Leider sollte sich bewahrheiten, was ich in den letzten Berichten zum USB gelesen hatte.
Plastische Chirurgie:
Contra: Man wird als Unterassistent als Ersatz-Assistent in unterbesetzten Teams angesehen und muss alles auf Station wegarbeiten (Verlaufseinträge bei Visite, gleichzeitig Verbandswechsel durchführen, gleichzeitig Konsile und Untersuchungen anmelden, Reha anmelden, etc; danach EOTs und ETs statussen, vorbereiten, aufnehmen, entlassen, Berichte schreiben, Rezepte und Physiorezept ausstellen, Hausärzte anrufen, Versicherungen anrufen uvm).
Gleich vom ersten Tag an wird man mit Aufgaben betraut, die man noch nie zuvor gezeigt oder erklärt bekommen hat; zwar gibt es am Anfang einen Einführungstag, bei dem man auch eine Fortbildung zu den Computerprogrammen erhält, da es aber ein reines Zuhörseminar ist, kann man hinterher leider trotzdem nicht mit den Programmen umgehen und muss sich mühsam selbst einarbeiten. Selbst hierbei wird man bei Rückfragen von den Assistenzärzten schroff angeblöfft, statt dass sie einem helfen und die Arbeit dann zügiger erledigt werden könnte. Manchmal muss man auch die gesamte Station alleine schmeißen, während die Assistenzärzte im OP sind. Die Stimmung unter den Assistenzärzten ist auch unterirdisch: sie kämpfen um OPs, um Anerkennung von den Oberärzten und schenken sich gegenseitig nichts; von Kollegialität keine Spur, im Gegenteil: wer zu nett ist, bekommt am meisten Kritik entgegengeschmettert ("kann sich nicht durchsetzen, kann keine Verantwortung abgeben, ist viel zu unsicher"). Selbst die Pflege hat einen sehr imperativen Ton drauf, "Bitte" und "Danke" sind im Schweizer Vokabular nicht vorhanden und es gibt sogar Ärger, wenn man den Kaffeebecher in den falschen (weil zu kleinen) Abfalleimer wirft.
OPs: Es wurde zwar immer gesagt, dass wir im OP gerne gesehen wären, jedoch wurde dann trotzdem noch erwartet, dass man davor oder danach noch die Stationsarbeit erledigt, sodass wir es dann meist vorgezogen haben, nicht in den OP zu gehen, damit wir nicht noch später als 19Uhr aus der Klinik kommen. Wenn man aber an guten Tagen doch in den OP konnte, war es meist auch gut und es gab auch Oberärzte (oder insbesondere auch der Chefarzt), die einem gerne auch mal was erklärt haben. Wir hatten manchmal das Gefühl, dass der Chefarzt um die Querelen in seinem Team nicht ganz Bescheid wusste. Als Unterassistenten wollten wir uns an dieser Stelle aber lieber raushalten.
Pro: Man wird zwar ins kalte Wasser geschmissen, was Stationsarbeit angeht, das sollte mir aber in meinen Folgetertialen unerwarteterweise tatsächlich noch zum Vorteil gereichen.
Orthopädie:
Ortho ist nicht gleich Trauma. Das Team besteht aus sehr vielen deutschen Ärzten, der Umgangston ist deutlich angenehmer und man bekommt deutlich mehr Wertschätzung entgegengebracht. Im Op sind Fragen gern gesehen, Mitarbeit wird erwartet, Mehrarbeit wird geschätzt und man kann im Gegenzug sehr viel lernen. Man ist vorwiegend im Knie-Team eingeteilt, das dreimal die Woche im Bethesda-Spital operiert/Sprechstunden abhält. Man bekommt hierzu einen eigenen Badge, den man aufladen kann, um in der Kantine zu essen (Achtung, noch teurer als im USB!). Man kann aber ohne Probleme auch mal in den anderen Teams mitlaufen, wenn man das vorher mit den Verantwortlichen abspricht.
In den Sprechstunden muss man Patienten anschauen, sie einem Oberarzt vorstellen und danach den Bericht diktieren - letzteres habe ich bis zum Schluss gehasst, weil man einfach nicht die Formulierungen parat hat, was nur eine Routine mit sich bringen würde. Dafür ist man aber wiederum zu kurz da, um sich das angemessen anzueignen. Patienten müssen auch hier vorbereitet werden (sind aber deutlich weniger als in der Plastischen), RX müssen angemeldet werden etc.
