Mein Tertial Chirurgie am Klinikum Nagold würde ich insgesamt als durchwachsen beschreiben.
Um 7.10 Uhr startet der Tag mit einer Visite bis 7.50 Uhr. Diese ist leider meist nicht gut und sehr unstrukturiert, zu lernen gab es bei Visite meist nichts. Um 7.50 Uhr findet dann eine Frühbesprechung statt, bei der die Neuzugänge und der OP-Plan vorgestellt wird. Danach ist es die Aufgabe der PJler*innen die Blutentnahmen auf Station zu machen. Eigentlich gibt es dafür Stationssekretär*innen, allerdings schaffen diese es zeitlich meist nicht mehr als ein paar wenige Blutentnahmen durchzuführen. Es folgen dann je nach zuständigem ärztlichen Personal weitere Aufgaben wie Verbandswechsel, Ziehen von Drainagen, Briefe schreiben. Dabei kommt es vor, dass manche Stationsärzt*innen die PJler*innen komplett ignorieren oder wirklich gut in die Stationsarbeit integrieren, so dass man auch etwas dabei lernt.
Die PJler*innen werden fest in den OP eingeplant, dort fungierten wir v.a. als Hakenhalter*innen, je nach Operateur wurde aber auch einiges erklärt und man durfte manchmal auch zunähen, was aber eher die Ausnahme war. Einige der älteren Oberärzte (wirklich nur Männer) hatten im OP auch eher einen harschen Umgangston mit den PJler*innen, allerdings gewöhnten wir uns mit der Zeit daran. Was ich als wirklich gut beschreiben würde, war die freie Gestaltung des Resttages: Wenn die „Pflichtaufgaben“ erfüllt waren, konnte man je nach Lust und Laune in die Notaufnahme, in den OP, in die Sprechstunden bzw. in die Prämedikation aber auch Eigenstudium betreiben. In der Notaufnahme konnte man je nach zuständigem Arzt selbstständig Patient*innen betreuen (unter Rücksprache und das ärztliche Personal muss den Patienten selbst einmal gesehen haben), d.h. auch selbstständig Wunden versorgen, die körperliche Untersuchung durchführen etc. Zu der Zeit, als wir unser PJ hatten, gab es 2 sehr engagierte Ärzt*innen in der Notaufnahme, die sich wirklich bemüht haben, uns selbstständig arbeiten zu lassen und uns etwas beizubringen.
Von oberärztlicher Seite war die Lehrlust sehr durchwachsen. Während manche aktiv Lehre anboten konnte man bei manchen immerhin auf Nachfrage die eine oder andere Erklärung bekommen. Bei manchen war leider nichts zu holen.
Studientage standen uns vertraglich 1 in der Woche zu, laut PJ-Beauftragtem dann doch nur ein halber Tag pro Woche. Anfangs haben wir keine genommen, wir hatten das Gefühl, dass das eher verpöhnt wäre und die Stationsarbeit ohne uns nicht funktionieren würde, ab der Hälfte des Tertials haben wir unsere Studientage dann aber regelmäßig genommen und es gab keinerlei Probleme.
Ich selbst habe im Wohnheim gewohnt, was direkt neben dem Klinikum steht. Es hat seinen Zweck erfüllt, war aber mit 160 Euro Eigenanteil (eigentlich 310 Euro, man konnte zwischen 150 Euro Ermäßigung oder nicht im Wohnheim wohnen wählen, dann hat man 150 Euro als Wohngeldzuschuss zusätzlich bekommen) relativ teuer (warm, aber ohne Internet plus 50 Euro Müll / Jahr).
Eine feste Rotation zwischen Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie und Gefäßchirurgie gab es nicht, wir haben uns selbst auf die Stationen 32 und 33 eingeteilt und immer wieder einmal gewechselt.
Nachmittags, um 15.15 Uhr, gibt es nochmal eine Besprechung mit Röntgenbesprechung, bei der die Röntgenbilder und CTs des Tages gezeigt und besprochen werden, dabei konnte man durchaus etwas lernen. Diese Besprechung dauerte aber grundsätzlich fast bis 16 Uhr, sodass man sehr selten pünktlich raus kam (Ende offiziell um 15.40 Uhr). Allerdings stellten wir am Ende fest, dass es auch niemanden interessierte, wenn man schon früher ging und nicht mehr an dieser Besprechung teilnahm. Meist war auch nur ein Bruchteil des Teams bei dieser Besprechung anwesend.
Der Unterricht fand relativ regelmäßig statt, montags Chirurgie, dienstags Innere. Alle 2-3 Wochen dann dienstags Anästhesie, mittwochs Urologie und donnerstags Radiologie. Die Qualität unterschied sich wie immer stark, insgesamt würde ich den Unterricht aber durchaus als gut bezeichnen.
Der Chef der Chirurgie war den PJler*innen gegenüber immer ziemlich cool, auch die M3 Prüfung bei Ihm war sehr fair und angenehm. Im OP lässt er die PJler*innen schon auch mal etwas machen und er freut sich, wenn man zu ihm in die Sprechstunde dazu kommt. Insgesamt würde ich das Tertial also als ganz gut beschreiben, man wird nicht überfordert, teils hat man aber auch nicht viel gelernt. Dafür kann man durchaus deutlich weniger arbeiten, als man müsste.
Da die Uni Tübingen meine Heimatuni war, lief die Bewerbung über die Uni.
OP-Spektrum: Deutlicher Fokus auf Viszeralchirurgie. Man kann jederzeit ohne Probleme bei den Urologen*innen mitoperieren, die sind auch wirklich cool und lassen viel machen.
- Hernien in allen Formen
- Colon-CAs
- Ileus
- Sigmadivertikulitis
- Appendizitis
- Cholezystitis
- Einfache Unfallchirurgische OPs: v.a. Plattenosteosynthesen bei Radius / Handknochenbrüchen. Hüft-TEPS keine, nur Duokopfprothesen, Knieoperationen bzw. Sprunggelneksoperationen habe ich keine einzige gesehen.