Ich hab mein Chirurgie-Tertial in der Allgemeinchirurgie spontan (mit nur einer Woche Vorlauf) in Wuppertal antreten können und kann die Abteilung sehr empfehlen. Durch Corona war jedoch leider stellenweise kein Normalbetrieb, daher ist der PJ-Unterricht komplett ausgefallen. Normalerweise gibt es 1x/Woche Unterricht plus Ethik-Seminare.
Die Allgemeinchirurgie in Wuppertal hat 2 Stationen (Normal & Privat), Ambulanz und einen eigenen OP-Trakt mit 3 Sälen. Ich persönlich hatte keine große Lust aufs Chirurgie-Tertial und bin eher demotiviert ins Tertial gestartet, habe dann aber schnell Spaß & Motivation an der Sache gefunden. Arbeitszeiten offiziell von 07:15 - 15:30 (oder so, nach der Mittagsbesprechung darf man gehen). Wenns nix zu tun gibt, was selten der Fall war, dann darf man auch früher gehen oder in der Ambulanz/in Sprechstunden dabei sein, wenn man Lust hat. Insgesamt bin ich häufig jedoch auch länger geblieben, weils noch was zu tun gab.
Man ist einer Station zugeordnet und erledigt primär Stationsarbeit. Ich war auf der Privatstation und kann das Team der Asisstenzärzte in Gänze empfehlen - Mir wurde viel beigebracht, aber auch viel abverlangt. Los gehts mit Visite morgens um 07:15, Frühbesprechung dann um 07:45. Danach schnell die Blutentnahmen (i.d.R. 3-6, also in 30-40 min erledigt.) Rest des Tages dann auf Station arbeiten - und das ist das Gute - hier war es wirklich ärztlich Arbeiten: Patienten aufnehmen, entlassen, betreuen, Medikamente anordnen, mit der Pflege eigenverantwortlich Rücksprache halten, Reha organisieren, Oberärzte wegen diesem und jenem nerven. Typische Pjler-Tätigkeiten wie Verbandswechsel, Drainagen ziehen, Viggos anlegen fielen natürlich auch an, waren aber i.d.R. schnell erledigt. Insgesamt war es ein stetes Geben und Nehmen - ich durfte sehr viel sehr eigenverantwortlich Arbeiten, konnte bei Rückfragen stets jemanden erreichen und erledigte dafür "nebenbei" (da es nie übermäßig viel war) auch noch all jene Sachen, die ein Pjler in der Chirurgie halt so macht. Ober/bzw. Chefarztvisite fand täglich statt (je nach OP-Plan oft erst ziemlich spät) und man wurde auch da häufig als Ansprechpartner angesehen und nicht nur als der zuschauende Praktikant.
Allerdings geht aushelfen im OP vor, dort wird man fest eingeplant ("Gastarzt") und kann nachmittags immer den OP-Plan für den nächsten Tag einsehen. Der Abteilung ist egal wer den Gastarzt bei der OP verkörpert, dh. zwischen PJlern, Famulanten und Blockpraktikanten kann sich aufgeteilt werden und auch innerhalb einer OP getauscht werden. Manche OPs gingen schmerzhaft lang - es kommt also vor, dass man direkt nach der Frühbesprechung in den OP geht und erst dann vom Tisch geht, wenn man freundlich darauf hinweist, dass man heute gern pünktlich Feierabend hätte. Auf der anderen Seite gab es häufig Erklärungen während der OP und man durfte auch immer wieder coole Sachen übernehmen, grade bei kürzeren und weniger komplexen Eingriffen. Man darf grundsätzlich in jeden OP-Saal dazu, wenn man nicht eh schon als Gastarzt irgendwo eingeteilt ist. Ein kurzes Wort zur OP-Pflege: Absolut wunderbare Stimmung, ausnahmslos alle menschlich sehr sehr nett. Ich habe OPs vorher gehasst und habe mich am Ende dabei erwischt, mich auf den OP zu freuen, weils das Team und das Arbeiten da so nett ist.
Die Stimmung unter den Asisstenten war ebenfalls wunderbar, ich habe mich sofort als Teil des Teams und von Tag 1 wohl gefühlt. Habe eigentlich keinen unfreundlichen Assistenten erlebt. Ober- und chefärztlich ist die Stimmung "klischee-chirurgisch" - es wird viel geflucht, viel gemeckert, ab und an geschrien, deutlich gelebte Hirarchie. Ich habe mich jedoch nie persönlich angegriffen gefühlt und war auch nie Ziel von irgendeinem Wüterich. Ab und zu muss man halt ein Ohr und ein Auge zudrücken und darüber hinwegsehen, dass da grad jemand rumflucht. Es wird "von oben" auch wenig mit warmen Worten um sich geworfen und auch "danke" kommt eher selten. Insgesamt herrscht eher eine ziemlich hohe Erwartungshaltung, aber nie irgendwie so, dass ich mich tatsächlich unwohl gefühlt hätte. Insgesamt wurde der raue Ton durch gute Lehre mit extrem steiler Lernkurve und assistenzärztliche Betreuung mehr als wett gemacht.
Kurz gesagt wird einem in der Abteilung sehr viel abverlangt, aber man erhält dafür auch viel zurück. Corona-bedingt gab es häufig Krankheitsfälle bei den Assistenten und auch über weite Strecken keine Famulanten/Blockstudenten, sodass man als PJler sehr begehrt war und es an Arbeit defintiv nicht mangelte. Als relativ große Abteilung finden nahezu täglich umfangreiche OPs statt, die einen Hakenhalter vertragen können. Wer Bock auf Chirugie hat ist hier denke ich mehr als richtig, sogar ich als Chirurgiemuffel habe sehr viel Spaß gehabt und vor allem unglaublich viel gelernt. Wenn ich das ganze mit anderen PJ-Tertialen vergleiche, die zwar deutlich weniger anstrengend, aber auch sehr viel weniger lehrreich waren, komme ich zu dem Schluss, dass dies mein bestes Tertial war. Ich kann es jedem empfehlen - mich hat die AC als Fach und die Abteilung überzeugt.
Bewerbung
Spontan (1 Woche vorher) per Telefon und dann Mail an Herrn Bönicke.