PJ-Tertial Chirurgie in Kantonsspital Uri (7/2020 bis 9/2020)

Station(en)
alle
Einsatzbereiche
Station, OP, Notaufnahme, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Es fällt mir schwer eine einfache Bewertung meines Chirurgie-Tertials in Altdorf zu schreiben. Ich werde versuchen möglichst differenziert zu sein, damit ihr einen Eindruck bekommt.

Meine Erwartungen waren insbesondere eine bessere Lehre als in vielen deutschen Häusern und eine attraktive Umgebung für Outdoor-Aktivitäten.

Die Bewerbung über die Personalabteilung erfolgte problemlos. Wie in der Schweiz wohl üblich, kamen konkrete Infos erst sehr spät (ca. zwei Wochen vor Tertialbeginn). Die Flexibilität in Bezug auf Tertialzeiten hat sich für uns nicht nachvollziehbar zwischen den verschiedenen PJlern deutlich unterschieden.

Das Personalwohnhaus ist mit den notwendigen Dingen ausgestattet (Bett mit Bettwäsche, Schrank, Regal, Nachttisch, Schreibtisch, Waschbecken, evtl. Sessel, in der Küche sind grundsätzlich Töpfe und Pfannen da, mit Backformen wird es dann schon schwieriger) und sehr sauber. Äußerlich nicht sonderlich ansprechend, aber innen drin angenehm. Bis 2023 wird das neue Spital gebaut, was durchaus Baulärm bedeutet. (Zu meiner Zeit auch mal Samstags ab 7 Uhr)

Die Umgebung mit See und Bergen ist für Outdoor-Aktivitäten traumhaft. Allerdings lohnt es sich schon ein Auto zu haben um flexibler zu sein. Ich war z.B. regelmässig Kajak fahren, Schwimmen und Wandern. Man kann auch Windsurfen oder SUPen. Klettern ist bei den meisten Felsen in der Region eher schwierig, da der Stein sehr brüchig ist, aber es gibt auch ein paar Spots.

Die einzige Pflichtaufgabe für UHUs/ UAs sind die Prä-OP-Checklisten. Diese sind immer ab 6:45 Uhr im Aufwachraum und auf Station auszufüllen. Da ist es sinnvoll, sich eine gute Einweisung zu holen, da auch die Assistenten z.T. nicht wissen, was man eigentlich wo herausfindet.
Ansonsten gibt es die Möglichkeiten im OP zu assistieren, in der Notaufnahme zu helfen und auch eigene Patienten zu betreuen, mit in die Sprechstunden zu gehen oder Stationsarbeit zu machen und dort ebenfalls eigene Patienten zu betreuen. Was davon man macht ist einerseits von der Personalsituation, als auch den persönlichen Vorlieben, bzw. auch denen der anderen UAs/ AAs abhängig.

Ich war relativ viel im OP, da die Personalsituation eher schlecht war (4/6 AA-Stellen besetzt und ich einzige UA). Die OPs werden im Prinzip einfach geplant, ohne dass jemand schaut, wie die Personaldecke an dem Tag aussieht. Man assistiert sowohl allgemein-/viszeralchirurgische, als auch unfallchirurgisch/ orthopädische Eingriffe, sowie bei den Belegärzten (Orthopädie, Neurochirurgie, HNO, Urologie).
Die wenigsten Operateure reden während der OP mit einem. Und wenn, dann wird eigentlich wirklich nur über fachliches, nie über andere Themen gesprochen. Auch, dass mal Musik im OP läuft kommt so gut wie nicht vor. Bei den meisten Operateuren habe ich mich wirklich als stummer Hakenhalter gefühlt. Selten wurde ich wahrgenommen, gefragt oder mir etwas erklärt. Manchmal wurde auch dem ersten Assistenten etwas erklärt und ich dabei kein einziges Mal wahrgenommen.
Daneben gab es dann auch noch eine Oberärztin, die mich sehr viel hat machen lassen, aber dabei oft für mich gefühlt ins kalte Wasser geworfen und alleine gelassen hat. Insgesamt durfte ich dann doch einiges machen, Kameraführung bei lap. OPs, 1. Assistenz bei Hüft-TEPs, diverse Nähte (auch intrakutan), mal ein bisschen bei einer Metallentfernung was selber machen, und auch mal kleine Eingriffe (eingewachsener Zehennagel) selber unter Aufsicht, samt OP-Bericht schreiben etc.
Es gab aber auch viele unliebsame Assistenzen, z.B. bei Hüften, Knien und Arthoskopien. Ich hätte mir im OP insgesamt mehr Lehre gewünscht. Allerdings operiert der viszeralchirurgische Chef auch sehr viel nur mit den Oberärzten, so dass da noch weniger teaching nach weiter unten stattfindet.
Ansonsten fielen viele Fortbildungen auf Grund von Corona aus. Gegen Ende gab es einmal in der Woche eine Röntgen-FoBi, die war echt lehrreich. Die Chefvisiten haben mir persönlich von der Lehre wenig gebracht, die Assistenten waren für die Journal Clubs und Fortbildungen auch eher unmotiviert, so dass ich da nicht so sonderlich viel mitgenommen habe.

