PJ-Tertial Chirurgie in Unfallkrankenhaus Berlin (9/2019 bis 12/2019)

Station(en)
Unfallchirurgie, Rettungsstelle
Einsatzbereiche
Station, OP, Notaufnahme
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich habe zuvor meine meisten praktischen Erfahrungen in der Chirurgie gesammelt und entsprechend Erfahrungen aus anderen Kliniken. Entsprechend motiviert und optimistisch bin ich in mein chirurgisches Tertial am UKB gestartet. Immerhin ein überregionales Traumazentrum und als BG-Klinik entsprechend weit besser bezahlt, ergo ausgestattet (und auch das Personal besser bezahlt) sowie mit vielen traumatologischen Subdisziplinen. Leider bin ich insgesamt sehr enttäuscht gewesen, primär aufgrund der desolaten Betreuung und der Tatsache, das man als PJler (und insgesamt Studenten) überhaupt nicht im Team integriert und angesehen wird. Diese Erfahrung haben leider auch nahezu alle PJler der anderen Kliniken gemacht. Zu den einzelnen Punkten.

Allgemeines, "Pro":
- gut finanziertes Haus mit entsprechend neuer Infrastruktur. Kleidung und Umkleide waren vorhanden.
- 3,30 Euro tgl. für Mittagessen. Das war immer das billigste Gericht und hat auch leider so geschmeckt. Jeder Cent mehr wurde penibel abgerechnet. Die Mensa war leider erschreckend schlecht.
- am ersten Tag wurde dick aufgefahren und alle PJler den ganzen Tag persönlich vom PJ Verantwortlichen (OA G.S. der Anästhesie) durch das Haus geführt und in entspannter Runde geplaudert. Anschließend wurden wir chirurgischen PJler dem unfallchirurgischen OA und Lehrverantwortlichen (OA P. H.) vorgestellt und dieser hat das in dem Tertial einzige Gespräch mit uns geführt. Guten Eindruck am ersten Tag. Danach nie wieder.
- im genannten Gespräch am ersten Tag wurden die Rotationen mündlich festgelegt, besser gesagt, wer wo anfängt. Es sollen 8 Wochen Unfallchirurgie, 4 Wochen Allgemeinchrirurgie und 4 Wochen Rettungstelle durchlaufen werden. Ab dem zweiten Tag war es aber total egal und hat keinen interessiert, wo man angefangen hat. Also, vollkommen "up to you"... (Unfall, Allgemein, Rücken, Hand, Vebrennung, RTS: man kann hin, wo man will)
- Alltag Unfallchirurgische Station: 06:45 Visiste, 7:50 Rö-Besprechung, dann OP/Station. 14:30 Rö-Besprechung, danach Feierabend oder freiwillig 15:00-16:00 Indikationsbesprechung (alle Pat. für OPs am nächsten Tag in der Ambulanz gemeinsam gesehen. Gute Idee, jedoch Umsetzung: OA Kurzsprechstunde, alle anderen nicken).
- am meisten konnte ich auf der RTS lernen, da man hier erstmals relativ selbstständig arbeiten konnte , Anamnese, Untersuchung, Anordnungen, und dann dem Arzt vorstellen. Jedoch hing es sehr vom Arzt ab. Grob, die Hälfte war nett und interessiert, die andere Hälfte hat klar gemacht, dass sie kein Interesse an Lehre und Studenten hat. Schockraum war regelmäßig belegt und hier konnte man immer dazukommen (falls man es mitbekommt, da keiner von sich aus was sagt). Auch die allgemeinchirurgischen Patienten wurden aufgenommen und dann dem Allgemeinchirurgischen in Abständen übergeben (alle paar Stunden), was das Spektrum entsprechend breit und interessant macht. Beginn RTS erst nach der Rö-Frühbesprechung oder freiwillig 07:00 mit ITS Visite (hier nur kurzes unfallchirurgisches Sehen und von Anästhesisten erklären lassen)
- NEF Hospitation ist mit Vorlauf möglich. Hier OA der RTS kontaktieren.
- Rückenmarkszentrum hat das beste Team und Stimmung. Pat. bleiben lange, entsprechend weniger Stress. Nettes Team. OPs immer möglich (nicht täglich, außer Notfälle natürlich).
- Wer sich für Handchirurgie interessiert, hat hier auch ein super Zentrum mit dem "Handpapst" als Chef. Nur Assistieren ist hier selten möglich.

