Als jemand, der nicht Chirurg werden möchte, in vielerlei Hinsicht positiv überrascht über die Klinik. Die Privatstation zeichnet sich dadurch aus, dass man einen sehr weiten Überblick über chirurgische Krankheitsbilder erhält. Viszeralchirurgisch-onkologisch (alle GI-Tumoren), Leistenhernien, Schilddrüsen, Gallenblase, proktologische Eingriffe. Donnerstags (und in kleinerem Umfang montags) findet die Privatsprechstunde statt, wo man am Vortag die Dekurse vorbereitet, sich in die Patienten einliest und i.d.R. kann auch min. ein PJler an der Sprechstunde teilnehmen und ausgewählte Patienten zuerst sichten und aufarbeiten und unter Aufsicht aufklären.
Im OP herrscht eine respektvolle Atmosphäre, der Umgang mit der OP-Pflege ist sehr professionell. Bei späten OPs im Verlauf ausgelöst zu werden ist kein Problem. I.d.R. ist man Zweitassistent, Ausnahmen (z.B. Thoraxchirurgie) existieren. Wenn man sehr chirurgisch interessiert ist und Vorerfahrungen hat, sollte man das kommunizieren.
Auf Station ist man für Blutentnahmen (halten sich sehr in Grenzen) und Viggos vor Endoskopien/Bildgebung zuständig. Werden EKGs benötigt, ist man auch für diese zuständig. Man nimmt immer an der Visite teil und protokolliert diese in Freitexten vor. Man meldet Patienten für Tumorboards an und stellt diese nach Rücksprache auch selbst dort vor. Bei Neuaufnahmen ist es ratsam, wenn es die Zeit erlaubt, die Anordnungen mit den Assistenten durchzugehen und die eigenen Vorschläge korrigiert zu erhalten. Nachmittags ist die tägliche Chefvisite mit vorangehender Besprechung der Patienten, an der man selbstverständlich teilnimmt. Der Umgang ist von Wertschätzung geprägt und alle sind namentlich bekannt.
Am Wochenende besteht die Möglichkeit durch Blutentnahmedienste (ab 7 Uhr, zu zweit ist man meistens binnen drei Stunden spätestens fertig) einen freien Tag sich zu erarbeiten. Nicht von allen wird die Möglichkeit genutzt nach Anmeldung im Studierendenbüro an regulären Diensten teilzunehmen, obwohl a) man sich durch einen Dienst am Donnerstag ein langes Wochenende erarbeiten kann und b) diese sehr lehrreich sind, da man das INZ mitmacht und auch akute Patienten damit präoperativ sieht. Ich kann es nur uneingeschränkt empfehlen, dies zu tun. Man läuft mit dem Zweitdienst mit, ist natürlich auch für Hb-/PTT-Kontrollen und para gelaufene Viggos zuständig, aber auch dafür im INZ Patienten zuerst zu sichten, zu untersuchen und das Notfallprotokoll anzulegen. Wenn im Dienst OPs anfallen, kann man oftmals mit an den Tisch. Dadurch, dass es kein Bett für PJler gibt, ist der Dienst nach 17h um Mitternacht vorbei und man hat noch was vom Folgetag.
Für PJler, die im letzten Tertial am UKB sind und dort geprüft werden, wird eine Prüfungssimulation angeboten, die auch ernst genommen wird. Die wöchentlichen Fortbildungen fallen gelegentlich aus, aber werden überwiegend nachgeholt. Leider sind sie oftmals kongruent mit dem Inhalt der Vorlesungen aus dem 4. klinischen Semester. Ich denke, von praktisch ausgerichteten Seminaren, würde man mehr profitieren (z.B. Workup postoperatives Fieber, Wundversorgung, Komplikationen erkennen und managen). Nach Rücksprache mit Dr. Sommer sind Kurse in Skilslab, v.a. laparoskopische Simulation möglich. Ein Highlight war auch die Möglichkeit, sich an der Da Vinci-Roboter-Trainigskonsole zu versuchen.
Bewerbung
Über das PJ-Portal, an dem die Uni Bonn teilnimmt. Bis zu 15 Plätze pro Tertial. Einteilung zwischen Allgemein-/Viszeral-/Thorax-/Gefäßchirurgie, Unfallchirurgie und Herzchirurgie am ersten Tag. Ein Klinikwechsel nach Rücksprache nach acht Wochen möglich.