Vom Größenwahn in Ostsachsen, abenteuerlichen Hausbesuchen und blauem Dunst im Raucherraum der geschützten Station...
Mit 185 stationären Betten, einer Tagesklinik und einem umfangreichen Leistungsspektrum bietet das Sächsische Krankenhaus Arnsdorf gute Voraussetzungen für jeden, der sich während des "Praktischen Jahres" für Psychiatrie und Psychotherapie interessiert. Die Schwerpunkte auf den verschiedenen Stationen sind die Behandlung von affektiven Störungen, Schizophrenien, Suchterkrankungen, akuten Psychosen und gerontopsychiatrischen Erkrankungen. Auf dem sehr schönen, grünen Gelände mit mehreren Gebäuden im Pavillonstil befindet sich außerdem eine Klinik für Neurologie, eine Klinik für Forensik, sowie die Kinder und Jugendpsychiatrie.
Besonders das großartige, heterogene Kollegium von jungen Ärztinnen und Ärzten, welche auf meine persönlichen Interessen eingingen, machten das Haus für mich zu einer guten Wahl. Während des universitären Abschnittes des Studiums war es für mich häufig schwer die Krankheitsbilder und Therapieansätze zu fassen, welche der "psychiatrische Patient" und die Psychopharmakotherapie mitbringen. Einen Einblick in die Praxis erhalten zu haben, hat definitiv meinen Blick auch für andere Fachbereiche der Medizin erweitert. Speziell die Eindrücke der Akutpsychiatrie und Suchtmedizin waren für mich auch persönlich wertvoll.
Die ersten Wochen half ich auf der geschlossenen Station. Diese Tage bedeuteten sicherlich erst einmal ankommen, sich ins Boot setzen und die neuen Eindrücke verarbeiten. Man sollte keine Scheu vor Menschen mitbringen, da sich hier mitunter die Ereignisse überschlagen und die Patienten einem an den Fersen "kleben"... Dank eines versierten, tollen Pflegeteams, der Leitung des flippigen Oberarztes und einer erfahrenen Assistenzärztin habe ich die Station jedoch schnell lieb gewinnen können. Hier hat man als Student die Möglichkeit neben den morgendlichen Blutabnahmen, den psychopathologischen Befund zu üben, seine eigenen Patienten aufzunehmen und vor allem viele Krankheitsbilder in Reinform zu sehen.
Die nächsten Wochen verbrachte ich auf einer geschlossenen Station für Suchterkrankte. Hier kam ich das erste Mal mit verhaltenstherapeutischer Psychotherapie in Berührung. Vor Ort arbeiten zwei Psychologen/-innen . Die Station hatte ein wenig Jugendclub-Atmosphäre. Schon früh begrüßte der Geruch des Raucherraumes. Mit den Patienten kann man gemeinsam ebenso Tischtennis spielen, oder in die Turnhalle der Forensik gehen, als auch sich in der Gruppentherapie einbringen . Hier wurden mir auch Möglichkeiten zum Selbststudium gegeben.
Die letzten Wochen war ich auf eigenen Wunsch auf der Station für Depressionen und Persönlichkeitsstörungen zugeteilt. Durch das besondere Engagement für die Lehre des dort zuständigen Assistenzarztes waren diese Tage noch einmal besonders interessant. Arnsdorf bietet seinen Ärzten/-innen Freiräume in der Gestaltung und Schwerpunktsetzung ihrer Ausbildung. Sodass ich hier zusätzlich Einblicke in psychoanalytische Methodik erhielt.
Der Arbeitsbeginn war fast human gegen acht Uhr. PJ Unterricht fand einmal wöchentlich in eins zu eins Betreuung statt. Die Oberärzte/-Ärztinnen unterrichteten abwechselnd zu einem psychiatrischen Thema. Das Mittagessen vor Ort war sicherlich nicht "Nouvelle Cuisine", aber für Studierende kostenlos. Die Kollegen achteten darauf, dass die Pausenzeiten eingehalten wurden und das Team gemeinsam essen ging. Fortbildungen gab es einmal in der Woche für alle Assistenzärzte/-innen vom Chef persönlich. Am letzten Tag führte ein Hausbesuch sogar bis ins abgelegene Herrnhut .. In Arnsdorf ist sicherlich nicht alles perfekt und neu. Dank engagierten Mitarbeitern/ innen aber ein kleiner, ländlicher Geheimtipp vor den Toren der Stadt Dresden.