Zuallererst muss man sagen, dass mein Tertial in der Inneren in Flensburg in der ersten Hälfte noch von einer starken Coronawelle überschattet war und sich dies vor allem auf die Freizeitgestaltung auswirkte, weshalb im Prinzip alle Geschäfte, Bars und Restaurants noch geschlossen waren, sowie eine Ausgangssperre nach 21:00 herrschte (ziemlich nervig, aber die Umgebung und Natur entschädigen).
Am Einführungstag (glücklicherweise Beginn erst um 9:30) erfährt man nach Schnelltest und Klinikführung von Frau Rosendahl (Sekretärin Anästhesie und Organisatorin des PJ's) in welchem Krankenhaus man zuerst unterkommt. Das Tertial gliedert sich in 8 Wochen im DIAKO (hier sind Kardio, ZNA, Innere-Intensiv, Nephro) und 8 Wochen im Franziskus (Gastro, Onko, Geri, Pulmo). In beiden Häusern sind Stationen, die individuell sehr empfehlenswert sind, aber auch einige auf denen Chaos herrscht und die ausschließlich typische PJ'ler-Aufgaben bereit halten. Mit ein paar Abstrichen ist das Ärzteteam echt sehr nett, auch wenn durch die hohe Anzahl an frisch eingearbeiteten Assistenzärzten eine dezente Überforderung herrscht etwas mit den PJ'lern anzufangen.
Ich habe die ersten 8 Wochen im DIAKO verbracht. Dort wird man am ersten Tag nach Transponderübergabe durch die PJ-Beauftragte, eine Oberärztin, nach einem festen Rotationsplan eingeteilt. Doch warne ich euch vor nicht zu viel Kontakt mit ihr zu haben. Ich war schockiert, wie man eine solch unempathische, cholerische Frau zur für uns verantwortlichen Person machen kann. Nur als Beispiel wurde ich von ihr angebrüllt und mir unterstellt ich hätte die Broschüre nicht gelesen, weil ich mich nach dem Dienstmodell in der ZNA erkundigen wollte (davon steht nämlich absolut nix drin) und in einer anderen Situation es gewagt habe sie mit dem Wunsch einer Intensivrotation nach ihrem Feierabend zu behelligen.
Angefangen habe ich auf der kardiologischen Normalstation A2. Dort hat man nicht viele Aufgaben, außer Visite mitzulaufen, die Blutabnahmen und Zugänge, die der wirklich kompetente Blutabnahmedienst nicht geschafft hat (meistens nur noch 3-6), zu erledigen und gelegentlich eine Elektivaufnahme z.B. zur Schrittmacherimplantation zu machen. Arztbriefe schreiben ist leider eine Seltenheit, da man keinen eigenen Arbeitsplatz hat. Dennoch sind die AÄ mega nett und vor allem der Kontakt zur Pflege ist sehr angenehm. Falls es einen interessiert kann man jederzeit runter in die Funktion zur Echo-/EKG-Diagnostik, sowie ins Herzkatheterlabor, wird aber dazu angehalten sich vor allem auf die eigens aufgenommenen Patienten zu fokussieren. Ich war insgesamt 1 Tag unten und fand es recht interessant, weil manche OÄ viel dabei erklären. Generell sind die anderen OÄ echt nett und erklären auf Nachfrage viel. Leider kommt man vor 16:00 meist nicht raus, da die AÄ vermutlich aus Angst vor der PJ-Beauftragtin einen meist nicht früher rauslassen.
Im Anschluss daran hatte ich meinen Willen doch durchgesetzt und war eine Woche auf der Innere-Intensivstation (mehr darf man leider nicht). Dort hat es mir echt gut gefallen, da die Patientenfälle dort sehr interessant und vielfältig sind. Außer der Visite ist man fürs Sonographieren zuständig, da jeder Patient dort standardmäßig täglich die Vena cava geschallt bekommt. Man bekommt schnell Routine und mit entspannten AÄ vergeht die Zeit dort echt schnell und war leider zu kurz.
Mit Abstand am besten hat es mir in der ZNA gefallen. Dort arbeitet man entweder von 07:30 bis 15:30 oder von 15:30 bis 23:30 und ist generell für 3 Wochen eingeteilt. Man arbeitet komplett eigenverantwortlich und lernt am ehesten ärztliches Handeln, da man sich komplett um den Patienten kümmert, jeden spannenden Fall sich rauspicken kann und in Rücksprache mit den Ärzten Diagnostik und Therapie anordnet. Auch meine Fähigkeiten in der körperlichen Untersuchung und Sonographie haben sich dort extrem gesteigert, sodass man sich dort schnell sehr gut zurechtfindet. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle Ärzte dort sehr nett, einzig die Leiterin der ZNA ist etwas speziell und sehr fordernd, meist hat man aber nicht viel mit ihr zu tun.
