Ich habe mich für mein halbes Chirurgie Tertial in Ahlen entschieden, da ich eine fundierte Chirurgie-Ausbildung haben wollte, dabei aber weiter meine studentischen Freiheiten (Gehen, wenn nichts mehr los ist. Frei Nehmen wenn man will etc.) genießen wollte. Zusammenfassend hat sich beides bewahrheitet und ich habe mein Tertial genossen.
Fachlich konnte ich super viel praktisch und theoretisch lernen. Auf Station konnte man immer auf die Visite mitgehen, Wunden begutachten und versorgen, sonographieren, Briefe schreiben (mit eigenem Namen drunter) und die Ärzte freuen sich über alles was man dort macht. Wenn man will, kann man immer in die Notaufnahme und Patienten aufnehmen, selbstständig schallen oder Bildgebung nach direkter Rücksprache mit dem FA/FÄ anordnen und sich eine Therapie überlegen. Im OP ist man (wie man will) täglich oder seltener fest als 1. oder 2. Assistenz eingeteilt und darf dann immer mit Zunähen. Je nach Einsatz und Interesse darf man aber auch regelmäßig die Kamera führen, knoten und auch mal einen Abszess eröffnen oder in der UCH ein paar Schrauben ausmessen und reindrehen.
Eins meiner Highlights war die Allgemeinchirurgie-Chefsprechstunde 2x pro Woche. Hier sieht man viele Schilddrüsenpathologien mit Labor, Szintibefund, darf dann immer selbst schallen und hört von dem Chef ob das operationsbedürftig ist oder nicht. Nicht selten sieht man die gleiche Schilddrüse dann ein paar Wochen später auf dem OP Tisch und kann so alles verknüpfen. Für mich war das ein echter und wegen der hohen Anzahl auch nachhaltiger Lerneffekt. Das Krankheitsspektrum war, für die Größe des Hauses, überraschend breit, u.a. mit Endoprothetik, Pankreaschirurgie und Thoraxchirurgie, wodurch man z.B. sowohl den Umgang mit Thoraxdrainagen lernt (wichtig!) als auch häufiger mal ein Pankreaskarzinom samt OP sieht (spannend!).
Unterricht gab es (coronabedingt) nicht. Ich hab es aber auch nicht vermisst, da man auf jede Frage eine ausführliche Antwort bekommen hat.
Besonders überzeugt hat mich das Haus durch die familiäre Athmosphäre und die studierendenfreundliche Einstellung. Am ersten Tag fragt der Chef ob man Lust auf Chirurgie hat oder nicht und berücksichtigt das bei der Einteilung (auch für den OP). Man hat ein eigenes Telefon, ein PJ-Büro und bekommt alles Essen (sehr lecker!) für umsonst. Zudem hatte ich ein Zimmer im Wohnheim in Ahlen und habe auch 2-3 Nächte pro Woche dort verbracht.
Mein typischer Tag begann um 7h mit dem Frühstück in der Cafeteria. Danach bin ich hochgegangen und habe mir die Station angesehen und ggf ein paar Blutentnahmen gemacht. Nach der Frühbesprechung geht man je nach Hunger und Einteilung in den OP, zum 2. Frühstück oder weiter Stationsarbeit machen. Zum Mittagessen kommt man immer und sitzt auch nie alleine dort. Die Spätbesprechung endet um 16h, aber wenn man an einigen Tagen schon früher geht ist das vollkommen ok. Insgesamt ist die Arbeitsathmosphäre vom Chef bis zur Pflege super. Insbesondere habe ich eine so gute OP Athmosphäre noch nicht erlebt.
Ich würde mein Chirurgie Tertial immer wieder in Ahlen absolvieren, da ich mich sehr wohl gefühlt habe und trotzdem viele theoretische und praktische Skills gelernt habe. Kurzum - es hat mir Spaß gemacht und ich war traurig als ich weg musste.