Die Stimmung im Team war für mich sehr anstrengend, da ich das Gefühl hatte, dass alle ein bisschen als Einzelkämpfer kämpfen und viele mit ihrem Job unzufrieden sind. Wenn man, wie ich, eher ein bisschen an die Hand genommen werden möchte ist das nicht der ideale Platz. Wenn man gut für sich selbst sorgen kann und weiß, was man will und was nicht und das auch vertreten und einfordern kann, dann hat man sicherlich auch viel Gestaltungsspielraum, kann aber schon auch was lernen. Ich habe erst gegen Ende meiner Zeit entdeckt, dass ich sehr gerne in die Sprechstunden gehe, weil das anscheinend das Interesse zeigt, so dass mir da auch etwas erklärt wurde.

Auf der Notaufnahme durfte ich auch viel eigene Patienten betreuen. (Stationsarbeit bin ich auf Grund persönlicher Vorlieben lieber umgangen) Die Atmosphäre dort war aber zum Teil sehr anstrengend, da das auf Grund der Arbeitsbelastung die unliebsamste Tätigkeit der Assistenten war. Unter anderem aber auch, weil es oft schwierig war den Diensthabenden Oberarzt hinzuzuziehen und so sehr unbefriedigende Wartezeiten für alle Beteiligten (AA, Pflege, Patient und nachher auch OA) entstanden sind. Da muss man auch für sich selber einstehen um nicht als Schreibkraft der Assistenzärzte zu enden.

Nachts und am Wochenende sind alle UAs gemeinsam (auch internistische und gynäkologische) für die Pickett-Dienste zuständig. D.h. man assistiert (meist als erste Assistenz) bei den anfallenden OPs (egal welcher Fachrichtung, z.B. auch Sectios), hilft bei Bedarf in der Notaufnahme und macht polizeiliche Blutentnahmen (die ein bisschen extra Geld geben). Die Dienste werden in Freizeit ausgeglichen und man muss während der Dienste gewährleisten können nach spätestens 10 Minuten im OP zu stehen). Da dieser Dienst ab 18 Uhr beginnt ist also der chirurgische UA bis um 18 Uhr für diese Aufgaben zuständig. Wenn man also alleine in der Chirurgie ist, dann ist man prinzipiell von 6:45-18:00 Uhr anwesend, bzw. erreichbar, oder man kann das Telefon netterweise schonmal früher an einen anderen UA abgeben. Mir fiel es mit diesen "Bereitschaftszeiten" und der Wohnsituation im Personalhaus sehr schwer auch mal abzuschalten und mich mental von der Arbeit zu distanzieren. Auch haben die Supermärkte normalerweise bis 18:30 Uhr auf, was bei regelmässigem Einsatz zu diesen Arbeitszeiten die Alltagsgestaltung manchmal sehr schwierig macht.

Zwischendurch gibt es am Tag meist schon auch Zeiten, zu denen wenig oder auch mal nichts zu tun ist. Meistens wird es aber natürlich genau Richtung Feierabend stressiger. Aber die AAs trinken normalerweise morgens noch zusammen Kaffee (Znüni) und essen zusammen in der Cafeteria zu Mittag. Dort gibt es immer ein Buffet mit relativ großer Auswahl.

Für mich haben sich also meine Erwartungen bezüglich Teaching und Umgebung leider nicht wie erhofft erfüllt, da ich mich oft wenig wahrgenommen gefühlt habe und man teaching meist eher sehr aktiv einfordern muss und ich die Strukturen als relativ hierarchisch und die Teamstimmung als belastend erlebt habe. Und ich hatte auf Grund der Arbeitszeiten und der Art der Arbeit und Stimmung im Team insgesamt sehr wenig Kraft um die Umgebung wirklich nutzen zu können.

Insgesamt habe ich dem Tertial sicherlich viel gelernt, aber wesentlich mehr über Kommunikation, wie ich mich in einem Team verhalten möchte, was mir an der Arbeit wichtig ist etc. als fachliches.

Auch die Formalitäten am Ende waren wieder eher schwierig zu bewältigen, da niemand daran gedacht hat, dass man eine Chefarzt-Unterschrift für die Bescheinigung braucht (die man am besten direkt aus der Schweiz, aber nicht vordatiert, an die Uni in Zürich schickt für die Äquivalenzbescheinigung) und so etwas vorbereitet sein muss, wenn der Chef am Ende des Tertials im Urlaub ist.

Wer ein wenig Ruhe in der Umgebung sucht, dem sei ein Besuch im Garten des Hauses der Musik/ Dätwyler-Haus angeraten. Dort findet man eine kleine Oase zum abschalten. Und wenn ihr im Sommer da seid, dann lohnt es sich auch mal Richtung Beckenried zum Baden zu fahren, da ist abends wesentlich länger Sonne.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Untersuchungen anmelden
Patienten aufnehmen
Notaufnahme
Mitoperieren
Chirurgische Wundversorgung
Patienten untersuchen
Eigene Patienten betreuen
Briefe schreiben
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
17:00 bis 18:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Kleidung gestellt
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Unterkunft gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
im Schnitt ca. 800-900€ netto (1200CHF butto)

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
3
Ansehen des PJlers
4
Klinik insgesamt
4
Unterricht
4
Betreuung
5
Freizeit
3
Station / Einrichtung
3
Gesamtnote
4

Durchschnitt 3.8