Jeden Tag um 7:15Uhr ist Rapport, am besten man ist aber schon um 7Uhr auf Station und folgt den Weißkitteln dann in den Rapportraum, der im Klinikum 2 ist und man verläuft sich am Anfang doch ganz gerne mal.
Zwei von vier UAs der Notaufnahme bzw. Ortho/Trauma-Rotation haben jeden Monat einmal die Möglichkeit an einem 3-tägigen ATLS-Kurs als Zuhörer teilzunehmen. Dieser Kurs ist aber nach Angaben der Sekretärin Schweizer Studenten vorbehalten, d.h. als deutsche UA wird man erst zuletzt gefragt, ob man teilnehmen möchte, und nur, wenn ein Schweizer den Platz nicht antreten möchte. Im Kurs selbst wird man angehalten keine Fragen zu stellen, um den Kursablauf für die "richtigen" Teilnehmer nicht zu stören, ebenso wird man in den praktischen Kursen nur ganz zum Schluss miteingebenden, wenn noch Zeit und Material übrig sein sollte. Wenn ein Schauspielpatient benötigt wird, wird erwartet, dass der Auditor diese Rolle übernimmt, genauso am Ende des Kurses, wo man zur Prüfung der Teilnehmer ebenfalls für diese Rollen geschminkt wird. Zweimal am Tag sind Gebäck und Kaffee frei, das Mittagessen muss man in der USB-Mensa wie jeden Tag selbst bezahlen (Kostenpunkt: zw. 10-16CHF pro Menü, ohne Getränk und Dessert). Man bekommt am Ende dann eine Teilnahmebescheinigung als Auditor.
Grundsätzlich ist der Kurs aber sehr zu empfehlen, vor allem für alle Notfallmedizin-Interessierten.
Zusammenfassend kann ich ein Tertial in der Schweiz nicht weiterempfehlen, die Lebenshaltungskosten überstiegen den Verdienst bei weitem, wodurch man finanziell auch keinen Vorteil hat. Ich bin zb nicht ein einziges Mal Kaffeetrinken oder auswärts essen gewesen, weil es auch einfach zu teuer war. Die Stimmung unter den Unterassistenten war dafür aber sehr gut. Wir haben uns dann (auch aus Kostengründen) ab und an im Personalwohnheim getroffen oder auch mal ausnahmsweise mit dem Auto eines Kollegen einen Ausflug in eine andere Stadt gemacht und die Kosten geteilt (was deutlich überschaubarer war). (Gemeinsame) Ausflüge zum Einkaufen nach Deutschland waren meist aber das Wochenhighlight...
Man lernt auf jeden Fall (effektiv) zu arbeiten dort, aber diese Form der (überdurchschnittlich hohen) Arbeitsbelastung ohne finanziellen Vorteil war für mich leider nichts.
Thema Pikettdienste: Diese wurden am Ende jeden Monats von Frau Blattner vergeben. Fairness hinsichtlich des Planes sah übrigens leider auch anders aus. So wurde willkürlich eine Anzahl an Diensten verteilt: Manche hatten 2 pro Monat, manche 4, manche hatten dabei zb 3 Wochenenddienste, manche nur gesamt zwei unter der Woche im ganzen Monat. Diese werden nicht bezahlt. Es ist im Übrigen nicht gestattet den Dienst zu kompensieren am nächsten Tag, außer man hat zwischen 23Uhr und 6Uhr morgens länger als 4 Stunden (am Stück!) im OP gestanden. Das hieß konkret: Hat man von 23-2Uhr oder zb. von 1Uhr bis 4Uhr im OP gestanden, musste man trotzdem (ohne Freizeitausgleich an einem anderen Tag zb) am nächsten Tag wieder pünktlich um 7Uhr zum Dienst auf Station erscheinen.
Dienste tauschen aus (allerdings nur wichtigem!) Grund (zb Beerdigung) war nach Absprache mit Frau Blattner und den Unterassistenten aber auch mal möglich.
Bewerbung
2-3 Jahre im Voraus über Frau Blattner, wäre jedoch auch kurzfristiger möglich gewesen, da viele kurz vorher wieder abgesprungen sind.