Ein großer Negativpunkt im DIAKO ist das Essen in der "Oase", schmeckt selten, wenig vegetarisch und hat ein System mit Essensmarken, die jedoch nicht für jedes Essen ausreichen, sodass man entweder eine 2. Marke von einem weiteren Tag opfern oder draufzahlen muss.
Die zweite Tertialhälfte verbrachte ich dann im Franziskus-Krankenhaus, ca. 5 Minuten Gehweg vom DIAKO entfernt. Beide Krankenhäuser sind unabhängig voneinander aufgebaut und es fällt auf, dass grade im "Franz" einige Abläufe etwas chaotischer (weil Strukturen deutlich veraltet) sind. Hier kann man zu Beginn zwischen Geri, Gastro, Pulmo und Onko 2 Stationen auswählen. Ich habe mich als erstes für Pulmo entschieden (nicht weil mich das Fach sonderlich interessiert, sondern weil mir jegliches Verständnis für Lunge etc. fehlt). Im Endeffekt war dies keine gute Wahl, da ich während der gesamten 4 Wochen dort ausschließlich damit beschäftigt war Visite zu laufen und ca. 12-18 Blutabnahmen und einige Braunülen zu legen und der Lerneffekt insgesamt ungefähr bei Null lag. Es spielte mit rein, dass die Assis alle sehr frisch waren und sehr damit beschäftigt waren ihren eigenen Kram zu organisieren und wenig Zeit für mich als zusätzlichen Ballast hatten. Bronchoskopien konnte ich mir jederzeit anschauen, allerdings musste dies aktiv eingefordert werden. Also mein Tipp wählt weise und nehmt Gastro und Onko. Auf der Gastro war ich leider nicht, denn auch wenn dort recht viele Blutabnahmen auf einen warten, darf man auch einiges selber machen z.B. regelmäßige Aszitespunktionen.
Meine 2. Station zum Ende des Tertials war die Onkologie. Ich muss ganz ehrlich sagen die mit Abstand beste Normalstation auf der ich war: das Team und die Pflege sind unvergleichlich nett, man arbeitet selbstständig, da man die kompletten Elektivaufnahmen (ca. 5-6 pro Tag) selber durchführt mit Anamnese und körperlicher Untersuchung und sich die Blutabnahmen sehr im Rahmen halten. Es erinnert fast ein wenig an die ZNA vom Aufgabenspektrum her. Auch Knochenmarkspunktionen und ZVK-Anlagen kann man dort lernen, auch wenn ich leider nicht in den Genuss kam, da ich eine Woche vorher aufhörte.
Das Essen ist hier deutlich vielseitiger und man darf ca. das doppelte wie im DIAKO an Geldwert in der Mensa ausgeben.
Einer der besten Abschnitte meines Tertials war die Möglichkeit 1 Woche im angeschlossenen Hospiz zu verbringen. Darum muss man sich aktiv bei dem ärztlichen Leiter Dr. Ewald kümmern. Dort ticken die Uhren einfach anders und es wird viel Wert auf den Patienten als Individuum gelegt, was im stressigen Klinikalltag leider viel zu kurz kommt. Auch die Arbeitszeiten sind dort sehr entspannt (Beginn um 9:00) und das Team extrem herzlich und freundlich. Der Chef dort nimmt sich einem persönlich an und betont wie toll er das findet PJ'ler bei sich zu haben. So etwas habe ich vorher noch nie erlebt.
Untergebracht wird man entweder im Haus Pniel auf dem Klinikgelände (Gästehaus mit eigenen Zimmern und eigenem Bad und Gemeinschaftsküche) oder in benachbarten WG's. Die beste Entscheidung war die Wahl fürs "Pniel", da man dort mit 6-8 anderen PJ'lern wohnt und eine Gemeinschaft existiert, bei der vieles kann, aber nix muss.
Insgesamt war Flensburg für mich eine interessante Erfahrung mit ein paar Negativpunkten, aber auch viel positiven Aspekten (der Studientag am Donnerstag inklusive). Leider habe ich mitbekommen, dass es Pläne gibt den Studientag zu kippen, was ich nicht nachvollziehen kann, hoffentlich bei euch noch nicht...