Die Obduktionen starten um 8.30 Uhr und es reicht hier vollkommen aus 10 Minuten vorher da zu sein. Man steht als PJler bei den Obduktionen immer mit am Tisch und darf bei der Organpräparation helfen. Die Sektionsassistentinnen sind für das Zunähen und den Kopf zuständig und dabei darf auch immer geholfen werden, wenn man das möchte. Die Eröffnung und die Organentnahme durfte ich erst in meiner vorletzten Woche durchführen und das auch nur nach mehrfachem Nachfragen über mehrere Wochen. Erklärt wird während der Obduktion recht wenig und Fragen werden eher knapp beantwortet. Vereinzelte Ärzte sind hier, natürlich wie überall, etwas wohlwollender als andere. Nach jeder Obduktion gibt es eine Teambesprechung in der die Ergebnisse präsentiert werden, was wirklich sehr gut war.
Nach den Obduktionen geht man in sein eigenes Büro und wird, bis man geht, eigentlich nicht mehr beachtet.
Zu den Gerichtsverhandlungen wird man leider nur selten mitgenommen. Bei der Leichenschau gilt dies ebenfalls. Wenn es einen Tatort gibt, ist man natürlich immer dabei (auch nach Dienstende, wenn man seine Handynummer weitergibt und das möchte!:) ).
Ich habe während des ganzen Tertials keine körperliche Untersuchung miterleben dürfen. Mir wurde nicht gezeigt wie man Gutachten oder andere Berichte schreibt. Ich habe in meiner ersten Woche Unterlagen bekommen, um zur Übung ein Fahrtauglichkeitsgutachten zu schreiben. Es hieß, dass dieses besprochen werden soll und ich hatte mich darauf gefreut auch solche Tätigkeiten kennenzulernen und als PJler ins Team mit eingebunden zu werden, um auch aktiv Arbeit abnehmen zu können. Auch nach mehrfachem Bitten, wurde mein Schreiben in den fast 4 Monaten nicht mit mir besprochen. Gelernt habe ich in dieser Hinsicht also leider nichts. Es gibt mehrere PJ-Mappen mit relevanten Rechtsmedizinthemen, die man sich selbstständig durchlesen kann, welche wirklich sehr gut sind.
Das Klima im Team ist sehr angespannt und es gibt mehrere Lager die sich nicht wirklich leiden können. Der Ton untereinander ist somit stellenweise sehr rau. Man steht als PJler NIE dazwischen oder wird in einen Konflikt mit einbezogen, aber es ist einfach ein unangenehmes Arbeitsklima. Jeder ist im Einzelgespräch natürlich sehr nett und freundlich, du bist aber stets "nur der PJler". Man muss hier selbst sehr aktiv werden und bekommt dafür sehr wenig.
Mir wurde angeboten an den wissenschaftlichen Projekten mitzuarbeiten. Das fand ich wirklich super und das hat mir auch die Nachmittage gerettet, sonst hätte ich nach 12 Uhr nichts mehr zu tun gehabt.
Daher musste ich Betreuung und Unterricht leider mit "mangelhaft" bewerten sowie das Team mit "ausreichend".
Für jeden der ein unfassbar chilliges Tertial möchte, ohne Stress, mit viel Freizeit und spätem Arbeitsbeginn ist die Rechtsmedizin in Bonn wirklich GENAU das Richtige. Wer etwas lernen möchte, sollte sich MEINER Meinung nach lieber ein anderes Rechtsmedizinisches Institut suchen.