Notaufnahme, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
LMU Muenchen
Kommentar
Das Chirurgie-Tertrial war mein erstes PJ-Tertial und ich begann somit noch völlig grün hinter den Ohren. Ich rotierte durch insgesamt 4 verschiedene Abteilungen, wobei ich jeweils 4 Wochen in der Allgemeinchirurgie, Unfallchirurgie, Gefäßchirurgie und Endoprothetik war.
Im ganzen Klinikum war eine sehr gute Stimmung und man hat sich als PJler immer willkommen gefühlt. Alles war sehr modern. So ging man mit iPads auf Visite und jegliche Form von Papierkram wurde elektronisch gelöst, also elektronische Kurven. Anfangs war es irritierend, alle mit Ihren iPads zu sehen, aber so konnte man bei der Visite dem Patienten direkt am Bett seine Röntgenbilder zeigen und egal wo man war Anordnungen geben oder ausführen, Medikamente wurden automatisch auf Inkompatibilitäten geprüft und und und. Jeder PJler hatte auch sein eigenes Telefon und konnte so auch immer zu spannenden Dingen hinzugeholt werden. Die Schwestern waren alle sehr nett und man konnte sie jederzeit um Hilfe bitten und auch im OP waren alle wahnsinnig lieb und selbst als ich es am Anfang beim Nähen einmal geschafft habe 2 mal eine Pinzette runter fallen zu lassen, haben sie immer noch freundlich mit einem Lachen eine neue Pinzette gereicht.
Zudem gab es eine interessante Stations-Struktur, denn so gab es als Beispiel ein Aufnahmecenter, wo morgens alle Patienten aufgenommen und für die OP aufgeklärt wurden und das ganze nicht zwischen Tür und Angel auf Station erfolgen musste, sondern in einem großen Untersuchungsraum am Schreibtisch in angenehmerer Atmosphäre, als in einem 4-Bettzimmer. Dadurch hatte man als Stationsarzt auch nicht mit Neuaufnahmen zu kämpfen, denn dafür gab es das Aufnahmecenter. Auch die Arbeit als Stationsarzt war in Garmisch-Partenkrichen anders, als ich es bisher kannte, denn so gab es das System, dass ein Assistenzarzt immer 1 Woche lang Stationsdienst hatte. Dabei kümmerte er sich um Visite, Anordnungen, Verbände, Briefe und Entlassungen, eben um Stationsdienst, aber eben nur 1 Assistenzarzt für 1 Woche. Die Woche drauf war ein anderer Assistenzarzt mit dem Stationsdienst dran. Die anderen Assistenzärzte waren somit „frei“ und konnten problemlos in den OP, wodurch sie auch problemlos Ihren OP-Katalog voll bekommen können. Oder man war in der Notaufnahme, oder im Aufnahmecenter. Wenn nichts war, hat man natürlich dem Stationsarzt unter die Arme gegriffen. Aber durch dieses System, was ich vorher nie so gesehen habe, war eine sehr gute Stimmung insgesamt und die chirurgischen Assistenzärzte konnten eben genau da hin, wo Chirurgen am liebsten sind: In den OP… Und für Studenten galt natürlich das gleiche Prinzip.
Gewohnt habe ich in einem Wohnheimzimmer auf dem Klinikgelände, jedoch muss ich sagen, dass ich Glück hatte, ein Zimmer zu bekommen, denn wir waren nur 2 Studenten mit Zimmer, denn durch Umbaumaßnahmen hat niemand ein Zimmer bekommen. Dadurch haben viele PJler abgesagt, was irgendwie schade war, weil wir nur wenige PJler im Haus waren. Das Wohnheimzimmer an sich war sehr nett, doch war die Toilette und die Gemeinschaftsküche auf dem Gang wahnsinnig eklig (und ich bin wirklich nicht pingelig). Außerdem hatte man kein Internet, was ziemlich nervig war. Aber ich war froh, überhaupt ein Zimmer bekommen zu haben, im Gegensatz einiger aus dem Freundeskreis.
Fortbildungen fanden 2 mal die Woche statt: Dienstags Chirurgie oder Anästhesie, Donnerstags Innere oder Radiologie. Fortbildungen sind halt wie immer: Es gibt wahnsinnig gute und wahnsinnig schlechte. Insgesamt fand ich es aber eine schöne Abwechslung und es waren meist gute und motivierte Dozenten.
Essen konnte man in der Regel auch, wenn man nicht ungünstig im OP stand. Dabei ging oft das halbe Team essen, was sehr nett war. Als PJler erhält man Essensmarken für Frühstück (was man jeden Tag bis 18 Uhr abholen konnte) und Mittagessen umsonst. Im OP gab es auch einen Kaffeevollautomaten mit Kaffee, Cappuccino, Espresso und und und.
Da jede Fachdisziplin natürlich völlig unterschiedlich von der Struktur war, gehe ich einmal auf die einzelnen Bereiche ein:
Allgemeinchirurgie:
Ein wahnsinnig nettes und junges Team, mit denen man auch privat viel unternehmen konnte. Morgens hat man sich vor der Frühbesprechung um die Blutabnahmen gekümmert, was aber im Schnitt eher nur so 5 oder 6 Blutabnahmen waren und sich somit also voll im Rahmen hielt. Bei aufwändigeren OPs, wo mehr Personal nötig war, war man fix als Hakenhalter eingetragen, aber sonst hatte man viel Handlungsspielraum, wie man seinen Arbeitstag gestalten wollte. Man konnte in den OP, in die Notaufnahme oder beim Stationsdienst helfen. Man war zu nix verpflichtet, aber alle waren froh, wenn man Ihnen helfen wollte und alle haben sich auch immer die Zeit genommen auf Fragen einzugehen. Genäht habe ich leider fast nie, weil das meiste getackert wurde, aber es war ein wunderbarer Einstieg in die Welt der Chirurgie und ich habe viel gelernt.
