Also es ist kompliziert.
Ersteinmal vorweg: ich hatte eine wirklich großartige Zeit in Wien und im St.Josef Krankenhaus. Allerdings bin ich mir trotzdem nicht sicher ob ich dieses Tertial weiterempfehlen würde.
Zur Station und zum Krankenhaus:
Die Allgemein- und Viszeralchirurgie ist relativ klein und teilt sich zusammen mit der Plastischen Chirurgie und der Gynäkologie 2 OP Säale und 2 Eingriffsräume. Zu den häufigsten behandelten Krankheitsbildern gehören: Hernien, Gallen(steine), Kolorektale und Ösophageale Tumoren, Varizen, kleinere proktologische Eingriffe und Hernien. D.h. für einen versierten Allgemeinchirurgen ist das Spektrum vielleicht ein wenig klein. Außerdem ist die Organisation in diesem kleinen Haus teilweise sehr chaotisch. Schon allein, dass der meiste Teil der Akten auf dem Papier geführt wird und es für 50% der Handschriften Althistoriker zur Übersetzung braucht macht viele Sachen oftmals unnötig kompliziert.
Alltag:
In der Regel beginnt der Tag 7:15 mit der Morgenbesprechung und anschließend folgt Stationsarbeit. D.h. v.a. Patienten aufnehmen, untersuchen, fehlende Diagnostik anordnen, organisatorische Sachen erledigen (viel telefonieren) und anschließend die Patienten den Turnusärzten übergeben. Außerdem wirst du bei schwierigen Blutentnahmen oder Venflons dazugerufen und ein oder mehrere KPJler werden stets auf die OPs verteilt zum assistieren. Dort bist du meist sogar erste Assistenz. Die Stimmung im OP war gut und ich hatte bis auf wenige Ausnahmen sehr viel Spaß bei der Arbeit mit den Chirurgen obwohl ich Chirurgie anfangs nicht wirklich mochte. Mittagspause war jeden Tag ungefähr zwischen 12-13 möglich und eigentlich haben wir es immer geschafft, dass Turnusärzte (Assistenzärzte), KPJler und Famulanten zusammen aßen. Danach hat man noch einmal auf der Station nach dem rechten geschaut und dann war meist zwischen 13-14 Uhr Schluss. Also viel Freizeit um Stadt und Leute kennenzulernen.
Zu den Kollgen:
Ich glaube das beste an meinem Tertial waren die anderen Famulanten, KPJler, Turnusärzte, Oberärzte und Pfleger mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Das ganze Team hab ich als sehr herzlich empfunden. Klar gibts es überall auch schwarze Schafe aber insgesamt kann ich mich nicht beklagen.
Zur Stadt:
Wien ist toll, geht da hin. Ich fand den Hype durchaus gerechtfertigt, war allerdings auch im Sommer da, ich glaube viele coole Sachen wie in der Donau planschen, in Parks lustwandlen oder im Tshirt durch die Stadt radeln fallen im Winter weg. Auch sollen die Wiener im Winter spürbar grantiger sein. Dafür kann man wenn man das will unendlich viel Kultur konsumieren. Das Krankenhaus selbst stellt keine Wohnung o.ä. aber ich würde euch sehr ans Herz legen euch eine schöne WG in Wien zu suchen, meine war wirklich spitze!
Negativpunkte:
Weswegen ich das KPJ in der Chirurgie des St.Josef Krankenhauses nicht empfehlen würde ist für mich hauptsächlich der problematische Punkt der Lehre. Die gab es nämlich so gut wie gar nicht. Eigentlich war angedacht, dass jede Woche ein Vortrag von KPJlern für KPJler in Beisein des Chefarztes gehalten wird, doch dies fand leider nur sehr unregelmäßig statt. Auf der Chirurgie waren es in 4 Monaten 4 Vorträge (einschließlich meines eigenen) und noch mal 3 auf der Inneren. Abgesehen davon fühlte sich aber niemand wirklich für die Lehre verantwortlich. Für seine Weiterbildung musste man schon selbst sorgen. Manche Oberärzte erklärten einem auf Nachfrage gern etwas- viele aber auch nicht bzw. in Einwortsätzen. Dazu kommt, dass wie schon oben erwähnt das Spektrum der behandelten Krankheiten überschaubar war.
Insgesamt würde ich also sagen, dass ich in meiner Zeit in Wien medizinisch viel mehr hätte lernen können. Wären die meisten Kollegen dort nicht so cool gewesen hätte ich mich geärgert.
Alles in allem würde ich persönlich das Tertial wieder machen, weiß aber nicht ob es für Chirurgiebegeisterte vielleicht eine Enttäuschung wäre.
Bewerbung
Recht unkompliziert, am besten 1 Jahr- ein halbes Jahr vor Beginn zentral über die Vinzenz Gruppe. Einfach hartnäckig bleiben und immer mal wieder probieren, den zuerst haben die Österreicher vorrang.