kontrolle). Sehr lehrreich.
ITS - DIe Intensivstation ist geteilt in einen chirurgischen und einen internistischen Flügel, die Anästhesie leitet den chirurgischen. Manchmal finden sich dort aber auch Patienten mit eher internistischen Problemen. Hier nehmt ihr jeden morgen an den Visiten teil, untersucht dann die euch zugeteilten Patienten, dokumentiert eure Ergebnisse, macht dann unter Aufsicht Medikamentenanordnungen. Danach gibt es verschiedene Aufgaben, die ihr übernehmen könnt: Blutkulturen abnehmen, Transporte begleiten, neue Patienten aufnehmen, Epikrisen schreiben, Drainagen ziehen, Arterien legen usw. Man muss sich Gedanken um Diagnosen und Therapie, Beatmung, Einstellung von Grunderkrankungen, Ernährung und Flüßigkeitshaushalt usw. machen.
Die ITS stellt auch das Rea-Team für das gesamte Krankenhaus, bei deren Einsätzen kann man auch mitlaufen, kam bei uns aber nur zwei mal vor.
IMC - Auf der Intermediate Care Station liegen Patienten, die zu krank für die Normalstation und zu gesund für die ITS sind. Die Aufgaben sind ähnlich wie auf der ITS, das Krankheitsspektrum ist aber vielfältiger, öfter internistisch.
Es ist möglich auf einem NEF mitzufahren, dafür einfach OA Däunert ansprechen. Die Wachen liegen ziemlich ab vom Schuss (ich musste nach Königswusterhausen) aber man sollte diese Erfahrung auf jeden Fall mitnehmen.
Die Chefärztin ist sehr darum bemüht, dass die PJler praktische Aufgaben übernehmen und sich auch theoretisch mit der Anästhesie auseinandersetzen, sie wird euch oft dazu auffordern, nicht nur zuzusehen, sondern selbst tätig zu werden, stellt auch manchmal Fragen, die ihr dann recherchieren sollt, wenn ihr sie nicht beantworten könnt usw.
Das Arbeitsklima unter den Ärzten ist, abgesehen von kleineren Reibereien ohne die wahrscheinlich kein Krankenhaus auskommt, sehr gut, ich habe mich nie schlecht behandelt gefühlt. Gerade die jungen Assistenzärzte sind gerne bereit, euch viel zu erklären und zu zeigen.
Mit der Pflege habe ich mich generell auch gut verstanden, wenn man von ein paar Einzelfällen absieht. Wer sich vorstellt, in die Kaffekasse einzahlt und nicht arrogant auftritt, wird sich mit den Pflegern und Schwestern schnell anfreunden. Nur im Zentral-OP hat man gemerkt, dass der Personalmangel die Stimmung dort trübt.
Ich hatte eine gute Zeit in der Anästhesie des Sana Klinikums Lichtenberg und würde das Tertial auf jeden Fall wieder wählen. Wer sich für die Anästhesie interessiert kriegt hier die Grundlagen vermittelt und darf viel praktisch tätig werden. Die knauserige Essenspolitik des Sana-Konzerns ist ein Wehrmutstropfen, der meinen Gesamteindruck aber kaum trübt.
Wenn ihr Fragen habt, könnt ihr sie mir gerne schreiben.