PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in St. Franziskus Hospital Ahlen (9/2020 bis 12/2020)

Station(en)
Unfall/Ortho, Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie
Einsatzbereiche
Notaufnahme, OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
Muenster
Kommentar
Ich habe mein 2. PJ-Tertial in Ahlen in der Chirurgie absolviert. Meine Gründe an ein kleineres peripheres Haus zu gehen waren tatsächlich hauptsächlich durch die Corona-Situation aufgekommen (zu viele PJler an den größeren, näher an Münster gelegenen Häusern und schlechte Betreuung in Folge). Da ich Allgemein- und Viszeralchirurgie als FA machen wollte und immer noch will, war mir das Chirurgie Tertial natürlich besonders wichtig und ich habe insbesondere Wert darauf gelegt, dass man viel machen kann, gut von ärztlicher Seite betreut wird und vor allem viele Standard Eingriffe sieht und die Patienten dabei von initialer Untersuchung über Indikationsstellung, Operation, postoperativen stationären Aufenthalt und ggf. in der Nachsorge betreut. Im Grunde ging es mir darum eine solide Basis für mein zukünftiges Handwerk zu legen. Ahlen hat dabei meine genannten Erwartungen/Hoffnungen vollends erfüllt und sie weit übertroffen, weil zusätzlich zu den genannten Punkten ich auch noch in den herzlichsten Teams meiner gesamten Studiumszeit gearbeitet habe. Mein Bericht ist recht lang und detailliert. Wenn Euch Chirurgie interessiert könnt ihr ihn gerne lesen. Wenn ihr Chirurgie nur absitzen möchtet: Ahlen ist in jedem Fall empfehlenswert! Nettes und entspanntes Team, gute Strukturen, gutes und kostenloses Essen, viele Pausenmöglichkeiten, großer Gestaltungsspielraum in dem was man machen möchte… man kann auch in der Inneren und in der Gyn PJ machen und obwohl dort zu meiner Zeit keine PJler waren besteht die Möglichkeit, dass man sich dort so wohl fühlt, dass man dort mit seiner FA-Weiterbildung anfängt.

Erst mal zu den Rahmenbedingungen: Ahlen ist mit dem Auto 40min von Münster entfernt, mit dem Zug muss man in Hamm umsteigen und dann etwa 50-60 min unterwegs, allerdings geht man vom Bahnhof noch 10-15 min (je nach Müdigkeit). Viele der Ärzte wohnen aber auch in Münster und pendeln täglich mit dem Auto, es gibt auf jeden Fall die Möglichkeit mitgenommen zu werden! Außerdem bekommt man wenn man möchte ein Zimmer im Schwesternwohnheim gestellt (Bett, Schrank, Schreibtisch und Stuhl, 2 Kochplatten, eigenes kleines Bad). Prinzipiell bekommt man als PJler sein eigenes Telefon und ist unter seinem eigenen Nachnamen dann auch im Telefonbuch zu finden (man wird also auch wirklich angerufen wenn es was gibt), es gibt ein PJ-Büro mit eigenem Arbeitsplatz (!) und im dort stehenden Regal sind einige Lehrbücher zu finden (im Zweifel kann man sich aber von den Ärzten aktuellere Ausgaben oder andere Bücher ausleihen, ich empfehle die "Bibliotheken" des unfallchirurgischen FA/Assistentenbüros und vom Chef der Allgemeinchirurgie) man hat seinen eigenen Orbis Zugang mit Arzt-Berechtigung (man kann also prinzipiell alles anordnen), man bekommt Schlüssel für OP und PJ-Büro, Kleidung wird gestellt, Essen und Getränke in der Klinikmensa sind kostenlos. Die Organisation um das PJ herum lief absolut reibungslos und die zuständige Mitarbeiterin ist kompetent und klärt im Zweifel alle Fragen. Schon Wochen vor dem Tertialbeginn hat man eine detaillierte Mail von der Klinik bekommen und konnte alles klären z.B. ob man ein Zimmer braucht.

