PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Spital Frutigen (9/2020 bis 12/2020)

Station(en)
Orthopädie, Chirurgie, Notfallambulanz
Einsatzbereiche
Notaufnahme, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
Luebeck
Kommentar
Ich habe meine Stelle als Unterassistentin am 07.09.2020 als Unterassistentin in der Chirurgie am Spital Frutigen angetreten. Das Spital gehört zu der Klinikgruppe fmi und umfasst die Spitäler Frutigen, Interlaken, das Gesundheitszentrum Meiringen, das Seniorenzentrum Weissenau, sowie die Pflegeheime in Frutigen und Aeschi. In der Spitäler fmi AG sind rund 1300 Mitarbeiter tätig.
Die chirurgische Abteilung des Spital Frutigens deckt die Gebiete der allgemeinen Chirurgie, der Traumatologie und der Orthopädie ab. Meine Aufgaben waren klar definiert. Der Tag begann mit einer gemeinsamen Frühbesprechung mit allen Ärzten des Spitals, wo die Aufnahmen vom Vortag besprochen wurden, sowie Röntgenbilder gezeigt wurden. Im Anschluss daran ging es für mich meistens direkt in den OP, wo ich oft als erste Assistenz, selten sogar auch als Operateurin unter Supervision tätig war. Im Tagesverlauf habe ich Vorbereitungen für die geplanten stationären Aufnahmen erledigt, Versicherungsanfragen beantwortet, sowie die ambulante Sprechstunde für den Nachmittag vorbereitet. Wenn zwischendurch Zeit war und im Notfall viel los war, habe ich dort eigene Patienten betreut und später oft direkt mit den Oberärzten besprochen. Am Nachmittag fand dann die ambulante Sprechstunde der Oberärzte statt, wo ich die Berichte schreiben musste, sowie die Verbände gewechselt habe und die Ärzte dann immer vorbei gekommen sind, um das weitere Procedere festzulegen. Zudem wurden noch elektive Patienten für Operationen am nächsten Tag aufgenommen. Unter den Unterassistenten wird selbstständig ein Dienstplan ausgearbeitet und festgelegt, wer wann das Diensttelefon hat. Dies galt auch für die Wochenenden und die Nächte. An den Wochenenden hat man meistens im Notfall ausgeholfen und hat dann auch Patienten aus der Inneren Medizin und der Gynäkologie betreut, Verlegungen organisiert, die Patienten für die stationäre Aufnahme vorbereitet oder bei Notfalleingriffen assistiert. Ich habe unter der Woche im Dienst auch drei Kaiserschnitte assistiert, was ich in einem größeren Haus sicherlich nie gemacht hätte. Im Rahmen der Corona – Pandemie haben wir zu Beginn noch einige Abstriche gemacht, die dann aber im Laufe der Zeit die Pflege übernommen hat. Zu Beginn waren wir sehr viele Unterassistenten vor Ort und man hatte oft einen Tag die Woche frei. Am Ende war ich alleine in der Chirurgie, obwohl eigentlich drei Stellen besetzt werden sollten, aber es gab aufgrund der Pandemie einige Absagen. Dies führte zwangsläufig zu einer deutlich höheren Arbeits – und Dienstbelastung, jedoch auch zu einem erhöhte Lernzuwachs.
Ich hatte in den Berichten im Vorfeld gelesen, dass man in der Schweiz sehr ins „kalte Wasser geworfen wird“, auf sich selbst gestellt ist und oft (zu) viel Verantwortung habe. Dies kann ich nicht bestätigen. Gerade zu Beginn haben die Assistenzärzte und Pfleger alles mit mir durchgesprochen und mich sehr gut betreut. Nach und nach habe ich dann aber deutlich mehr Verantwortung bekommen und durfte meine Notfallpatienten dann manchmal direkt mit dem zuständigen Oberärzten besprechen. Kleinere Eingriffe, wie etwa das Nähen von Rissquetschwunden, durfte ich am Ende ebenfalls alleine durchführen.
Im OP war ich oft erste Assistenz. Das bedeutet natürlich viel Haken halten und bei laparoskopischen Operationen übernahm ich die Kamera und einen Haken. Die meisten Operateure haben mir ihre Nahttechniken einmal gezeigt und kontrolliert, wie ich es mache. Bei dem leitenden Chirurgen durfte ich oft viel selbstständig machen. Mit ihm habe ich sogar unter Anleitung eine Plattenentfernung als Operateurin durchgeführt, wo ich alle Schritte selber machen durfte. Auch Bohren und Schrauben habe ich bei ihm gelernt. Am Ende habe ich bei dem Chefarzt der Orthopädie oft die Hautnaht alleine gemacht. An meinem letzten Tag durfte ich bei ihm unter Anleitung einen Zugang für die Kniespiegelung machen und ein paar Instrumente benutzen und ein Gefühl für die Kamera bekommen.
