Arezzo ist eine Stadt von etwa 100'000 Einwohnern im Südwesten der Toskana zwischen Florenz und Perugia.
Dort habe ich einen Monat im Juni in der Notaufnahme des Spitals verbracht und es hat mir echt super gefallen.
Gleich vorneweg : Ich spreche fliessend Italienisch. Eine andere Sprache (auch Englisch) wird hier fast nicht gesprochen und deshalb rate ich jedem, der hier ein Praktikum machen möchte, sich in der italienischen Sprache wohl zu fühlen.
Sämtliche Patienten, welche über keinen Termin verfügen landen im Pronto Soccorso zur Aufnahme des Spitals (etwa 100-150 Patienten am Tag, vor Covid waren es anscheinend etwa 50% mehr). Der Pronto Soccorso ist in 3 Zonen (Grün, Gelb und Rot = Schockraum) eingeteilt, je nach Dringlichkeit des Notfalls. Ich habe mich immer im Gelben Teil aufgehalten, da dort die interessanten Notfälle zu sehen waren (Atemnot, Thoraxschmerz, akuter Abdomen, neurologisches, kurz von allem). An Patienten mangelt es nicht, grob geschätzt gibt es hier etwa 1 Stroke alle 1-2 Tage. Da der gelbe Bereich neben dem Schockraum (roter Bereich) liegt und sich die gleichen Ärzte drum kümmern, bekommt man jedes Mal mit wenn dort ein Patient eingeliefert wird und kann dann schnell mit rübergehen.
Die Schichten sind von 08-14h und von 14-20h. Ich bin jedes Mal um 08h dahin, und nach 14h habe ich dann geschaut wie interessant es war und bin dann weggegangen wann ich wollte. Mit mir war auch eine Assistenzärztin da, die jedoch nicht immer da war.
Abhängig vom eigenen Verhandlungsgeschick mit den Chefs vom Notruf (Dr Mandò und Dr Sbrana) kann man auch ein paar Tage in der Notrufzentrale verbringen und mit dem Automedica mit fahren (Notarzteinsatzfahrzeug). Ich musste mich hierzu mit den dortigen Assistenzärzten absprechen da im Wagen nur 1 Platz verfügbar ist. Insgesamt bin ich an 5 Tagen dort gewesen, eine unglaublich tolle Erfahrung inkl. CPR mit dem Chefarzt. Es empfiehlt sich diese Tage zum Ende des Praktikums zu planen, damit man mit der italienischen Terminologie in der Medizin einigermaßen vertraut ist.
Administration : läuft über Herrn Massi (michele.massi@uslsudest.toscana.it). Es muss ein Praktikumsvertrag mit der Uni abgeschlossen werden, man muss immer am Ball dranbleiben. Das allerblödeste war jedoch ein völlig unnützer obligatorischer 3-tägiger Onlinekurs bevor man endlich ins Spital konnte. Ich war heilfroh dass dieser Kurs online war - immerhin konnte man da einfach die Mutetaste drücken und was anderes machen !
Freizeittechnisch ist Arezzo eine wunderbare Stadt mit einem tollen Gastronomieangebot. Florenz und Perugia sind in 1h mit dem Zug erreichbar und auf jeden Fall einen Tagesausflug wert.
PRO :
- sehr gute Einbindung ins Team, mit jedem per Du
- hohe Diversität an dem was man selber machen kann (Braunülen, Blutgasanalyse, Ultraschall, FAST, Wunden nähen, Cardioversion)
- Tagesablauf selbst bestimmbar
- Möglichkeit, ein paar Tage in der Notrufzentrale Arezzo direkt nebenan zu verbringen und mit dem Notarzt mitfahren
- wunderschöne Stadt in der Toskana
CONTRA :
- 3 Tage Online Einführungskurs
- keinen eigenen elektronischen Zugang zum Patientendossier, dementsprechend keine eigenen Patienten (dafür aber auch keine administrative Arbeit). Sogar Assistenzärzte haben keinen elektronischen Zugang.
Sonstiges :
- gute Italienischkenntnisse unabdingbar !
- keinen Zugang zur Mensa, hat mich aber nicht gestört. Die Patientenbar im Spital ist super und relativ billig.
- Unterkunft muss man sich selber besorgen (hab ich über Airbnb gemacht).
Bewerbung
2 Monate vorher über den Chef der Notaufnahme, Dr Giovanni Iannelli. Anschliessende Abwicklung der Formalitäten mit Michele Massi, zuständig für alle Praktika im Spital.