Mein Tertial in Thusis war wirklich mit Abstand das beste Tertial im PJ - und das, obwohl ich nicht in der Chirurgie anfangen möchte und mich das Fach nicht sonderlich interessiert. Man wird absolut ins Team eingebunden, man kennt jeden Mitarbeiter/Arzt/Pflege/Kantinenpersonal etc. i.d.R. mit Namen. Am ersten Tag bekommt man eine Führung durch's Haus und lernt jeden persönlich kennen. Das Haus ist sehr klein und familiär, was den besonderen Reiz ausmacht. Mit fast allen duzt man sich und die Hierarchien sind sehr flach.
Unterassistenten in der Schweiz sind mehr als PJler in Deutschland - man hat wirklich feste Aufgaben und wird auch im Team gebraucht. Daher arbeitet man auch ab und zu am Wochenende und hat sogenannte Pickettdienste, in denen man abends bei Bedarf im OP aushelfen muss oder arbeitet auch im Spätdienst in der Notaufnahme. Dann sieht man alle Patienten, nicht nur die chirurgischen, sondern auch internistische etc. Das sollte man nur bedenken, wenn man sich über Weihnachten bewirbt (es kann gut sein, dass man dann Dienst hat und nicht frei!). Das ist aber überall in der Schweiz so. Dadurch dass man eben gebraucht wird, entstehen auch die langen Arbeitszeiten. Ich habe es aber sehr genossen, feste Aufgaben zu haben und nicht nur hinterherzulaufen oder der letzte Hakenhalter zu sein.
Zum Ablauf:
Nach der Frühbesprechung (Rapport) um 07:30 geht es um 08:00 Uhr entweder in den OP oder in die Notaufnahme/auf Station. Im OP ist man oft erste Assistenz. Hier das man jede Frage fragen und wenn man sich gut anstellt, auch mal selbst Hand anlegen z.B. Zunähen, Kamera halten oder direkt mithelfen. Die Operationen sind relativ klein (viel Unfallchirurgie und Ortho, weil eben an Skigebiete angeschlossen), was mir aber gerade recht kam. Auch bei Sectios oder den wenigen urologischen OPs hilft man mal aus. Auf Station hat man wenig zu tun - KEIN Blutabnehmen/Braunülen legen oder ähnliches. Man führt die allgemeine Statusuntersuchung durch und dokumentiert diese. Man hat also keine eigenen stationären Patienten, die man betreut. Sonst sieht man in der Notaufnahme (erst alleine, dann mit Assistenzarzt oder direkt CA) die Patienten an, meldet Röntgen an, und schreibt den Kurzbrief. Auch darf man Rezepte (in Absprache) ausstellen. Unter Aufsicht darf man also wirklich viel alleine machen und erste Verantwortung tragen.
Mittagessen war jeden Tag möglich und schmeckt auch sehr lecker (im Vergleich zum Essen in anderen Krankenhäusern). Nachmittags sieht man sich dann die postoperativen Nachkontrollen und Wundkontrollen an und präsentiert diese dem CA oder stellv. CA. Auch hier wieder dokumentieren etc. Hier sieht man wirklich das ganze Spektrum der Unfallchirurgie. Um 16:00 Uhr ist wieder Rapport mit OP-Einteilung für den nächsten Tag und anschließender Röntgenbesprechung. Danach wird noch erledigt, was sonst noch anfällt - Untersuchungen, Brief schreiben, etc. Offizielles Arbeitsende ist um 17:30 Uhr, das habe ich aber meistens nicht geschafft. Da wurde es oft 18:00 bis 19:00 Uhr.
Wohnen:
Ist um die Ecke in einer Personal-WG möglich. Die ist okay, kein Highlight, aber sauber. Essen bekommt man sowieso in der Klinik - als UHU hat man Anspruch auf Frühstück, Mittagessen und Abendbrot. :-) plus Getränke. Die Vergütung beträgt 1500 CHF, welche aber versteuert werden muss. Das Wohngeld wird direkt abgezogen.
Freizeit:
Die Lebensqualität in Graubünden ist natürlich toll. Zum Skifahren ist man genau richtig (Lenzerheide und Arosa, Flims/Laax und "Hausberg Tschapina") sind um die Ecke. Man kommt hier aber eben nur am Wochenende zu. Unter der Woche einfach fehlen oder freinehmen geht aufgrund der fixen Dienstpläne nicht. Aber!: Pro Monat hat man in der Schweiz einen Anspruch auf zwei Tage Urlaub, da man hier nicht als Student angesehen ist, sondern mit einem Arbeitsvertrag eben als Mitarbeiter/in. Diese kann man am Ende gesammelt nehmen (habe ich gemacht wegen der M3) oder auch zwischendurch.
Mein Fazit: Absolut machen! Ich bin wirklich keine Chirurgin, aber mir hat es echt Spaß gemacht in diesem tollen Team zu arbeiten. Es gibt nicht umsonst einige Uhus, die als Assistenzärzte zurückkehren.
Bewerbung
Ich habe mich mehr als zwei Jahren im Voraus beworben. Das ist auch dringend notwendig - sie planen immer bis ca. drei Jahren im Voraus. Ansprechpartnerin ist Tamara Sommer.