Mein Tertial begann in der Orthopädie/Unfallchirurgie, wo man prinzipiell von einer Oberärztin betreut wird. Sie ist zuständig für die PJler-Ausbildung und sie fühlt sich auch zuständig, hat sehr konkrete Lernziele vor Augen und bringt einem wirklich was bei. Ich muss sagen, dass das "Schlechteste" an meinem Tertial ihr 4-wöchiger Urlaub war, weil mir dadurch viel ihrer Supervision entgangen ist. Trotzdem habe ich bei den übrigen Oberärzten, dem Chef und den Fachärzten und Assis auf Station viel gelernt. Man kann eigentlich immer jeden Fragen und abgesehen von dem gelegentlichen augenzwinkernden "Ich bin Unfallchirurg, was fragst du mich sowas?" ist immer Zeit für ausführliche Erklärungen gewesen, wenn gewünscht. Das OP Programm umfasst Hüft- und Knie TEPs, Arthroskopien, Karpaltunnel- und Ringbandspaltungen usw. usw. und interessanterweise (der Chefarzt ist auch Handchirurg) auch die ein oder andere Daumensattelgelenksprothese. Unfallchirurgisch hat man - soweit ich das beurteilen kann - den klassischen Querschnitt: gestürzte Senioren sowie jüngere Patienten und Kinder nach Trauma.
Für den OP ist man durchaus eingeplant, man darf aber auch was machen. Am Ende von 6 Wochen habe ich 2 Metallentfernungen geplant als 1. Operateur gemacht und davor auch schon die ein oder andere Schraube reingedreht. Dafür habe ich geduldig Beine für TEPs gehalten (nicht meine allerliebste Beschäftigung) aber auch dabei wurde mir viel erklärt und sich auch wirklich sehr häufig die Zeit genommen, mich mal um den Tisch herum zu holen, um mir was zu zeigen und zu erklären und auch hier durfte ich zum Beispiel mal einen Hüftkopf rausziehen.
Auf Station macht man alles, was man als Arzt so macht: Visite, Blutentnahmen, Verbandswechsel, Wundkontrollen, Arztbriefe, Reha-Anträge. Dabei arbeitet man in einem wunderbaren Team, das einen rasch und herzlich integriert. Was ich besonders schön finde, ist dass die Aufgaben, die man erledigt, nie als selbstverständlich angesehen werden. Ich glaube, dass mir für jede Blutentnahme gedankt wurde. Man ist wirklich nicht als günstige Hilfskraft eingeplant sondern dort um zu lernen und das kann man auch relativ frei gestalten.
Ich habe häufiger Dienste in der Notaufnahme mitgemacht und auch im Tagesgeschäft kann man sich an den zuständigen Chirurgen hängen oder mal mit der Oberärztin der Notaufnahme mitgehen und je nach Kenntnisstand auch selbstständig arbeiten. Man kann auch die Sprechstunden mitmachen aber das habe ich eher wenig mitgenommen, deswegen kann ich dazu nichts sagen.

Den größeren Teil des Tertials habe ich in der Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie verbracht und hatte in meinem zukünftigen Fach die allerbeste Zeit meines PJs. Das Team kannte mich schon zumindest vom sehen (Ahlen ist klein, jeder kennt jeden) entsprechend reibungslos war meine Eingliederung ist das Team.
Zuständig für die Lehre ist hauptsächlich der Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie. Es lohnt sich nichts mehr als seine Sprechstunde mit ihm zu machen. Er hat größtes Interesse an Lehre und man darf immer die eintreffenden Schilddrüsenpatienten zuerst schallen und je besser man wird desto eher werden auch die eigenen Schallbilder an den Befund angeheftet. Ansonsten bietet seine und auch die oberärztlichen Sprechstunden gute Gelegenheit einen Patienten über seinen ganzen Klinikverlauf zu betreuen. Die ACH hat ein recht breites Spektrum. Es werden viele Schilddrüsen operiert (leider auch viele westfälische Strumen, man fragt sich echt ob die Leute ihren Kropf extra liebevoll züchten um dann in Ahlen vorstellig zu werden), wo man dann natürlich gern als Hakenhalter steht aber dafür macht man in aller Regel die Intrakutannaht am Ende. (Man kann auch sagen, dass man die Schilddrüsen-OPs nicht immer halten will, dann macht das ein Assistent. Ich hab das aber auch immer recht gerne gemacht, weil man dabei auch viele Fragen stellen konnte und mir diese Art der Chirurgie durchaus Freude macht.)
Ansonsten gibt es viele Leistenhernien, am häufigsten glaube ich nach Lichtenstein, im Bauchraum die üblichen Appendektomien und Cholezystektomien, Darmresektionen und tatsächlich immer wieder auch eine Whipple-OP.
Es gibt eine proktologische Sprechstunde und entsprechende Eingriffe, die tatsächlich auch sehr überschaubar sind und wo man DRU und Proktoskopie lernen kann, wenn man möchte.
Die Thoraxchirurgie ist sehr klein, hat aber einen eigenen Chefarzt. Bei den thorakoskopischen Eingriffen habe ich mehrmals als 1. Assistenz die Kamera geführt und auch mal einen Trokar eingebracht (gute Vorbereitung auf Thoraxdrainagen).
Insgesamt war ich 10 Wochen in der ACH und habe genau das gelernt, was ich wollte, und mehr.

Einzig anzumerken ist, dass fast keine Seminare stattgefunden haben. Das war aber corona-bedingt. In normalen Zeiten wird man als PJler zu den abteilungsinternen Fortbildungen auch der anderen Disziplinen eingeladen. Die sind allerdings bis auf 3-5 Veranstaltungen entfallen.

Insgesamt hatte ich in Ahlen eine lehrreiche und lustige Zeit. Insbesondere betonen möchte ich nochmal wie toll die Zusammenarbeit mit den Teams war. Sowohl die ärztlichen als auch die Pflegeteams auf Station und im OP. Ich wurde von allen Seiten willkommen geheißen und unterstützt und würde ich nicht meine Facharztweiterbildung in einem anderen Teil Deutschlands machen wollen, wäre ich tatsächlich in Ahlen geblieben. Ich würde es jedem weiter empfehlen, egal ob man Chirurgie mag oder nicht.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Patienten aufnehmen
Eigene Patienten betreuen
Mitoperieren
Blut abnehmen
Gipsanlage
Braunülen legen
Chirurgische Wundversorgung
Briefe schreiben
Rehas anmelden
Notaufnahme
Patienten untersuchen
Röntgenbesprechung
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Unterkunft gestellt
Mittagessen regelmässig möglich
Essen frei / billiger
Aufwandsentschädigung / Gehalt
Kleidung gestellt
Gehalt in EUR
450

Noten

Team/Station
1
Kontakt zur Pflege
1
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
1
Unterricht
3
Betreuung
1
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
1

Durchschnitt 1.13