Ich möchte nur mal aufgrund der sehr guten Bewertungen zuvor einen Gegenpunkt darstellen und konstruktive Kritik üben, sodass mögliche zukünftige PJler in dieser Klinik genauer wissen, was auf sie zukommt. Ich bin aufgrund der sehr hohen Erwartungen wegen der sehr guten Bewertungen zuvor doch was gewisse Punkte anbelangt enttäuscht worden.
Da die Klinik derzeit unter erheblichem finanziellen Druck steht und Sparmaßnahmen von der Geschäftsleitung auferzwungen werden, sollen einige Abläufe ökonomisiert werden und Ressourcen gespart werden. Das bedeutet z.B. auch, dass im OP insbesondere bei den ersten Einleitungen am Morgen alles sehr schnell gehen soll und PJler in der Regel gar nichts machen dürfen. Im Raum steht derzeit auch eine Einführung eines Schichtsystems, welches möglicherweise Ende des Jahres kommen soll und die teilweise jetzt schon dünne Personaldecke weiter ausdünnt und erfahrenere Anästhesisten vermutlich noch weniger für Lehre verfügbar sein werden.
Nun aber zur Organisation des Tertials: Es sind in den vier Monaten Rotationen durch vier unterschiedliche OP-Bereiche vorgesehen. Das operative Spektrum ist also recht groß. 4 Wochen Neurochirurgie/HNO/MKG und Allgemeinchirurgie, 4 Wochen Plastische Chirurgie, Gynäkologie, Urologie, Augenheilkunde, 4 Wochen Kinderanästhesie und 4 Wochen Intensivrotation. In der ersten Woche war ich zunächst sehr positiv von dem PJ-Koordinator und der Organisation überrascht, da ich für die Woche eine "Mentorin" bekam mit der ich dann über die Woche alle OPs begleitet habe, allerdings selbst noch wenig gemacht habe. Nach der ersten Woche war man aber doch relativ frei, was die OPs und Anästhesisten anbelangt, die man sieht und mit denene man dann mitläuft.
Der Tag beginnt in der Regel im OP um 7:25 mit der Frühbesprechung, in der die Fälle des Nachtdienstes kurz besprochen werden und der OP-Plan des Tages besprochen wird. Die Frühbesprechung geht nur selten länger als 7:45 da dann um 8:00 Uhr laut Plan die ersten Operationen beginnen sollen. Entsprechend ist der Plan auch schwierig in der Realität umzusetzen, da bei großen Einleitungen es gerne mal auch ca. 1h oder sogar länger dauern kann, bis der Patient wirklich im OP ist. Wie zuvor gesagt, ist es derzeit sehr unüblich, dass PJler hier etwas machen dürfen. Wenn man Glück hat, darf man einen Zugang legen. Nach der ersten Einleitungsrunde wird es dann meistens etwas entspannter, was allerdings auch bedeutet, dass man sehr viel Eigeninitiative mitbringen muss um sich danach die OPs und Einleitungen zu suchen, bei denen man vielleicht mehr machen darf. In dieser Situation ist es meistens ganz gut erst mal einen guten Draht zu den zuständigen Assistenten und Oberärzten zu bekommen, zu Fragen was man vielleicht wo sehen oder sogar machen kann.
Wenn man persönlich etwas unsicher ist oder auch mal nicht viel Eigeninitiative mitbringt, kann man in diesen Situationen leicht im OP als Student untergehen oder sich auch mal früher aus dem Staub machen, falls man noch etwas anderes vorhat, da einen niemand wirklich kontrolliert und man auch meist nicht als fester Bestandteil des Teams wahrgenommen wird. Normalerweise sollen die PJler aber zwischen 15:00 Uhr und 16:00 Uhr gehen, manchmal wird man aber auch früher nach Hause geschickt.
In meinen 3 Monaten im OP habe ich insgesamt vielleicht fünf mal erfolgreich intubiert (von vielleicht insgesamt knapp 10 Versuchen, die ich dann frühzeitig wieder abgegeben habe; Erste Erfolgreiche Intubation erst nach ca. 6 Wochen), etwa 10 Larynxmasken geschoben, dann eine Arterie erfolgreich gelegt (von 2 Versuchen) und mit etwas Hilfe 4 ZVKs gelegt. Bei Regionalanästhesieverfahren (z.B. PDKs oder Spinalanästhesie) darf man auch als Student nichts machen, wenn man Glück hat werden einem aber als Student dazu Dinge erklärt, ggf. auch mit Ultraschall. Die gesammelte Erfahrung ist also individuell durch Initiative und glückliche Umstände sehr unterschiedlich. Wichtig zu wissen ist vermutlich auch, dass die Anzahl an jungen Assistenten, die vielleicht gerade mal ca. 1-2 Jahre Erfahrung haben, mit wahrscheinlich ca. 50% relativ groß ist und daher viele Assistenten verständlicherweise nur selten oder ungern Tätigkeiten an noch unerfahrenere Studenten abgeben. Wenn man Pech hat, wird vielleicht gerade sogar noch jemand neu eingearbeitet. Das kann z.B. bedeutetn, dass man häufig auch "nur" in der Einleitung Präoxygenieren darf und dann für die Intubation über den Rücken der Assistenten schauen muss. Im OP bedeutet das dann auch in solchen Fällen meistens "nur" OP-Protokoll ausfüllen, ggf. Spritzen aufziehen und BGAs abnehmen und auslesen. In solch einer Situation sollte man dann vielleicht eher den Kontakt zu den zuständigen OAs gesucht werden um vielleicht interessantere Tätigkeiten zu finden falls man das möchte. Einige OAs sind hier sehr zugänglich und auch wirklich sehr daran interessiert, dass man etwas mitnimmt. Andere sind da leider den Studenten gegenüber ziemlich gleichgültig. Das merkt man im Zweifel dann auch recht schnell.
