Ein PJ in Brasilien war schon lange mein Traum gewesen und die Zeit in Botucatu, etwas abseits der grossen – und auch recht gefährlichen – Metropolen erschien mir als genau das Richtige. Also gesagt - getan: Nach Ankunft in São Paulo ging es mit dem Bus gottseidank reibungslos weiter nach Botucatu. Dort wurde ich von einem Mitarbeiter des International Office bereits erwartet, der mir beim Einzug in meine neue Bleibe, die aus einem Zimmer mit Schrank und Bett mit angeschlossenem kleinen Duschbad und winziger Küche bestand, half. Die Unterkunft war für die zwei Monate mehr als in Ordnung.
Am nächsten Tag ging es dann richtig los. Mein Weg zur Arbeit dauerte mit dem Taxi etwa 15 Minuten. Das Krankenhaus ist am Stadtrand von Botucatu auf dem Campus der medizinischen Fakultät der UNESP gelegen und machte von Anfang an einen sehr guten Eindruck. Das Klinikum hat (fast) alle Fachrichtungen und ist der größte Versorger in einem vergleichbar riesigen Einzugsgebiet – deshalb kommt es unter Umständen auch mal zu langen Schlangen von wartenden Patienten.
Im klinischen Alltag kam ich mit Englisch mit den Ärzten gut zurecht. Da allerdings sprechen nur die wenigsten Patienten Englisch sprechen, halfen mir Studenten der UNESP und die Ärzte meist und übersetzten bereitwillig.
Am Krankenhaus wurde, im Vergleich zu Deutschland, ein viel grösserer Wert auf eine genaue Untersuchung und Anamnese gelegt und deutlich weniger apparative Diagnostik, wie Blutwerte, CT’s, etc. durchgeführt. Ich hatte oft sogar den Eindruck, dass viele Laborwerte, die ich in Deutschland bisher immer mitbestimmt hätte, zu Teil auch garnicht notwendig sind und auch bei der weiteren Behandlung keine Konsequenz gehabt hätten. Dafür konnte ich in der Untersuchung von Patienten immense viel lernen!
Es finden auch täglich viele Operationen in mehreren OP Sälen statt, bei denen ich zwar manchmal nur zusehen durfte, aber auch sehr oft mit assistieren und nähen durfte. Dabei habe ich auch gleich einige Unterschiede bei den Operationstechniken kennen gelernt.
Auf Station durfte ich zusammen mit den brasilianischen Medizinstudenten auch bei den Aufnahmen und der Stationsarbeit, den Verbandswechseln und den Untersuchungen mithelfen. Ich musste auch zweimal einen Patienten ganz genau mit allen Facetten durcharbeiten und den Ärzten auf Station eine halbstündige Falläsentation mit den geltenden deutschen Leitlinien halten. Dabei habe ich dann auch die Unterschiede zwischen der Behandlung in Brasilien und Deutschland detailliert dargeboten, was sehr gut ankam.
Alles in allem hat sich das Tertial mehr als gelohnt und ich war sehr zufrieden mit der Betreuung und dem Kennenlernen des Alltagslebens im Botucatu Hospital.
In der Freizeit kann man sich mit den anderen internationalen Studenten am Krankenhaus zum Erkunden der Stadt zusammenschliessen und auch mal mit den brasilianischen Studenten etwas unternehmen. Es gab unter anderem auch einen Barbecue Abend für die internationalen und brasilianischen Studenten – und in Brasilien heist BBQ dann auch gleich etwas anderes als bei uns zu Hause! Besonders zu empfehlen sind Tagesausflüge in die nähere Umgebung, der sogenannten “Cuesta” mit einer atemberaubenden bergigen Landschaft und Tierwelt, einer Vielzahl von Waserfällen und viel Spass mit den gemieteten Geländewagen ☺. Insgesamt ist der Freizeitwert sehr gut.
Fazit: In meinen 2 Monaten in Botucatu konnte ich nicht nur Land und Leute, sondern auch den Alltag im Krankenhaus gut kennenlernen, habe viele neue Freundschaften geschlossen und eine tolle Umgebung erlebt. Auch die Sicherheit in Botucatu ist ein grosses Plus und ich hatte nirgendwo irgendwelche Probleme als “Gringa” (So werden Ausländerinnen in Brasilien genannt). Somit kann ich ein PJ in Botucatu absolut empfehlen. Viel Spass!
Bewerbung
Die Bewerbung war problemlos im Internet unter https://medopolo.com/de/bewerbung-botucatu-unesp ca. 8 Monate im Vorraus möglich und ich hatte nach 2 Wochen nach Abschicken der Bewerbung (Empfehlungsschreiben und Unbedenklichkeitsbescheinigung der Uni, Lebenslauf, Motivationsschreiben, Foto vom Reisepass, Foto, Anmeldegebühr 300 Reais – siehe Webseite) meine Zusage. Bei der Vorbereitung, Wohnungssuche und Visabeantragung wurde mir auf Anfrage per Email auch immer sehr gut geholfen. Die Visabeantragung war stressfrei und bei der Flugbuchung lohnt es sich, wie ja meist, eine Weile zu suchen um günstige Flüge zu finden.