Das Spitalzentrum Oberwallis Visp stellt ein großes Zentrum der traumatologisch-unfallchirurgischen Versorgung dar. Im Winter werden die Patienten aus zahlreichen Skigebieten der Region, darunter Saas Fee, Zermatt oder Leukerbad, eingeflogen. Das Arbeitsfeld für PJler teilt sich im Großen und Ganzen in die Tätigkeit auf Station und in der Notaufnahme auf.
Auf Station besteht die Aufgabe der PJler in erster Linie darin, neue Patienten vor Operationen aufzunehmen, die Anamnese durchzuführen sowie die zu operierende Seite zu markieren. Außerdem stellen die PJler einen Rufdienst für den OP. Beschränkt man sich nur auf die vorgegebenen Aufgaben, ist die Tätigkeit auf Station relativ stumpf und ähnelt eher der eines medizinischen Sekretärs als der eines Arztes. Tatsächlich ist viel Eigeninitiative gefragt, um von der Arbeit der Ärzte etwas mitzubekommen. So ist der Arbeitsraum der PJler von dem der Assistenzärzte räumlich getrennt, was dazu führen kann, dass man als PJler über den Tag keinen Kontakt zum ärztlichen Personal hat. Es bietet sich deshalb an, morgens die Ärzte auf Visite zu begleiten und sich anschließend zu ihnen in die Arbeitsräume zu setzen. Sehr gute Erfahrungen habe ich auch mit der Sprechstunde der Chefärzte gemacht. Diese erklären einem sehr gerne die verschiedenen Fälle und bieten teilweise sogar eine Vorvisite der Patienten durch den PJler an. Auf Station wird von den PJlern die Anwesenheit im Morgenrapport und Nachmittagsrapport erwartet. Beides ist wenig lehrreich und gleicht eher einem stumpfen Zeitabsitzen.
Im OP besteht die Rolle der PJler darin, Haken zu halten, Hautnähte durchzuführen sowie bei Laparoskopien die Kameraführung zu übernehmen. Es werden in erster Linie unfallchirurgische sowie kleinere Allgemeinchirurgische OPs (Cholezystektomie, Hernien, Appendektomien) durchgeführt. Wer sich chirurgisch breit bilden will, ist hier eher falsch. Vielmehr bietet sich das Tertial für Leute mit einem Interesse an (sehr guter) Unfallchirurgie oder Basischirurgie (Hausärzte, Internisten) an. Die Stimmung im OP ist im Allgemeinen gut, die OP Dauer beschränkt sich meistens auf ein Maximum von drei bis vier Stunden. Unter der Woche stellen die PJler auch nachts einen Pickett-Dienst für den OP. Dieser wird mit einem Kompensationstag belohnt.
Das eigentliche Highlight des Tertials ist in fachlicher Richtung sicher die Arbeit in der Notaufnahme. Diese wird interdisziplinär geführt und bietet Studenten einen breiten Einblick in die Versorgung von Wunden, Frakturen und kleineren Traumata. Polytraumatische Patienten wird man hier in der Regel nicht erleben, da diese zumeist direkt in größere überregionale Zentren geflogen werden. Das Ärzteteam in der Notaufnahme ist sehr gut besetzt, sodass häufig noch Zeit für Erklärungen und Fallbesprechungen bleibt. Mit etwas Glück ist in der Notaufnahme auch der Mitflug im Rettungshelikopter der Air Zermatt möglich, wenn diese nach Übergabe eines Patienten zur Basis zurückkehren.
Fortbildungen:
Anfangs fanden die Fortbildungen im Haus eher unregelmässig statt. In den letzten beiden Monaten etablierten sich dann dienstagnachmittags eine Traumafortbildung sowie eine allgemeine Notfallfortbildung am Mittwoch. Hier hätte man sicher noch mehr machen können. Von Seiten der Assistenzärzte fand einmalig ein Nahtkurs statt.