Während meiner vier Wochen in der Kinderanästhesie wurde die Erfahrung dann zunächst noch weiter auf die Spitze getrieben. Bei den ersten Einleitungen in der ersten Woche sollte ich noch nicht mal dabei sein, wobei ich im Nachhinein von den erfahrenen Kinderanästhesiepflegern gehört habe "Ich habe noch nie so schwierige Atemwege bei einem Kind gesehen". Das sind halt genau die Momente, in denen man als Student rein durchs in der Ecke stehen und beobachten wahrscheinlich auch schon eine Menge mitnehmen könnte, die mir allerdings verwehrt blieben und mich wirklich verärgerten. Des Weiteren herrscht gerade in der Kinderanästhesie sehr große Fluktuation an Assistenten und Pflegern, da Kinderdienste eingespart werden sollen und so alle Mitarbeiter auf die kommenden möglichen Kindernarkosen vorbereitet werden müssen. Das geht dann damit einher, dass man oft als einziger Student in dem Bereich die einzige Konstante ist, während alle anderen Mitarbeiter ständig wechseln und einem dann im Zweifel nichts zutrauen und machen lassen. Erst in der vierten Woche in der Kinderanästhesie haben dann einige OAs und Pfleger mich durch gewisse Rückfragen und gute Antworten als scheinbar ausreichend kompetent erachtet um auch bei Kindern etwas machen zu dürfen. Ein krankheitsbedingter Ausfall einer ärztlichen Kollegin und ein stressiger OP-Plan war dann für mich ein Glücksfall, weil ich dann am letzten Tag sogar Einleitungen und Narkoseführungen unter OA-Aufsicht machen durfte, was ich als einerseits großen Vertrauensbeweis gedeutet habe, andererseits aber auch sehr lehrreich war.
Die Zeit auf Intensiv war dann ganz anders, aber auch interessant, da man dann vermehrt die Verläufe einiger Patienten aus dem OP mitbekommen konnte. Frühbesprechung ab 7:00 Uhr und dann anschließend chirurgische Visiten und Tagesplanung mit Konsilen, Untersuchungen etc. Ich hatte den Eindruck, dass die Lehre auf der Intensivstation doch relativ ernst genommen wird und insgesamt struktierter ist, da man auch gemeinsam BGAs und EKGs befundet, Patienten bei der OA-Visite vorstellen kann und ggf. auch voruntersucht. Insgesamt war das von der Stimmung doch meist recht wertschätzend und informativ.
Wir haben uns aufgrund der großen Anzahl an PJlern (6 aus der Anästhesie mit Überlappung aus dem 1. und 3. Tertial , dann noch 2/3 PJler aus der Inneren auf die Intensiv rotiert sind), die alle für 4 Wochen auf die Intensivstation sollten, dazu entschieden jeder 3 Wochen auf der ITS1 zu verbringen und eine Woche auf der ITS2 als postoperative Überwachungsstation mit weniger schwer kranken Patienten zu bleiben, was allerdings meist auch nicht so interessante Krankheitsbilder und Tätigkeiten bietet.
Ein NEF-Dienst, der eigentlich allen PJlern versprochen wurde, ergab sich leider nicht für mich, da der PJ-Koordinator mich wohl leider vergessen hat und dann in Elternzeit war. Durch Eigeninitiative wollte ich den Dienst eigentlich in der letzten Woche kurzfristig auf der ITS2 organisieren, was mir dann aber nicht gestattet wurde, da die Hospitation in der Woche durch die Feuerwehr blockiert wurde. Das finde ich wirklich sehr ärgerlich, gerade wenn man sich für eine Tätigkeit als Notarzt interessiert.
Fazit: Ich hatte ein Tertial mit einigen Höhen und Tiefen, wobei das Fazit insgesamt durch teils mangelnde Organisation (und eher zu viele PJler) eher durchwachsen ist. Wenn die Sparmaßnahmen wirklich so kommen, wie sie angekündigt sind, wird sich die Situation vermutlich noch weiter verschlechtern.
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3 Monate im Voraus zufällig noch einen Platz bekommen über das PJ Portal