Allgemein:
Das Kantonsspital ist ein ziemlich großes Zentrumsspital was es trotz seiner Größe geschafft hat ein familiäres Miteinander zu schaffen. Die Kollegen sind durch alle Schichten hinweg sehr freundlich und auf Lehre und Weiterbildung wir hier viel Wert gelegt. Mehrmals pro Woche finden Weiterbildungen zu Infektiologie, Kardiologie, aktuellen Studien, Vorstellungen interessanter Fälle und Vorträge zu spezifischen Themen statt, an denen alle ärztlichen Kollegen teilnehmen können und vom PJler bis zum Chefarzt jeder mitdiskutieren kann. Die Hierarchien sind im Vergleich zu vielen deutschen Kliniken flach und ihr habt als Unterassistent mehr Ansehen als ein PJler in Deutschland.
St. Gallen hat eine sehr schöne Altstadt, ein paar coole Bars, durch die kleine Universität auch ein abwechslungsreiches Sportangebot und im Sommer den Bodensee und das nahegelegene Appenzell als ideale Ausflugsziele. Ehrlicherweise habt ihr aber in der Woche nicht wirklich viel Zeit für Freizeit etc. Für längere Aufenthalte vor allem in den warmen Monaten lohnt es sich sicher ein gebrauchtes Fahrrad. Im Winter seid ihr in weniger als einer Stunde im nächsten Skigebiet.
Rheumatologie:
Die Rheumatologie ist zwar eine relativ kleine Station aber sehr abwechslungsreich. Mindestens 2 Betten sind stets pneumologisch belegt und die restlichen 10 (?) Betten sind eigentlich ein wilder Mix aus allen internistischen Fachrichtungen. D.h. neben sehr interessanten rheumatologischen Krankheitsbildern wie Systemische Sklerose, Granulomatöse Polyangiitis, Dermatomyositis etc. habe ich auch Gastrointestinale Blutungen, Perikardergüsse, Synkopen, Endokarditis etc. erlebt. Durch die Größe der Station gab es zwar seltener Patientenaufnahmen zu erledigen als auf anderen Stationen (ca. 1/Tag), diese waren dann jedoch meist kniffliger und umfangreicher als auf anderen Stationen.
Alltag: Der ganze Vormittag wurde meist durch die Visite beansprucht. Dabei lauft ihr mit und je nach Assistenzarzt und eigenem Engagement bereitet ihr eigene Patienten vor und visitiert sie soweit wie möglich selbst (ich hatte am Ende i.d.R. 2), verfasst danach Verlaufseinträge zu Patienten, ordnet Untersuchungen an und tätigt dringende Telefonate. Danach gibt’s Mittagspause. Nachmittag wird werden dann neue Patienten aufgenommen, Telefonate getätigt, Eintritte/Verlaufseinträge und Austritte verfasst, vieles nochmal mit Oberarzt und Pflege besprochen und Untersuchungen gemacht bzw. angeordnet. Zwischendurch blieb mir jedoch immer genug Zeit zum Selbststudium oder Fragenstellen an Assistenz und Oberarzt.
Stehen und fallen tut eine Station meines Erachtens sowieso mit dem Assistenzarzt und ich hatte bei meinen beiden wirklich Glück. Beide haben mich sehr gefordert und waren immer bereit Fragen zu klären. Auch Ober- und Chefärzte waren sehr nett und die Visiten deswegen trotz der zeitlichen Länge spannend und angenehm. Abgesehen davon lohnt sich meiner Meinung nach aber schon allein auf Grund des spannenden Patientenguts die Rheumatologie.
Gastroenterlogie:
Diese Station ist mit ca. 24 Patienten recht groß und wird von 2 Assistenzärzten übernommen. D.h. einen Überblick über den Stand der Dinge bei allen Patienten zu haben ist eigentlich unmöglich und ihr habt am Tag mehr Aufnahmen (1-4/Tag). Bei vielen Aufnahmen seid ihr gezwungen diese auch vormittags während der Visite zu machen und könnt deshalb nicht immer mitlaufen. Sonst stehen noch sehr viele Aufklärungen für Gastro/Koloskopie, Aszitespunktion, ERCP etc. an. Auch hier klappt stets das gemeinsame Mittagessen und nachmittags heißt es Eintrittsberichte diktieren und Verordnungen vorbereiten. Eigene Patienten zu betreuen war hier für mich sehr schwierig, weil mit Eintritten, Aufklärungen etc. mehr zu tun ist und dadurch fiel auch das Austrittsbericht verfassen weg. Wenn ihr Lust habt dürft ihr auch bei den Untersuchungen wie Kolo/Gastro/ERCP dabei sein, wenn ihr vorher kurz Fragt und es zeitlich passt. Das Patientengut ist auch hier interessant, wenn auch weniger abwechslungsreich. Bereitet euch auf Pankreatiden, Leberzirrhosen, Pankreas-Ca's, Polypen und GI Blutungen vor.
Notaufnahme:
Mein persönliches Highlight. Hier habt ihr immer 12 Stunden Tage von 10-22 Uhr, dürft maximal 5 Tage am Stück arbeiten und teilt euch einen Monat mit einem anderen PJler. Das heißt ihr arbeitet insgesamt nur 15 Tage in diesem Monat und habt zwischendrin immer mal 5 Tage frei wenn ihr das wollt, die Station muss nur immer besetzt sein. Die Innere Abteilung ist stets mit einem Oberarzt, 2 Assistenzärzten und einem PJler besetzt. Auf der Notaufnahme konnte ich schnell sehr selbstständig arbeiten, Patienten aufnehmen, untersuchen und dann mit Assistenzarzt oder direkt mit dem Oberarzt das weitere Procedere bezüglich weiterer Diagnostik/Therapie etc. besprechen und ersteinmal eigene Vorschläge unterbreiten. Gerade wenn viel zu tun sein sollte und die Notaufnahme zum bersten gefüllt ist, könnt ihr hier wirklich helfen und viel Arbeit abnehmen. In der Woche nach 15 Uhr und am Wochenende bereitet ihr hier auch schon mal die Verordnungen für die Station vor und schreibt Konsultations-/Verlegungs bzw. Aufnahmeberichte. Außerdem konnte ich des öfteren im Schockraum und wenn zeitlich nicht viel los war auch bei Notfallgastroskopien und Herzkatheteruntersuchungen mit dabei sein.
Insgesamt war meine Zeit in der Notaufnahme zwar ziemlich anstrengend aber auch extrem lehrreich! Für mich war es spannendes ärztliches Arbeiten und ich habe es sehr geschätzt mit einem so tollen Team zusammenarbeiten zu dürfen.
Fazit: Innere Tertial war öfters anstrengend aber ich habe in keinem anderen Tertial so viel gelernt! Klare Empfehlung meinerseits
Bewerbung
Ich habe mich ca. ein halbes Jahr im Voraus beworben und hab sehr unkompliziert einen Platz bekommen. Erfahrungsgemäß lohnt es sich relativ kurzfristig und spontan an vielen schweizer Spitälern noch einmal nach einer Stelle zu fragen, meist wird da noch etwas frei. Generell ist alles ums Bewerben und einarbeiten sehr gut organisiert. Einen Platz im Mitarbeiterwohnheim kriegt ihr ohne Probleme und könnt hier für schweizer Verhältnisse günstig wohnen.