PJ-Tertial Allgemeinchirurgie in Spital Schwyz (6/2021 bis 9/2021)
Station(en)
8,9, Notfall, OP
Einsatzbereiche
OP, Station, Notaufnahme
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Anscheinend hat sich hier einiges geändert in der letzten Zeit. Die älteren Berichten sind nicht mehr aktuell meiner Meinung nach.
Negativ:
- Pikettdienste (Rufbereitschaft 19 Uhr abends - 7 Uhr morgens, ca 1x Woche, wenn wenig UHUs dann mehr) werden überhaupt nicht kompensiert.
Der Pikett ist für uns Unterassistenten sehr anstrengend und unterscheidet sich vom Pikett in anderen Spitälern (in anderen Spitälern: entweder keine Kompensation, man wird dafür aber auch kaum gerufen oder hohe Belastung während Pikett, dafür aber auch volle Kompensation) , da man:
1. nahezu in jedem Dienst zu 1-3 Operationen dazugerufen wird, d.h. man ist eig fast immer 2,3 vllt auch 6 Stunden im OP nachts. Zusätzlich noch wie bei jeder OP beim Lagern und Auslagern/Umlagern helfen muss, also hier meist 20-30 Minuten pro OP draufschlagen muss.
2. es häufig Schockräume gibt, wo man auch nachts um 3 Uhr zum dokumentieren aus dem Schlaf geklingelt wird und einen Trauma Bogen der DGU ausfüllen muss, der absolut keinen Einfluss auf die akute Behandlung des Patienten oder sonst auf irgendeiner Weise wichtig ist für den Patienten (wenn dann hat er eher einen negativen Einfluss, da man während der Patient im Schockraum liegt eine schriftliche Einwilligung und viele Infos braucht, die man sich während dem Schockraum zusammenkratzt)
3. wir nachts OPs aus allen Fachgebieten abdecken müssen, insbesondere sind hier die Sectios aus der Gyn zu nennen, die üblicherweise um 2-3 Uhr nachts stattfinden und keine Rarität sind, sondern tatsächlich in regelmäßiger Frequenz zu dieser Uhrzeit stattfinden.
4. wir am nächsten morgen wieder anwesend sein müssen und im schlimmsten Fall stundenlang ein Bein im OP halten müssen, auch wenn wir die ganze Nacht durchgearbeitet haben.
Fazit: Absolute Katastrophe wie hier die Pikettdienste geregelt sind, eigentlich unakzeptierbare Bedingungen. Lustigerweise gelten für die Unterassistenten der Inneren Medizin, mit denen wir uns die Dienste teilen ganz andere Bedingungen: Falls sie vor 0 Uhr gerufen werden, erhalten sie einen halben Tag kompensationsfrei, wenn nach 0 Uhr einen kompletten Tag frei, auch wenn es nur eine winzige OP ist, die nur 10 Minuten dauert. Sie bekommen sogar noch den Luxus, dass sie frei wählen wann sie ihren freien Tag nehmen wollen, während wir Chirurgie UHUs absolut keinen Ausgleich bekommen für die gleiche Arbeit und es manchmal echt grenzwertig wird, wenn man komplett unausgeschlafen am nächsten morgen zu einem vollen OP-Tag wieder antanzen muss.
- Sehr viele Überstunden aufgrund Notfalldiensten (meist 5-7x/Monat), da trägt man den Schockraumpieper und übernimmt OPS bis 19 Uhr, d.h. man ist mindestens von 7 Uhr bis 19 Uhr da. Zusätzlich Wochenenddienste (48h, mind 1x/Monat) mit häufig vielen OPS und vollem Notfall. Abseits davon häufig auch Überstunden, wenn man nur auf Station eingeteilt ist, da alle Assistenzärzte frische Assistenten sind und kaum länger als 1 Jahr Erfahrung haben und häufig bis 22Uhr oder später da sind und dementsprechend gerne unsere Hilfe in Anspruch nehmen nach 17 Uhr. Auch kann es sein, dass im OP nicht alles rundläuft und man dann halt bis 19 Uhr oder länger im OP ist auch mal ohne Pause zum Mittagessen. Man muss hier aktiv Selbstschutz betreiben und konsequent Nein sagen, um nicht zu dekompensieren.
