Das Chirurgie-Tertial in Traunstein zu absolvieren ist empfehlenswert! Alle vier Wochen rotiert man in einen anderen Bereich: 4 Wochen unfallchirurgische Notaufnahme und 12 stationär/im OP (je vier Wochen Unfallchirurgie, Viszeralchirurgie, Gefäßchirurgie). Das Klinikum ist ein regionales Traumazentrum und generell insgesamt sehr breit aufgestellt. Und der Standort könnte aus freizeittechnischer Sicht besser nicht sein 😉
Für viele organisatorischen Dinge (Zimmer im Personalwohnheim (schön!), Bescheinigung, Fortbildungen, Krankheitstage,…) hat man als PJler eine feste Ansprechpartnerin; diese ist sehr engagiert, aber auch ein bisschen streng. Durch die Größe des Hauses gibt es relativ viele PJler, was einem auf Station nicht auffällt, weil sich die Studenten natürlich gut verteilen. Ein positiver Nebeneffekt ist aber, dass es einen gut gefüllten PJ-Fortbildungsplan gibt, der auch so gut es geht eingehalten wird (mindestens 1 FoBi pro Tag, manchmal 3 FoBis pro Tag). Fach-eigene PJ-FoBis sind Pflicht, auf fachfremde FoBis (Innere, Anästhesie, Radiologie (eine super Dozentin!)) hat man als PJler theoretisch Anspruch. Man könnte sich also, wenn man möchte, von der Stationsarbeit „abmelden“ und zur FoBi gehen (was natürlich nicht gut ankommt, wenn viel los ist. Muss man also abwägen). Die Stimmung im Haus ist insgesamt gut, man hat das Gefühl, dass die Menschen recht ausgeglichen sind (wegen der schönen Umgebung und zahlreichen Freizeitangebote?). Daneben war aber oft ein Ärztemangel zu spüren, mit dementsprechender Arbeitsbelastung für die einzelnen. Unter den PJlern war die Stimmung gut. Wir Chirurgie-PJler haben und auch untereinander mal aus langen OPs rausgelöst, damit der Hakenhalter um 16:00 Uhr mal endlich Mittagessen gehen konnte. Unterm Strich war Mittag machen aber meistens möglich.
Die meisten Ärzte haben die Arbeit der PJler hoch geschätzt und sich am Ende des Abschnittes auch bedankt, vor allem in der Viszeral- und Unfallchirurgie.
NOTAUFNAHME: Die Zeit in der Notaufnahme war für mich die lehrreichste und hat auch am meisten Spaß gemacht. Das Team ist relativ jung, aber keine Anfänger. Wenn nur 1 PJler für die NA eingeteilt ist, geht der Tag von 8:00 bis 16:30 Uhr; wenn mehrere PJler da sind, sollte man sich aufteilen. Da sind die Ärzte relativ flexibel und lassen uns selbstständig machen (bspw. einer von 8-16 und einer von 14-22 Uhr). Die Zusammenarbeit mit den Ärzten dort war super. Nach Einarbeitung durfte man Patienten selbstständig betreuen und den Assistenten anschließend Meldung machen, gleich mit Vorschlägen bzgl. Diagnostik und Procedere.
STATIONEN / OP: Auf den chirurgischen Stationen sah der Arbeitsalltag unterschiedlich aus, auch Arbeitsbeginn schwankt zwischen 7:00 Uhr und 7:30 Uhr: Patienten aufnehmen, Visite, im OP assistieren, teilweise auch als 1. Assistenz, einzelne Nadeln legen oder einzelne Blutentnahmen machen. Blutentnahmen halten sich sehr in Grenzen, da das Haus einen „Blutentnahmedienst“ hat, der viel wegarbeitet - ausgesprochen erfreulich und eine tolle Entlastung. Wenn nichts spezielles anstand, konnte man ein bisschen im OP herumschauen, in die Notaufnahme gucken, zu den PJ-Fortbildungen oder auch mal früher heimgehen.
UCH: Die Unfallchirurgen sind durch die Bank alle nett. Als ich dort war gab es einen Chefwechsel, der „alte“ ging in Rente, ein „neuer“ aus Erlangen kam. Dieser war am Anfang einfach sehr beschäftigt mit dem Kennenlernen der Strukturen, des Personals etc. Da hatte er die PJler nicht so auf dem Schirm. Ich habe ihn einmal gefragt, ob ich einen Tag mit in seine Sprechstunde kommen kann, er hatte nichts dagegen. Als ich mich am Ende des PJ-Abschnitts verabschiedet habe, hat er sich in der großen Morgenbesprechung explizit bei mir für die Unterstützung bedankt. Das ist leider nicht überall selbstverständlich; ich empfand es als sehr wertschätzend und positiv.
