Das Tertial in der Chirurgie in Thun war sehr gemischt, wie schon in den zahlreichen Vorberichten erwähnt.
Als Unterassistent arbeitet man separat von den Assistenzärzten und ist eigentlich nur dazu da, die zweite Assistenz im OP abzudecken und die präoperativen Visiten (OPAS) vorzubereiten. Das bedeutet den halben Tag STRG-C und STRG-V am PC, dann Haken halten im OP. Nur wenn Zeit ist darf man auf den Notfall oder in die Sprechstunden (v.a. Orthopädie).
Im OP variiert der Lerneffekt von 0 (eher Viszi, Gefäßchirurgie) bis hin zu gutem Teaching (eher Orthopädie, Handchirurgie; hier darf man auch öfters nähen).
Zudem muss der Pikett 2 jede Nacht und an den Wochenenden von den Unterassistenten abgedeckt werden - der Aufwand ist also direkt abhängig von der Zahl der Unterassistenten (... das kann zu zweit oder dritt schon schnell anstrengend werden...). Für ein geleistetes Wochenende (am Wochenende ist man auch Pikett 2 und tagsüber auf dem Notfall) bekommt man zwei Kompensationstage frei.
Auf dem Notfall darf man je nach Assistent/Oberarzt unter Supervision selbstständig Patienten betreuen und chirurgisch versorgen (nähen etc.). Hier habe ich mit Abstand am meisten gelernt in meinem Tertial. Da der OP dank Corona zum Teil fast ganz runtergefahren wurde, hatte ich glücklicherweise viele Tage dort.
Priorität hat aber wie erwähnt der OP und die OPAS, sodass ein Tag auf dem Notall unter der Woche eher die Ausnahme als die Regel ist.
Wenn man nett fragt und wenig zu tun ist darf man auch gerne auf Visite auf Station mitgehen. Ein regelhafter Einsatz auf Station bzw. einen festen Rotationsplan gibt es in Thun nicht.
Lehre = 0. Keine UHU-Seminare. Andere Spitäler haben es trotz Corona hinbekommen, die Lehre auf ein sinnvolles Format umzustellen.
Betreuung = 0. Wir haben erst nach einigen Wochen herausgefunden, dass es eigentlich Assistenzärzte gibt, die für uns Unterassistenten zuständig wären. Wir haben angesprochen, dass eine engere Betreuung notwendig wäre. Es soll sich in Zukunft ändern.
Ausschlaggebend für das Tertial in Thun war für mich vor allem die Umgebung und die Lage im Berner Oberland. Und hier wird man als bergbegeisterter Mensch definitiv nicht enttäuscht. So manche Frustrationen aus dem Chirurgietertial und den schier endlosen Freizeitmöglichkeiten sind bei der malerischen Landschaft schnell verpufft.
Alleine deswegen würde ich jederzeit wieder nach Thun kommen!
Studierende, die ernsthaft eine (viszeral)chirurgische Karriere anstreben, sollten besser an ein anderes Spital gehen.
Die orthopädische Abteilung ist uneingeschränkt weiterzuempfehlen.