Ich war 2 Monate auf der Viszeral- und Thoraxchirurgie und 1 Monat in der Notaufnahme eingeteilt, man kann aber seine Wünsche bei der Dienstplangestaltung angeben und alle Abteilungen des Departement Chirurgie durchlaufen wie Ortho/Trauma, Hand/Plastische/MKG, Urologie, Gefässchirurgie, Neurochirurgie, Kinderchirurgie.
Der Alltag sah so aus:
In der Viszeralchirurgie geht man um 7:10 zum Morgenrapport der Abteilung. Dort werden die Fälle der Nacht vorgestellt und der OP-Plan des Tages besprochen. Dann ist man jede Woche einem Team zugeteilt (z.B. Kolorektal, HPB, Thorax, Endokrin, Oberer GIT) und geht noch mal in eine kleinere Teambesprechung, wo alle stationären Fälle des Teams durchgegangen werden. Danach bin ich entweder in den OP gegangen oder auf Visite mit dem zuständigen Assistenzarzt oder Clinical Nurse (ein besonderes Konzept am KSW: Es gibt viele Clinical Nurses, die den Hauptteil der Stationsarbeit übernehmen, wodurch die Assistenzärzte mehr im OP sein können). Auf Visite bin ich meistens nur mitgelaufen, hab mal mit auf den Bauch gehört oder parallel den Verlauf im Computer auf dem Visitenwagen dokumentiert - hier darf man kein grosses aktives Teaching erwarten, es sind aber alle super nett, sodass man gerne Fragen stellen darf und miteinbezogen wird, auch weil man meistens nur zu zweit, mit Oberarzt manchmal zu dritt unterwegs ist. Dann gehört zur Stationsarbeit für die Unterasssistenten noch, die Eintritte für den nächsten Tag vorzubereiten, das heißt die elektiven Patienten des nächsten Tages im Computer aufzunehmen, deren Diagnosen und Medikamentenliste zu erfassen. An sich eine etwas stumpfe Arbeit, aber sie dauert meistens nicht allzu lange und man ist schonmal ein bisschen vorbereitet auf die OPs des nächsten Tages. Mittags geht man wenn man auf Station ist dann zusammen essen. Die Mensa ist auch sehr lecker, ein Gericht kostet 8,70 CHF. Außerdem geht man z.B. Montags nachmittags ins Tumorboard oder dienstags ins interdisziplinäre Gastrolunch. Nachmittags gibt es auf Station dann für die Unterassistenten eigentlich nichts zu tun wenn man mit den Eintritten fertig ist, dann kann man freiwillig noch in eine Sprechstunde gehen. Da für einen Patienten meist ein entspannter 45 min Sprechstundentermin eingeplant ist haben die Ärzte auch Zeit, einem viel zu erklären. Wann man nach Hause geht kann man dann eigentlich selber entscheiden.
In meinen ersten Wochen im Juli war quasi "Sommerpause" in der Abteilung, das heißt viele Chefärzte und leitende Ärzte waren im Urlaub und es wurden eher nur kleine Sachen operiert, deswegen war man als UHU selten im OP eingeteilt und ich war meistens auf Station oder nachmittags in der Sprechstunde und bin oft schon um 15 Uhr nach Hause gegangen. Natürlich kann man aber auch immer freiwillig in einer OP zuschauen.
Nach der Sommerpause gab es dann aber umso mehr im OP zu tun und ich war jeden Tag meist den ganzen Tag im OP. Die Aufteilung der Unterassistenten auf OPs, in denen UHUs gebraucht werden, wird von 2-3 zuständigen UHUs gemacht, das heißt man kann durchaus Wünsche äußern. Am KSW werden praktisch alle großen viszeralchirurgischen Operationen außer Transplantationen durchgeführt, sodass ich super viele verschiedene OPs gesehen habe. Wenn man Engagement zeigt, also auch mal bis 18 Uhr oder 19 Uhr in einer OP bleibt, auch wenn man sich formell vom Pickettdienst auslösen lassen könnte, lernen die Operateure einen auch besser kennen und zeigen dir einfach auch mehr. Dann haben sie sich auch die Zeit genommen, mir die Nahttechniken beizubringen und ich durfte die Nähte am Ende machen, oder mich im Vorhinein für interessante Eingriffe angerufen und eingeplant. Man darf aber eben im PJ nicht erwarten, dass Oberärzte oder Chefärzte sich von alleine für jeden UHU Zeit nehmen, aber wenn man chirurgisches Interesse zeigt und eben auch mal 9 Stunden für einen Whipple mit ihnen am Tisch steht, kann man im KSW sehr viel lernen.