Freizeit:
Durch das gemeinsame Wohnen auf dem Campus des Krankenhauses entsteht schnell ein gutes Gemeinschaftsgefühl unter den PJlern. Um den Punkt Freizeit kurz zusammenzufassen: Im Bereich des Wintersports wird man wohl kaum ein besseres Tertial als dieses finden. Ob das nun Skifahren, Skitouren, Schlitteln oder Schneeschuhwandern betrifft, die Walliser Wintersportwelt stellt ein absolutes Paradies dafür dar. Bis zu 30 Skitage waren für viele in diesem Tertial keine Seltenheit. Ich kann darüber hinaus eine Sternenführung auf dem Simplonpass, einen Besuch des Schokoladenmuseums Cailler im Gruyère sowie die Therme Brigerbad sehr empfehlen. Auch die zahlreichen Orte entlang des Genfer Sees wie Montreux, Vevey oder Genf stellen tolle Ausflugsziele dar. Mit dem Schnupper Halbtax Pass wird das in der Schweiz recht teure Zugfahren erschwinglich. Die Tour des Glacier Express stellte ein echtes Erlebnis auf Schienen dar. Dank recht großzügiger Kompensationen für Dienste bleibt genügend Zeit für Freizeitunternehmungen.
Bewerbung
Bewerbung und Organisation:
Mit der Organisation habe des PJ Tertials habe ich ca. 2 Jahre vor Antritt des Tertials begonnen. In der Schweiz werden sowohl Praktikums- als auch Assistenzarztstellen mit deutlich mehr zeitlichem Vorlauf vergeben als in Deutschland, dementsprechend lohnt sich hier das frühzeitige Anfragen bei den Spitälern. Auf das Spital Visp bin ich aufgrund seiner ausgezeichneten Bewertungen in den PJ Portalen sowie seiner hervorragenden Lage in einer der aktivsten Skiregionen der Schweiz gestossen. Die Bewerbung erfolgt per Mail an das Sekretariat der Chirurgie, alles weitere wird von der Krankenhausverwaltung in die Wege geleitet. Ich hatte meinen Arbeitsvertrag schon wenige Tage nach der Bewerbung zugeschickt bekommen. In der Schweiz benötigt man für die Tätigkeit im Krankenhaus eine Aufenthaltsbewilligung (Typ L), welche ebenfalls vom Sekretariat der Chirurgie organisiert wird. An Versicherungen ist eine Auslandskrankenversicherung unverzichtbar, da diese von den ortsständigen Behörden auch kontrolliert wird. Bei gesetzlich Krankenversicherten reicht hierfür die einfache Vorlage der europäischen Versicherungskarte.
Unterbringung:
Die Unterbringung erfolgt in den spitaleigenen Personalhäusern, welche alle direkt auf dem Gelände des Spitals liegen. Je nach Zimmergrösse schwanken die Kosten für das Zimmer zwischen 300 und 450 CHF im Monat. Ich persönlich war im Balfrinhaus untergebracht, welches aus 3 Stockwerken mit 3er und 4er WGs besteht. Einmal die Woche fand die Reinigung der Gemeinschaftsküche und des Bads durch eine Putzkraft statt. Da alle PJler auf dem Krankenhausgelände wohnen, entsteht schnell eine tolle Gemeinschaft. Das Ortszentrum von Visp ist ca. 10 min zu Fuss entfernt, Einkäufe können ebenfalls gut zu Fuss erledigt werden.
Lohn und Lebenshaltungskosten:
Die Arbeit im Krankenhaus wurde bei uns mit 1100 CHF pro Monat vergütet. Auch wenn die Lebenshaltungskosten in der Schweiz sicher über dem Niveau von Deutschland liegen, kann man durch die Einkäufe bei Discountern wie Aldi oder Lidl durchaus mit dem Schweizer Gehalt zurechtkommen. Es lohnt sich sehr, den Skipass (Magic Pass oder Oberwalliser Skipass) frühzeitig, am besten bereits im Sommer vor Antritt des Tertials, zu erwerben. Dann beschränken sich bspw. beim Magic Pass die Kosten auf 400 CHF für die gesamte Saison. Das Essen im Krankenhaus ist an den Wochenenden für PJler kostenlos, unter der Woche müssen mit 12 bis 16 CHF pro Gericht gerechnet werden.
Kleidung:
Im Krankenhaus wird Dienstkleidung in Form von Polos, Kitteln und Hosen bereitgestellt. Eigene Kittel müssen nicht mitgebracht werden. Es lohnt sich, sein eigenes Stethoskop sowie eine Pupillenleuchte griffbereit zu haben.