PJ-Tertial Innere in Spital Wil (7/2019 bis 10/2019)
Station(en)
Allgemeine Innere Medizin
Einsatzbereiche
Notaufnahme, OP, Station
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Die Innere Medizin - in der Schweiz nur Medizin - in Wil kann ich voll und ganz weiterempfehlen: Als Unterassistent/in/UHU (also der dortigen Entsprechung für PJler/in) war ich fest in den Stations- und Spitalalltag eingebunden und hatte dementsprechend feste Aufgaben und immer genug zu tun, auf der anderen Seite aber viel Freiheit zum Nachfragen und gute Fortbildungen, sodass ich praktisch und theoretisch mega viel gelernt habe.
Klinikalltag:
- Station: Es gibt eine allgemeine internistische Station mit ca. 25 Betten, die von zwei AssistenzärztInnen und einem Oberarzt betreut wird, und eine kleine Privatstation mit der Chirurgie zusammen. Morgens um 8 Uhr Morgenrapport mit Aufnahmen und Entlassungen, danach kurzes Auftanken mit Kaffee-Doping in der Cafeteria mit Assistenz- und Oberärzten gemeinsam, ziemlich locker und gut, danach Visite, Rückbesprechung der Patienten mit Oberärzten und der Rest des Tages, abgesehen von einer fast immer festen Mittagspause Untersuchungen, Therapieanpassungen und Briefe. Als UHU ist alles erwünscht, aber nichts Muss: Aufnahmeberichte, Untersuchungen, EKGs schreiben, Restharn- und Abdomensono, Untersuchungsanmeldungen und das Betreuen von eigenen Patienten. Blutabnahmen werden von der wirklich kompetenten Pflege gemacht. Und nach ein paar Wochen ging auch das Schweizerdeutsch immer besser... :)
- Notaufnahme: Je nach diensthabenden Ärzten von einfach mitlaufen bis Patienten und Zimmer komplett betreuen ist hier alles möglich. Je nach Patientenzahl fiel eine Pause leider auch manchmal aus.
Sehr genossen habe ich die kaum vorhandenen Hirarchien, sicher auch durch das allgemeine Duzen selbst mit dem Chefarzt, den freundlichen und höflichen Umgangston, die Tiefenentspanntheit (allgemein in der Schweiz), die täglichen Fortbildungen (zweimal wöchentlich ausführliche Röntgendemo, und je einmal wöchentlich eine Oberarztfragestunde, eine Endokrino- oder Neurofortbildung und ein Journal Club), die Bereitschaft, sehr viel und sehr genau zu erklären, wann immer man Fragen hatte (und das ging von den Assistenzärzten bis zum Chefarzt und den einzelnen Fachärzten durch) und die Eigenverantwortung zusammen mit dem Gefühl, gerade wirklich etwas sinnvolles zu leisten. In der Notaufnahme habe ich manchmal schon mit Überforderung gekämpft, aber umso mehr gelernt. Und in Entscheidungen ist man wirklich nicht allein, sondern bespricht Untersuchungsergebnisse, Verdachtsdiagnosen und Procedere immer mit Assistenz- und Oberärzten rück.
Die Gesamtorganisation ist ebenfalls tip top: Allein die Bewerbung (bei mir 1.5 Jahre vorher) musste ich selbst übernehmen, Aufenthaltserlaubnis, Steuern, Unterkunft, Diensttelefon, Schlüssel, PC Zugang etc. war alles reibunslos vorbereitet.
Negativ, vor allem in der Inneren, ist leider das Pickett, also Rufdienstsystem: Auch in der Medizin ist man verpflichtet, bis zu 4 Nachtdienste und ein Wochenende OP Rufdienst pro Monat zu übernehmen. Die Dienste variieren natürlich von gar keine OPs bis zu durchwachten Nächten, als Kompensation erhält man pro Nacht einen halben und pro Tag einen Tag frei. Als nicht Chirurgie Begeisterte fand ich das ziemlich belastend.
Das städtische Wohnheim mit bunter Mischung aus Arbeitern aller Branchen, Geflüchteten und Spitalangestellten ist direkt nebem dem Spital. Die Zimmer sind klein, funktional, etwas alt, aber sauber. Die Gemeinschaftsräume werden fast täglich geputzt, in meinem Turnus waren wir drei bis vier PJler dort.
Wil ist ein kleines Städtchen mit niedlicher Altstatt, leider etwas begrenzten Möglichkeiten, aber guter Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel für Wanderungen in den Schweizer Bergen oder Städteausflüge ins Umland. Ich habe dort einen Chor und einen Sportverein für die Zeit gefunden, was mir mega gut getan hat - aber das sei jedem selbst überlassen.