Man kann sich aussuchen, ob man zuerst auf die Allgemeinchirurgie möchte oder die Orthopädie und Unfallchirurgie. Eine Rotation ist möglich, aber nur bei ausdrücklichem Wunsch. Ich habe mich für die Allgemeinchirurgie entschieden, war dann die letzten vier Wochen noch auf der Ortho.
Arbeitsbeginn ist in beiden Abteilungen um 7.00 morgens, Feierabend nach der Besprechung um 15.30 Uhr. Wenn man im OP ist und es was längeres gibt, auch mal später.
Auf der Allgemeinchirurgie beginnt man morgens mit einer Visite, Besprechung dann um 7.30 Uhr, danach OP oder Station. Insgesamt ist das Team zu dünn besetzt für die Größe der Station, was für die Ausbildung super ist: man wird als vollwertiges Mitglied behandelt. Man wird offiziell in den OP eingeteilt, i.d.R. als erste Assistenz. Es gibt zwei parallel laufende OPs, OP-Zeit gibt es genug.
Tägliche OPs sind Blinddarm, Galle, Divertikulitis und Abszesse, aber auch eine Menge Onkologie, hauptsächlich Colon. Aber auch Leber und Pancreas, war also auch bei Whipple dabei. Bei den großen OPs ist man dann zweite Assistenz, allerdings nicht einfach Haken-Halter sondern schon wirklich Assistenz. Es gibt viel laparoskopisch, man wird ein richtig professinoeller Kameramann/-frau...
Außerdem gibt es ziemlich viel Gefäßchirurgie, hauptsächlich pAVK mit Bypässen. Und dann auch nicht wenige Amputationen.
Wegen schon angesprochenem Personalmangel war ich sogar bei größeren OPs wie Sigmaresektion und Reanastomosierungen etc erste Assistenz. Man lernt also operativ eine Menge. Man sieht vielleicht nicht ganz so viel spezielle Chirurgie wie in großen Häusern, man darf aber viel machen, alle beantworten Fragen total gerne und auch ausführlich.
Auf der Station kann man auch viel lernen. Es ist zwar eigentlich immer ein Arzt zu wenig da, deswegen muss man auch viel machen. Man wird aber auch nie zu irgendwelchen Arbeiten "abgeschoben". Blutabnehmen ist hauptsächlich Schwestern Aufgabe. Ganz selbstlos ist diese gute Integration nicht - wegen Personalmangel muss man schnell angelernt werden um einzuspringen - habe ich immer wieder die Station alleine führen müssen, vor Weihnachten einmal eine ganze Woche...
In der Ambulanz und Notaufnahme kann man auch immer dazu.
Alles in allem: unglaublich steile Lernkurve in der Allgemeinchirurgie. Super Team, super Chef, super Bedingungen.
In der Orthopädie und Unfallchirurgie ist das Team zwar auch nett und der Chef sehr motiviert, dir was beizubringen. Man wird auch eingeteilt und berücksichtigt usw. Allerdings ist das Spektrum hier sehr schmal. Es ist ein kleines Haus - größere Unfälle und komplizierte Traumen werden nach Dessau gebracht. Operativ 1x am Tag eine Gelenksprothese (Knie oder Hüfte, manchmal Schulter). Dann noch kleinere Frakturen. Stationsarbeit auf der Ortho ist ziemlich langweilig. Außer Briefen und Schmerzmittel gibt es quasi nichts zu tun.
Auch hier erklären alle total gerne und während der OP findet quasi die ganze Zeit Unterricht statt.
Aber insgesamt recht überschaubar. Da waren 4 Wochen fast zu lang.
Mittagessen ist frei. Man bekommt ein Zimmer in der Altstadt gestellt. Außerdem ein Fahrrad geliehen, wenn man das möchte. Und dazu noch 340 € monatlich und drei Studientage im Tertial. Überstunden kann man aufschreiben und abfeiern.
Sachsen Anhalt ist natürlich total ruhig. Im Winter ist NICHTS los. Wenn man kulturell interessiert ist, kann man schon eine Menge machen. In Wittenberg selbst und auch in der Umgebung ist schon sehr viel historisches und kulturelles zu sehen. Und Leipzig und Berlin sind mit dem Zug in 40 Minuten zu erreichen. Aber abends muss man sich schon selbst beschäftigen...
Aber insgesamt echt zu empfehlen, gute Bedingungen, man lernt viel. Wenn man Chirurgisch interessiert ist, echt zu empfehlen!