"Contra":
- Obwohl der Chef sehr auf alte Schule macht und Werte vertritt (dabei wird auch gerne mal eine OA in der Besprechung vor allen anderen sehr konstruktiv zur Sau gemacht), war leider davon im Alltags nichts zu erleben. Er selbst zelebriert sein Haus und "Kind" förmlich (und führt es objektiv auch sicherlich erfolgreich), jedoch spürt man von seinem Kodex im Team herzlich wenig, besser gesagt 0.
- Medizinstudenten sind überhaupt nicht integriert und man muss sich vollkommen selbst um seinen "Alltag" kümmern
- die 1x wöchentlichen Fortbildungen (alle Fächer des Hauses rotierend) fanden zu 70% nicht statt. Meist kamen die Dozenten einfach nicht. Ansonsten eher durchwachsen. Einige wenige Engagierte.
- BEs machen eigentlich die Pflege, übergeben aber alle sofort den PJlern, sobald sie einen entdecken. Jedoch konnte man auch mal direkt in den OP, dann wurde es von der Pflege übernommen.
- Da überhaupt kein genereller Rotationsplan existierte (jeder machte sein Ding), war man mal schnell alleine für 3 unfallchirur. Stationen mit fast 100 Betten als PJler zuständig und wurde von jeder Station mal hier mal da für BEs und Co abgerufen. Keinen der Ärzte hats interessiert
- Das Desinteresser ging soweit, dass PJler teilwesie ganzen Wochen einfach zu Hause blieben (zwischen zwei selbst gelegten "Rotationen") und es ist niemanden aufgefallen. Ziemlich krass und nicht zuletzt assozial wie ich finde - es wird ja vom Haus so mitgemacht.
- Auf Station war nicht viel zu tun. Die Unfallchirurgen waren wochenweise auf Station eingteilt und hatten darauf überhaupt keinen Bock. Und das hat man gespürt. So viel dazu.
- Im OP konnte man fast immer gehen. Hier war das gesamte unfallchirurgische und orthopädische Spektrum zu sehen (mit Ausnahme Tumor, Kinder). OPs alle nagelneu. Teilweise sehr spannende, komplizierte Fälle, daneben täglich Routinefälle. Es lief fast immer ein Saal 24h. Wer also Bock auf Unfallchirurgie nonstop hat und alles andere ziemlich egal ist (weitere Chirurgie, Lehre, Stimmung), der mag hier richtig sein. Je nach OP und Personallage, war erste bis zweite Assistenz möglich.
- Das allgemeinchirurgische Team habe ich aufgrund der Vorberichte gemieden und das war auch besser so. Wenige komplexe onkologische Viszeral-OPs (auch wenn natürlich alle paar Wochen ein Whipple und 5x im Jahr Ösophahus-CA für das Ego sein muss; was auch immer im Ergebnis rauskommt). Eher klassische Allgemeinchirurgie und Notfall (Polytrauma, Laparotomie, jedoch nicht häufig). Stimmung war hier katastrophal. OA brüllen auch gerne mal in der RTS.

Fazit: Wer Lust hat auf Hämmern, Bohren, Meißeln, Schrauben und das zu jeder Uhrzeit, ist hier sicherlich gut aufgehoben. Wer jedoch nach 5 Jahren Medizinstidum Interesse an auch nur minimaler Ausbildung hat, um nur etwas später selbst als Arzt zu arbeiten und entsprechend einen Umgang auf Augenhöhe, Kollegialität und Freundlichkeit (bzw. überhaupt Kommunikation) sucht, der sollte das UKB eher meiden.

Zuletzt: ich bin sehr chirurgisch interessiert gewesen (und auch immer noch) und habe auch Engagement eingebracht (mit dem ich zuvor und ich allen anderen Tertialen durchweg positive und tolle Erfahrungen machen konnte), so dass ich mir erlaube, diese insgesamt sehr negative Erfahrungen an der Klinik auszumachen. Mit dieser Einsicht war ich auch nicht der einzige PJler. Auch wenn die ganzen Dokus natürlich den Held im UKB sehen (hierfür gibt es eine sehr engagierte Pressesprecherin...).

In diesen Sinne: "Röntgenschürze über, Klappe zu, Bein oder Haken halten und damit viel Spaß im UKB"
Bewerbung
über das PJ Portal
Unterricht
1x / Woche
Inhalte
Sonst. Fortbildung
Tätigkeiten
Mitoperieren
Blut abnehmen
Briefe schreiben
Braunülen legen
Notaufnahme
Eigene Patienten betreuen
Untersuchungen anmelden
Chirurgische Wundversorgung
Patienten untersuchen
Röntgenbesprechung
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
1x / Woche frei
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich

Noten

Team/Station
4
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
5
Klinik insgesamt
4
Unterricht
6
Betreuung
5
Freizeit
2
Station / Einrichtung
2
Gesamtnote
4

Durchschnitt 3.87