GCH: In der Gefäßchirurgie steht man die allermeiste Zeit im OP. Diese können teilweise sehr lange dauern. Die Ärzte sind aber ausgesprochen freundlich und es herrscht eine recht lockere Atmosphäre am Tisch, auch bei den OberärztInnen und auch bei der Pflege. Mir wurde bspw. mal ein Nimm-2-Bonbon unter den Mundschutz gesteckt, nachdem wir schon 6 h am Tisch standen. Leider wurde es nach einiger Zeit einfach etwas langweilig, weil sich die meisten OPs zum x-ten Mal wiederholten und der Lerneffekt irgendwann nicht mehr besonders groß war.
ACH: In der Viszeralchirurgie kann man viel mit in den OP gehen und viele unterschiedliche OPs sehen, darauf legt der Chef auch viel Wert. Allerdings ging es hier teilweise etwas rauer zu, sowas kannte ich bisher eigentlich nur von den Unfallchirurgen (die hier im Haus alles er brave Schäfchen sind;)). Denn einer der Oberärzte ist relativ ruppig. Ich persönlich kam zwar gut mit ihm klar, aber eine PJ-Kollegin hatte fast schon Angst vor ihm. Man darf sich von ihm nicht verunsichern lassen. Manchmal haut er unangemessene Sprüche raus (einem PJler wurden vom Hakenhalten die Arme schwer und hat gefragt, ob er kurz mal ablegen dürfe. Antwort: „erzählen Sie beim nächsten Date ihrer Kandidatin, dass Sie im OP geheult haben!“). Auch ich kam mir am OP-Tisch einmal vor wie der größte Depp, als er – mal wieder – geschimpft hat wie ein Rohrspatz. Ich war 1. Assistenz bei einer Laparoskopie, musste also die Kamera führen und man konnte es ihm nicht recht machen; er riss mir die Kamera aus der Hand positionierte sie neu und schimpfte unentwegt über Gott und die Welt. Irgendwann habe ich gesagt „Herr Dr. X, ich gebe mir Mühe, ich möchte Sie keinesfalls ärgern oder die Kamera absichtlich nicht zu Ihrer Zufriedenheit führen…“. Da sagte er: „SIE MACHEN DAS GUT!!! SIE KÖNNEN NICHTS FÜR DIESEN SCH*** SITUS!“ - und zwar in einem Ton, der einem Donnergrollen gleicht :´D also alles nicht auf PJler bezogen 😉 einfach cool bleiben und ihn schimpfen lassen. Er ist ein brillanter Operateur, man kann viel von ihm lernen. Wenn er gut drauf ist, fragt er bisschen aus und wenn man gute Antworten gibt, dann zeigt er Anerkennung und freut sich. Wir haben uns am Ende sehr gut verstanden. Die anderen Oberärzte, die Assistenten und der Chef sind relativ entspannt und wirklich nett. Ein Oberarzt, der viel Proktologie macht, operiert auch viel im ambulanten OP Zentrum, das ans Klinikum angeschlossen ist. Ich habe ihn einfach mal begleitet und kann das auch empfehlen! Man sieht viele verschiedene Eingriffe in relativ kurzer Zeit und er erklärt viel und man darf assistieren.
Notarzt mitfahren ist möglich.
Freizeittechnisch gesehen ist Traunstein natürlich sehr empfehlenswert: Chiemsee, Berge, Salzburg – alles nicht weit! Und das Städtchen Traunstein selbst hat auch viel zu bieten! Einige von uns PJlern haben im Personalwohnheim gewohnt, das war auch immer sehr gesellig. Wir sind oft zusammen in die Stadt gelaufen, haben was getrunken oder gegessen und haben auch andere Freizeitaktivitäten gemeinsam unternommen.
Bezahlung: 350 € im Monat. Essen in der Mensa muss man selbst bezahlen, bekommt allerdings Personalrabatt. Kleidung und Spind wird gestellt. Ein festes eigenes Telefon gibt es nicht, eventuell teilweise auf Station.
Als positiv empfand ich, dass es einen festen Rotationsplan gibt, so lernt man alle Fachbereiche einmal kennen. Chirurgie-PJ in Traunstein? Würde ich wieder machen!