- OP: Da man es anscheinend nicht schafft, zuverlässig einen Ortho-Unterassistenten einzustellen (im vorherigen Tertial keiner, in unserem ein Famulant für 1 Monat, im nächsten Tertial keiner) assistieren wir bei allen Ortho-OPS (Knie-TEP, Hüft-TEP, Kniearthroskopien). Es gibt einige Ortho-Belegärzte, die im Spital Schwyz ihre Pat. operieren, dementsprechend gibt es auch viele Ortho-OPS (häufig von früh morgens bis abends). Diese sind meist sehr anstrengend (Bein halten) und man sieht meistens nicht viel und geteacht wird eigentlich auch nichts. Man ist hier eigentlich nur billige Arbeitskraft. Im OP sind zwar alle nett, man hält aber nur Haken/Bein und das deutlich öfter als in Deutschland. Operateure meist nett, gibt aber auch Choleriker. Schwerpunkt innerhalb der Chirurgie ist die Unfallchirurgie, viszeralchirurgische OPS sieht man nur Appendektomien, Cholezystektomien und Hernien, große viszeralchirurgische OPs sind eher selten, wo man nicht eingeteilt ist. Wer also eher große oder spannende Sachen sehen möchte oder eine wirklich breite chirurgische Ausbildung haben will (auf dem Papier ist das Spektrum tatsächlich gar nicht so eng, wenn man genauer hinschaut aber dann schon, nur weil hier Carpaltunnel gespalten wird oder Ports/Varizen-OPs gemacht werden heißt das nicht, dass man hier Handchirurgie/Gefässchirurgie sieht) oder sich gut fürs 3. Stex vorbereiten will ist hier nicht richtig.
- Stationsarbeit: da wir so lange im OP sind, tun wir auf Station meist nur dokumentieren, vor allem die Visite. Eigene Patienten zu betreuen ist schwierig, da man wie gesagt im OP steckt oder am nächsten Tag wieder auf dem Notfall. Lediglich am Wochenende kann man mal alleine Visite gehen, hier aber vor allem auch Dokumentationsarbeit. Man ist hier eigentlich mehr oder weniger nur Sekretär. Der Wagen, auf dem der Laptop für die Visite festgekettet (!) ist, ist nur schwer zu lenken, sodass die Knie belastet werden und irgendwann der Innenmeniskus durchgehend schmerzt.
- Kein Unterricht, wirklich absolut keinen Unterricht. Sowas wie PJ-Unterricht wie in Deutschland, gibts hier einfach nicht. Gibt zwar Fortbildungen für AA, aber die ersetzen den PJ-Unterricht in keinster Weise. Im OPS ist Teaching sowas von Operateur abhängig, manche zeigen und erzählen einem sehr viel (z.B. Dr. Pfarr, Dr. Suh), andere 0 Teaching, wieder andere quetschen einen nur aus. Insgesamt tendierts eher zu wenig Teaching im OPS, insbesondere bei den zahlreichen Belegärzten, die dich nur als Hakenhalter brauchen. Man hält eig. zu 70% im OP den Haken , zu 20% ein Bein und zu 10% tut man Lagern und Auslagern (Bein halten, Patienten rüberschieben). Was richtig machen darf man im OP eigentlich nicht (die Assistenzärzte fast auch nicht), Nähen abhängig vom Operateur aber eher regelmäßig möglich, wenn man den Mund nicht aufmacht kanns aber auch sein, dass man so gut wie nie näht.
- Kompetenzen nicht klar geregelt. Mal wird man angemacht, weil man selbstständig Visite geht, mal nicht. Dann passierts mal dass man vom OA angeschnauzt wird, weil man ihm einen Patienten vorstellt, der aber nur sagt, dass man das nicht darf, weil dass der Assistenzarzt machen soll.
- Schlechte Arbeitskultur. Irgendwann macht es einem nichts mehr aus 2-3 Stunden länger zu bleiben und am Ende fand ich es irgendwie auch normal, dass der Assistenzarzt bis 22 Uhr oder später da ist und eigentlich nur zum Schlafen nach Hause fährt, also ziemlich mies, dass man das dann so verinnerlicht. Kritik wird auch sehr schlecht angenommen, entweder wird man komplett ignoriert oder man spürt Konsequenzen. Man sollte am besten einfach nichts Negatives sagen. Hierarchen noch deutlich steiler als in Deutschland.
- Insgesamt auch sehr schlechte Stimmung, insbesondere unter den Assistenzärzten, die wollen eig. nur weg, so gut wie keiner will Unfall-/Viszeral-/Allgemeinchirurg werden.
- Gehalt für die Arbeit, die man leistet, ist sehr gering. 1200 CHF brutto (davon gehen 250 CHF für Personalwohnung, 2022 nochmals deutlich mehr, 140CHF fürs Parken und zwischen 200 und 400 CHF fürs Mittagessen ab und ca. 100 für Steuer/Abgaben) klingen erstmal sehr viel, ist aber in der Schweiz fast nichts. Das Gehalt wurde mindestens seit 2009 (s. ältere Berichte) nicht angehoben, die Preise sind in den letzten Jahren dafür kräftig gestiegen. Es reicht wenn man sparsam ist noch fürs restliche Essen, wenn man nicht aufpasst zahlt man da auch kräftig drauf, vor allem wenn dann im neuen Personalwohnheim die Miete steigt kanns echt knapp werden bzw. man wird wohl sicher draufzahlen. Dafür, dass man stundenlang Haken hält, nachts stundenlang im OPS ist, nachts in den Schockraum geklingelt wird innerhalb 5 Minuten, um Sekretär zu spielen und am Wochenende arbeitet ist, das schon sehr respektlos, insbesondere weil es auch kaum Gehalt in Form von Teaching und Lernen gibt.