Generell ist es sehr praktisch, dass jeder UHU ein Smartphone bekommt, wo alle Kontakte schon eingespeichert sind, sodass man niederschwellig alle Kollegen anrufen kann. Am ersten Tag bekommt man auch eine Einführung durch die sehr lieben und toll organisierten Sekretärinnen.
Ca. einmal die Woche hat man zudem Pickettdienst, muss also unter der Woche bis 18 Uhr telefonisch erreichbar und im Wohnheim oder Spital sein, falls man noch bei OPs gebraucht wird, am Wochenende nur bis 16.30 Uhr. Für den Wochenenddienst bekommt man einen ganzen Kompensationstag frei und extra Bezahlung.
In der Notaufnahme hat man meistens 7 Tage am Stück Frühdienst (7.30-16 Uhr), 7 Tage Spätdienst (11-20 Uhr), 7 Tage Nachtdienst (20-4 Uhr bzw. Bereitschaft bis 7.30 Uhr). Dazwischen und danach bekommt man großzügig Kompensationstage (z.B. 1 Woche frei nach dem Nachtdienst). In der Notaufnahme habe ich extrem viel gelernt. Es werden alle chirurgischen Fächer abgedeckt, also hat man auch Uro oder Neurochirurgie Patienten etc. Meistens bin ich entweder mit einem Assistenzarzt oder später auch alleine zu einem Patienten gegangen, habe Anamnese und Untersuchung gemacht, das dokumentiert und dann mit dem Assistenzarzt oder Notfallmanager (Oberarzt) besprochen, welche Diagnostik und Therapie notwendig sind. Natürlich kommt es auf den Assistenzarzt drauf an wieviel man selber machen darf, aber meistens funktioniert es nach dem Prinzip: Einmal schaust du zu, einmal machst du es unter Aufsicht, und dann alleine. So habe ich total viel über Wundversorgung gelernt und am Ende viel Übung im Nähen bekommen. Gerade auch im Nachtdienst kann man viel lernen. Außerdem bekommt man einen Einblick in die verschiedenen chirurgischen Fächer und sieht viel mehr verschiedene Fälle als auf Station. Ab und zu gibt es dann einen Schockraum, wo man als Unterassistent mitkommt und Protokoll führt.
Unterricht gibt es speziell für Unterassistenten im Moment nicht. Ein Neurochirurg hat freiwillig ca. einmal die Woche eine Fortbildung für uns gemacht, die gut war, sonst kann man an allen Fortbildungen der Departments (in der Viszeralchirurgie z.B. Monday Round jeden Montagmorgen). An Unterricht für Uhus wird aber im Moment gearbeitet, sie wollen dann auch einen Nahtkurs und regelmäßige Fallbesprechungen organisieren. Generell geben sie sich gerade Mühe, Verbesserungsvorschläge von UHUs einzuholen und umzusetzen.
Das Wohnheim ist nur 2 Minuten entfernt, kostet 380 CHF, bisschen altmodisch aber gepflegt und sauber. Im Zimmer hat man einen Kühlschrank; Küche, Bad und WC sind geteilt. In der Küche war die Basisausstattung mit Geschirr und einfachen Pfannen und Töpfen vorhanden, ist aber wohl nicht auf jedem Stockwerk gleich. Waschmaschine und Trockner kostenlos im Keller.
Abschließend kann ich sagen, dass ich sehr viel gelernt habe, vor allem im Notfall und den OPs, und mich in der Klinik rundum wohl gefühlt habe, weil das Team total nett ist. Die Hierarchien sind flacher, man duzt sogar den Chefarzt und die Atmosphäre ist viel entspannter, als ich es aus Deutschland kenne, gerade auch weil man viel mehr Zeit für jeden Patienten hat. Außerdem kann man sehr viel verschiedenes im weiten Feld der Chirurgie sehen. Wieviel man lernt, hängt natürlich auch vom persönlichen Engagement ab, und wie viel Freizeit man sich nehmen möchte. Durch die Kompensationstage hatte ich aber trotzdem Zeit, auch die Schweiz zu erkunden. Die Bezahlung ist nicht besonders gut für Schweizer Verhältnisse, ich kam aber gut über die Runden. Ich würde zu 100% wieder PJ hier machen.
Bewerbung
Habe mich ca. ein Jahr im Voraus beworben. Musste durch mein Corona-PJ die Daten kurzfristig nochmal ändern, auch das war überhaupt kein Problem.