Unfallchirurgie:
Auch hier begann der Dienst mit Blutabnahmen, aber auch hier war es sehr überschaubar mit selten mehr als 5 Blutabnahmen. Leider gab es in den 4 Wochen als ich in der Unfallchirurgie war ein Sommerloch, denn es gab kaum Patienten und kaum aufregende OPs, was für mich als PJler natürlich eher schade war. Dafür hatte ich dadurch mehr Zeit, um in der Notaufnahme zu sein, oder ich durfte mit Notarzt fahren, was ich mit das Beste am ganzen PJ fand. Sehr nett fand ich auch, dass die Unfallchirurgen auch die Kinderstation chirurgisch mit betreut haben, wodurch es wirklich ein sehr breites Patientenklientel gab.
Gefäßchirurgie:
Eine sehr verrückte Personalstruktur, denn es gab den Chef, lauter Oberärzte und nur einen Assistenzarzt. Und genau dieser eine Assistenzarzt war die ersten 2 Wochen, als ich auf der Gefäßchirurgie war, im Urlaub. Der Chef war aber wahnsinnig freundlich und hat schon im Vorfeld mit mir gesprochen und mir direkt gesagt, dass ich 2 Wochen lang „Stationarzt“ sein werde. Ich war wahnsinnig nervös, aber es war eine tolle Erfahrung, denn es ist ein Unterschied, ob man als Student Aufgaben delegiert bekommt, oder eben wie in wenigen Monaten als Assistenzarzt selbst Entscheidungen treffen muss und alleine die Station schmeißen muss. Natürlich war ich nie alleine, denn es waren immer Oberärzte greifbar. Das Team war ganz besonders, denn dadurch dass es ja quasi nur Oberärzte gab, war es nicht so eine Hierarchie, wie in vielen anderen Abteilungen, sondern irgendwie war jeder gleich und auch als PJler wurde man nicht anders behandelt. Es war halt ein Team. Das merkte man alleine bei der Frühbesprechung, die immer gemütlich auf der Couch im Büro vom Chef statt fand. Obwohl ich vorher kein großes Interesse an der Gefäßchirurgie hatte, muss ich sagen, dass auch die Operationen sehr nett waren. Erstens war man wirklich gut eingebunden und es war wirklich ein „Mitoperieren“ und nicht nur ein „Hakenhalten“ und man durfte auch kleinere Sachen unter oberärztlicher Aufsicht selbst operieren, was für mich wahnsinnig aufregend war. Insgesamt also 4 Wochen, in denen ich wahnsinnig viel mitnehmen konnte, die viel zu schnell rum gingen.
Endoprothetik:
Die Endogap ist eine der Top-Adressen, was Endoprothetik in Deutschland angeht und hat auch diverse Auszeichnungen erhalten, was ich jedoch vorher peinlicher Weise gar nicht wusste. Es war wahnsinnig beeindruckend, mit welch einer Struktur die Abteilung gearbeitet hat. So waren in einem Saal so 6 Hüft-TEPs am Tag und in dem anderen Saal 5 oder 6 Knie-TEPs und in der Regel war 14-15 Uhr das OP-Programm fertig. Es war eine regelrechte Choreographie, jeder Handgriff saß. Und wenn man halt als Beispiel am OP-Plan als 2. Assistenz bei der Knie-TEP eingetragen war, war es egal, ob man Oberarzt, Assistenzarzt oder Student war: Laut „Choreographie“ musste halt dann und dann gemeißelt werden oder gehämmert und dann hat man das halt gemacht, was als PJler natürlich wieder nett war, weil es dadurch nicht nur Haken halten war. Außerdem durfte ich meistens zunähen. Auch hier war das Team wahnsinnig nett, allerdings muss ich sagen, dass 4 Wochen nur Knie und Hüfte für das PJ dann doch etwas viel des Guten waren. Ich finde da hätten 1 oder 2 Wochen auch gereicht und lieber wäre ich nochmal in die Unfall- oder Allgemeinchirurgie gegangen, aber es war trotzdem eine tolle Erfahrung.
Zusammenfassung:
Es war ein wahnsinnig tolles Tertial, mit einem mega netten Team. Sehr schade fand ich halt für mich persönlich, dass ich im Sommerloch vieles nicht gesehen habe oder machen konnte. Wenn halt niemand in der Notaufnahme mit Platzwunden zum Nähen kommt, kann man halt nicht nähen als Beispiel. Daher hatte ich auch angefragt, ob ich an der Rotation etwas ändern kann, weil ich doch gerne noch ein wenig länger in der Allgemeinchirurgie und der Unfallchirurgie geblieben wäre. Leider war das nicht möglich, doch nach vielen Gesprächen mit den einzelnen Chefs möchte die Klinik das jetzt auch lockerer gestalten. Mir bringt es nichts mehr, aber den nachfolgenden PJlern schon. Das zeigt auch, wie sehr das Haus an einer guten Ausbildung interessiert ist, denn sie haben meine Worte ernst genommen und versuchen alles zu optimieren. In der Unfallchirurgie erlebt man natürlich im Winter am meisten, wenn mehr Ski auf dem Flur stehen, als in manchem Ski-Verleih… Wenn ich mich wieder entscheiden müsste, wo ich mein Chirurgie-Tertial mache, würde ich jederzeit wieder Garmisch-Partenkirchen wählen.