Ich war definitiv in einer angespannten Zeit an der Klinik und habe nicht wenig gearbeitet. Ich mache das aber auch gerne und hätte jederzeit sagen können, dass es nicht mehr geht und es wäre immer eine Lösung gefunden worden. Allerdings habe ich so das Team besonders gut kennen gelernt und mir wurde immer mehr Vertrauen entgegen gebracht und ich durfte mehr selber machen und hatte wirklich richtig viel Spaß.
Einmal die Woche gab es eine Weiterbildung in der Chirurgie, sowie einmal die Woche eine der Inneren Medizin und einmal die Woche eine EKG Fortbildung. Bei diesen war ich nicht selten im OP, hätte aber immer gerne teilnehmen dürfen. Die chirurgische Weiterbildung fand einmal die Woche statt und war entweder die gezielte Untersuchung des Bewegungsapparates mit dem leitenden Orthopäden, oder Vorträge und Nahtkurse durch die Chirurgen.
Zudem gab es einmal die Woche eine ausführliche Röntgenbesprechung, die immer sehr lehrreich war. Hier wurden wir Studenten noch einmal auf eine sehr nette Art abgefragt. Das fühlte sich für mich nie wie ein Vorführen an, sondern es war immer die klare Absicht erkennbar, dass wir etwas lernen sollten.
Die Zusammenarbeit mit den Kollegen war durchweg angenehm. Vor allem die Oberärzte waren sehr freundlich und wir wurden als Unterassistenten direkt ins Team aufgenommen und alles war familiär. Mit dem leitenden Oberarzt der Orthopädie saßen wir oft bei Sonnenuntergang auf dem Helikopterdach und haben bei einem Feierabendgetränk in die Berge geschaut und über das Leben geredet. Ich habe mit den anderen Unterassistenten fast jeden Tag gemeinsam gekocht und gemeinsame Abende verbracht. Mit der Assistenzärztin aus der Inneren Medizin und der aus der Gynäkologie habe ich ebenfalls gekocht und gemeinsame Spieleabende gemacht. Mit der Pflege auf dem Notfall habe ich mich auch sehr gut verstanden, ich war sogar bei einem Pfleger und seiner Familie zum Abendbrot eingeladen, was richtig schön war, da ich so auch einen Einblick in das Leben vor Ort, mitten in der Natur, gewinnen durfte. Die positivste Überraschung habe ich jedoch bei der OP Pflege erlebt. Da in Deutschland oft unter den Studenten eine ziemliche Angst vor den OP – Schwestern herrscht, bin ich das erste Mal überaus vorsichtig in den OP gegangen. Ich wurde hier allerdings mit den Worten „ du gehörst jetzt für vier Monate zur Familie“ aufgenommen und habe mich direkt wohl gefühlt. Es haben dort viele aus Polen gearbeitet und die Zusammenarbeit war sehr locker, oft lustig und alle haben darauf geachtet, ob man genügend Pausen hat. Oft saß man hier zum Frühstück zusammen und mir wurde Schweizer Deutsch beigebracht oder es wurde über aktuelle Politik aus der Schweiz oder aus Polen gesprochen. Ich habe mich insgesamt sehr gut ins Team integriert gefühlt und war wirklich traurig, als ich Abschied nehmen musste.
Alltag und Freizeit:
Der Tag begann jeden Tag gegen 7:50 mit der Frühbesprechung und endete offiziell um 17:00. Die Einkaufsmöglichkeiten waren fußläufig entlang von Kuhweiden und einem Bach. Man konnte entlang des Baches hervorragend spazieren oder joggen gehen. Zudem konnte man vom Spital aus zahlreiche Wanderungen oder Fahrradtouren machen. Zum Schwimmen und Picknicken sind wir einige Male an den Thuner See gefahren, der etwa eine halbe Stunde entfernt ist und sich auch für eine Fahrradtour als Ziel eignet. Es gibt außerdem ein Ticket vom Spital für zwei Bergbahnen in der Nähe, die man sich ausleihen darf und dann die Bahnen umsonst auch für das Ski fahren benutzten darf. Mit dem Zug kann man zudem gute Tagesausflüge in die nahegelegenen Städte wie Thun, Bern, Luzern und Interlaken machen. Falls man einen Gleitschirmschein hat, eignet sich diese Region besonders gut zum Fliegen. Zusammenfassend kann man sagen, dass man im Berner Oberland im Sommer, sowie im Winter wunderschöne Naturerlebnisse haben kann und hier jeder in seiner Freizeit auch sportlich auf seine Kosten kommen kann.