- Je länger man nachforscht und sich umhört, desto mehr hört man von unzufriedenen ehemaligen UHUs und miesen Praktiken. Es gab letztes Jahr eine ganze Reihe an unzufriedenen UHUs, die anscheinend keinen Bericht geschrieben haben hier. Zudem wurde einem UHU aufgrund einer gebrochenen Hand, die er sich während der Unterassistenz zugezogen hat, die Kündigung mitten im PJ-Tertial ausgesprochen, weil sie nicht mehr Haken halten konnte, konnte letztendlich nur im letzten Moment aufgrund Kulanz und persönlichem Bemühen beim Chefarzt noch abgewendet werden, also durchaus realistisches Risiko, dass man sich hier beim Wandern (die einzige Möglichkeit mal runterzukommen) stürzt und sich dabei was bricht und dann gekündigt wird und im schlimmsten Fall sein PJ wiederholen muss. Und das waren nur die Sachen die man so nebenbei mitbekommt, wer weiß was noch so alles hier schlummert.
Neutral:
- Man ist viel im OP (auch wenn man nur Haken hält) und ist fest mit Namen im OP-Plan eingetragen und wird angerufen
- Gutes aber sehr teures Essen (mind. 10 CHF, bei großem Hunger 20 CHF)
Positiv:
- OP-Pflege sehr nett, Pflege auf Station/Notfall sehr kompetent (kann aber auch sehr aufdringlich sein dadurch), übernehmen BEs und Braunülen
- Wunderschöne Umgebung, viele Freizeitmöglichkeiten in seiner spärlichen Freizeit
- Alles gut organisiert von der Personalabteilung (bis auf den 1.Tag, totales Chaos)
- Dienstplan wird mit anderen UHUs gemacht, hat auch alles wunderbar geklappt mit Dr. Suh der das noch supervidiert und endgültig einträgt.
Summa summarum ist ein Tertial hier zu den aktuellen Bedingungen absolut nicht empfehlenswert!
Verbesserungsvorschläge:
- Pikettdienste so wie es bereits für die UHUs aus der Inneren Medizin kompensieren. Voller Tag Kompensation wenn man nach 0 Uhr gerufen wurde, mindestens halber Tag vor 0 Uhr
- Unterassistentenstellen in der Chirurgie so besetzen, dass genügend da sind um einen Notfallspätdienst durchgehend zu besetzen, das würde die hohe Arbeitsbelastung aus dem regulären Notfalldienst nehmen, sodass der reguläre Notfalldienst auch mal Einkaufen gehen kann.
- Wenn nicht genügend Unterassistenten gefunden werden können für einen Notfallspätdienst, sollte der Pikettdienst den Pieper und den OP-Rufdienst ab 17 Uhr übernehmen, dann würden die UHUs der Inneren Medizin uns auch wirklich was abnehmen, weil viele OPS außerhalb des regulären Programms vor 19 Uhr noch stattfinden, also dann doch in unsere Zuständigkeit fallen. Wenn der Pikett kompensiert wird, spielen die 2 Stunden länger sowieso keine Rolle.
- Kompetenzen ganz klar regeln (Visite, Patientenvorstellung etc.)
- Zumindest mind. 1x alle 2 Wochen mal einen strukturierten Unterricht machen, von mir aus auch mit allen anderen UHUs der anderen Fachrichtungen zusammen
- Kritik besser wegstecken, ganz ehrlich. Von oben wird ständig kritisiert und geschimpft, wenn man selber mal den Mund aufmacht schepperts, nicht alle aber doch einige. Einfach nur kindisch manchmal.
- Entweder besseres Gehalt oder vergünstigte Miete (es gibt wirklich niemanden der weniger verdient als wir) oder Essen oder dafür sorgen, dass man absolut pünktlich rauskommt. Günstigerer Parkplatz (140 CHF, euer Ernst?). Müssen ja genügend Essen, damit wir Haken halten können.
Bewerbung
Auch sehr kurzfristig möglich bei der Personalabteilung (einfach E-Mail schicken). Wird alles sehr gut im Voraus mit Aufenthaltsbewilligung etc. organisiert. Unbedingt Vertragsdauer kürzen, wenn ihr am Ende vom Tertial Urlaub nimmt.