PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Spital Herisau (9/2019 bis 12/2019)
Station(en)
Allgemeinchirurgie, Unfallchirurgie
Einsatzbereiche
Notaufnahme, OP
Heimatuni
Kiel
Kommentar
Mein Tertial in der Chirurgie im Spital Herisau war insgesamt sehr lehrreich, wenn auch nicht immer einfach.
Zuerst muss ich wohl sagen, dass es mir schwer fällt eine neutrale Bewertung zu verfassen, da meine Zeit dort viele Höhen, aber auch Tiefen hatte und ich definitiv nicht an allen Tagen mit der Lehre und Gesamtsituation im Spital zufrieden war.
Allerdings muss man auch dazu sagen, dass ich dort anfangs zu einer Zeit war, in der es an Assistenzärzten in der Chirurgie mangelte und dann im Verlauf eine Umstrukturierung der Stationen im Spital erfolgte.
Man arbeitet als Unterassistent/in 48 Stunden die Woche, hat zudem Rufbereitschaften und auch am Wochenende Dienste, die man dann aber mit freien Tagen unter der Woche kompensieren kann.
Durch den Personalmangel zu Beginn hatten wir die Chance schnell eigenverantwortliches Arbeiten zu erlernen, Aufgaben selbstständig zu erledigen und ein vollwertiges Mitglied im Team zu sein. Natürlich hat man jeder Zeit die Möglichkeit, Rückfrage bei Unsicherheiten zu halten, muss sich allerdings auch daran gewöhnen, dass dies im Vergleich zu deutschen Verhältnisse gar nicht so oft nötig ist. Man arbeitet somit mehr, lernt auch viel Praktisches im Bezug auf Organisation und Arbeitsabläufen, die klassische Lehre kommt so aber leider oft zu kurz.
Zu den Aufgaben der Unterassistenten gehört die Assistenz im OP (oft auch erste Assistenz), die chirurgische Prämeds vorzubereiten und zum Teil Patienten hier auch selbst zu betreuen, Briefe schreiben, Medikamente (nach RS) ansetzen, Diagnostik anmelden, elektive Aufnahmen vorzubereiten und auch Patienten aufzunehmen, Visiten zu begleiten und auszuarbeiten, zum Teil auch eigene Patienten selbstständig zu visitieren, aber auch Statistiken zu führen.
Das operative Spektrum im Haus ist vergleichsweise groß, da viele Belegärzte ihre Patienten dort operieren. So kann man bei Allgemein- und Unfallchirurgischen Eingriffen assistieren, aber bekommt auch Gefäßchirurgie-, Thorax-, HNO-, und Urologische sowie Proktologische OPs zu sehen.
Wenn es die Zeit zulässt, hat man auch die Gelegenheit in den Sprechstunden der Oberärzte mitzulaufen. Fortbildungen finden mindestens zweimal in der Woche statt.
Die Organisation im Spital ist hervorragend. Vom ersten Tag an hat man sein eigenes Telefon, Transponderschlüssel und alle Zugänge zum Orbis etc. funktionieren. Auch der Kontakt im Vorfeld war immer schnell und unkompliziert, die Mietung des Personalwohnheims reibungslos.
Das Spital hat nicht sehr viele Betten und somit ist die Belegschaft überschaubar. Man kennt sich untereinander und die Atmosphäre ist familiär. In der Zeit der Umstrukturierung war die Stimmung allerdings allgemein unter Pflege sowie Ärzten eher angespannt.
Herisau liegt im Kanton Appenzell Ausserrhoden, nicht weit von St. Gallen und dem Bodensee entfernt.
Mit dem Zug ist man schnell im traditionsreichen Umland unterwegs, kann viele wunderschöne Wanderungen erleben oder Städte wie Zürich oder Luzern erkunden.
Man hat die Möglichkeit im Personalwohnheim ein Zimmer günstig zu mieten, mit dem Lohn kommt man ganz gut zurecht, auch wenn die Schweiz teuer ist.
Insgesamt kann ich sagen, dass man in der Schweiz als Unterassistent bzw. PJler eine höhere Arbeitsbelastung mit weniger Freizeit hat, man lernt aber die Realität besser kennen. Die lieben Kollegen und das Team haben vieles erleichtert, als Unterassistenten wurden wir definitiv zusammengeschweißt und in Retrospektive würde ich wahrscheinlich noch einmal in die Schweiz gehen, aber die Erwartungshaltung sollte die Richtige sein.