Fazit:
Die Zeit im Spital Frutigen hat mir sehr gut gefallen und ich habe viel Neues dazu lernen dürfen. Zu Beginn war das Schweizer Deutsch noch eine Barriere, am Ende konnte ich dort alle gut verstehen und fühlte mich sehr gut ins Team integriert. Ich habe mir von dem Tertial in der Schweiz erhofft, dass ich danach mehr selbstständig machen kann. Dieser Punkt wurde definitiv erfüllt. Ich habe mich nicht als günstige Arbeitskraft gefühlt, sondern als geschätztes Teammitglied. Ich hatte aber vor allem von Seiten der Oberärzte das Gefühl, dass meine Arbeit wertgeschätzt wurde und sie mir im Gegenzug mehr beibringen. Ich bin zudem nachhaltig beeindruckt, wie schnell sich in der Schweiz um Probleme gekümmert wird und wie gut das Klima in der Pflege ist. Ich denke, dass dies zum Großteil an dem besseren Personalschlüssel liegt. Ich habe außerdem einen guten Einblick in das Gesundheitssystem gewinnen können und kann nun die jeweiligen Vorteile unseres Systems und die des Schweizer Modells klarer benennen.
Alles in allem bin ich sehr glücklich, dass ich trotz der globalen Pandemie noch mein lang geplantes Auslandstertial antreten durfte und bin dankbar, dass ich so viele neue Dinge gelernt habe und auf so nette Menschen vor Ort getroffen bin. Ich kann das Spital Frutigen für ein PJ Tertial nur wärmstens weiter empfehlen, wenn man Lust hat etwas zu lernen und gleichzeitig in schönster Natur wohnen möchte. An dieser Stelle noch einmal danke an alle vor Ort für die nette und lustige Zeit! Liebe Grüße aus Lübeck ;)
Bewerbung
Vorbereitung:
Schon während der Studienzeit hörte ich öfters, dass das PJ in der Schweiz zwar arbeits-, aber auch sehr lehrreich sei. Ich habe mir dann die Karte der Schweiz zusammen mit den möglichen Kliniken angeschaut und mich unter anderem in Davos, Thun / Zweisimmen und Anfang des Jahres 2019 auf eine Stelle im Spital Frutigen im Berner Oberland beworben. Ich bin über das PJ Ranking aufgrund der ausgezeichneten Bewertungen auf dieses Spital aufmerksam geworden. Es war unter allen bewerteten Krankenhäusern durch deutsche Sudenten weltweit auf Platz drei in der Abteilung für Chirurgie. Auf der Website des Spitals sind freie Stellen ersichtlich. Ich habe dann eine formlose Mail an info@spitalfmi.ch geschrieben und bekam ein paar Tage später die Zusage von dem zuständigen Arzt Dr. Häfliger für eine Unterassistentenstelle. Die Organisation insgesamt lief sehr gut ab und es gab immer jemanden, der sich schnell um meine Anliegen gekümmert hat. Ich habe zum Beispiel Mitte des Jahres 2020 im Rahmen der Corona – Pandemie auch ein Schreiben für Grenz – und Zollbeamte erhalten, dass ich in einer medizinischen Notlage aushelfe, was in Deutschland recht schwer zu bekommen ist. Insgesamt laufen in der Schweiz solch organisatorische Dinge wesentlich schneller und effizienter ab, was die Planung sehr angenehm macht.
Unterkunft:
Nach meiner Zusage habe ich mich direkt an Frau Hilde Peeters gewandt und ein Zimmer für den Zeitraum im Personalhaus organisiert. Dies lief ebenfalls problemlos. Ich habe im Vorfeld eine Kaution von 200 Franken bezahlt, die ich nach dem Auszug zurück erhalten habe. Die monatliche Miete wurde direkt vom Gehalt abgezogen und betrug 200 Franken. Inbegriffen war die Reinigung der Gemeinschaftsküche, sowie der Bäder. Das Zimmer war hell und hatte ein Waschbecken, einen Kühlschrank, Schränke, ein Bett, sowie einen Schreibtisch und war für mich völlig ausreichend.
Unterricht
Kein Unterricht
Inhalte
Bildgebung
EKG
Nahtkurs
Sonst. Fortbildung
Patientenvorstellung
Fallbesprechung
Repetitorien
Tätigkeiten
Patienten aufnehmen
Untersuchungen anmelden
EKGs
Chirurgische Wundversorgung
Gipsanlage
Patienten untersuchen
Röntgenbesprechung
Notaufnahme
Mitoperieren
Briefe schreiben
Eigene Patienten betreuen
Poliklinik
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
16:00 bis 17:00 Uhr
Studientage
Gesammelt am Ende
Tätigkeiten
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Unterkunft gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Gehalt in EUR
1050 Franken
Gebühren in EUR
300 Franken (Zimmer, Versicherung)

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
1
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1