OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, Station
Heimatuni
Tuebingen
Kommentar
Die Hand-, Plastische, Verbrennungs- und Rekonstruktive Chirurgie, oder auch die Chirurgie allgemein waren nie wirklich mein Berufswunsch, vor allem nachdem ich die Zustände an der Uniklinik miterlebt habe, aber die zweite Hälfte meines Chirurgietertials habe ich hier verbracht. Grüße gehen an dieser Stelle raus an den fantastischen PJ-Beauftragten, der mich bat, hier einen Bericht zu erstellen, weil schon lange mehr kein Bericht hier eingangen ist. Ich glaube auch, dass sich die Zustände in den letzten Jahren sehr geändert haben, da viel Personal gegangen, viel neues Personal dazugekommen ist, und einige Ärzte nun zu Oberärzten befördert wurden. Dementsprechend ist das Ärzteteam schon wirklich sehr jung, der Kontakt immer wirklich sehr offen und herzlich, und man kann sich mit allen duzen! Es gibt wirklich niemanden, von dem ich sagen würde, dass ich mich nicht gut, mit ihm/ihr verstanden hätte. Meine erste OP am ersten Tag war mit den beiden Geschäftsführenden OÄ, von denen ich dachte, dass sie AÄ/FÄ wären, weil sie so jung aussahen und sich gleich mit Vornamen vorgestellt hatten :D Die Betreuung ist hervorragend!
Die Einteilung für die Studenten erfolgt wochenweise in Ambulanz, OP, Intensivstation, Station E4.
Zuerst dachte ich, dass es ungünstig ist, nicht länger in einer Abteilung zu bleiben, um auf dem Laufenden bleiben zu können, aber durch die ganzen Rotationen nimmt man auch viel Erfahrung aus anderen Bereichen mit, um sie woanders gut gebrauchen zu können.
Die Arbeit fängt offiziell morgens zur Morgenbesprechung um 7:30 Uhr an und endet nach der Nachmittagsbesprechung um 16:00-16:30 Uhr. Freitags endet die Besprechung schon um 14, manchmal um 15 Uhr. Es gibt Studientage, dafür guten PJ-Unterricht wöchentlich dienstags für eine Stunde. Eine Karte gibt es für Kleidung an den Automaten, und Zugänge zu den OPs, wo ich in den Spinden meine Sachen gut unterbringen konnte. Zusätzlich gibt es kostenloses Mittagessen (inkl. Dessert, Salat und Getränk :D).
Ambulanz:
Meine erste Woche habe ich mit einer Anfängerin verbracht, dementsprechend haben wir uns da gemeinsam durchgehangelt. Ich habe den Eindruck, dass die Betreuung der jungen Assistenten am Anfang dürftig ist, man zwar immer die Möglichkeit hat, zu fragen, man jedoch trotzdem ins kalte Wasser geworfen wird. Die Betreuung war trotzdem super, und das Ambulanzteam freundlich. Als PJ durfte ich nach Rücksprache eigene Patienten machen (Anamnese, Befund, Dokumentieren, evtl. Labor) und auch Nähen und die Oberst-Anästhesie setzen.
OP:
Hier lernt man wahrscheinlich am meisten, mitunter spätestens, weil man abgefragt werden kann! Der LOA fragt dann gerne mal ab, welcher plastische Chirurg den ersten Nobelpreis gewonnen hat (Murray für eine Nierentransplantation), wer Antisepsis (Lister), Handschuhe (Halsted) und Händewaschen (Semmelweis) in den OP gebracht hat, und gerne auch Musik und schlechte Filme der 80er und 90er. Wirklich jeder PJler wurde das gleiche gefragt :D Anatomische Strukturen und ein bisschen Physiologie sollte man natürlich auch nennen können, wenn mans nicht weiß, bekommt man viel erklärt.
Die Atmosphäre ist wirklich immer gut, und das Teaching hervorragend. Beim Lappen-OPs darf man oft koagulieren, Redon-Drainagen legen, und die Entnahmestelle mit Faszien-/Subkutan-/Intrakutannähten verschließen, dazu gibt es gerne Feedback zur Geschwindigkeit und Ästhetik. Bei Hand-OPs darf man am Ende auch mit Einzelknopf/Rückstich zunähen. Bei Verbrennung-OPs gibt es viel Spalthautentnahme mit Meshing, was auch die PJler machen dürfen. Wunddebridements und VAC-Anlagen sind auch dabei. Operiert wird oft im Sitzen, und oft wird man bei langen OPs auch zum Mittagessen rausgeschickt. Hier habe ich sowohl von Chirurgen als auch von toller OP-Pflege unglaublich viel gelernt und machen dürfen. Leider ist auch vorgekommen, dass ich manchmal erst um 18/19 Uhr aus dem Haus gekommen bin, aber das war zum Glück eher Ausnahme.
Intensiv:
Die Intensivstation wird anästhesiologisch betreut, jedoch sind immer ein Unfallchirurg und ein HPRV-Chirurg zur Stelle. Hauptaufgabe sind da die aufwändigen Verbandwechsel und die Betreuung von Patienten im Verbrennungsbad, das kann im 35°C heißen Raum mit OP-Kleidung schon sehr anstrengend sein. Das Teaching vom PJ-Beauftragten ist wirklich richtig gut, also geht mit ihm mit, solltet ihr mal die Möglichkeit sehen. Wer will, kann auch selbstständig arbeiten und selbst Verbandswechsel durchführen. Man sieht unglaublich viel, und unglaublich spannende und schwere Fälle. Meistens ist hier die Arbeit zur Mittagszeit zuende, sodass man gut noch auf Station/Ambulanz gehen kann, wenn man will.
Station:
Die Pflege ist super lieb, und hat ein offenes Ohr für euch, und freut sich immer sehr, wenn ihr Arbeit abnehmen könnt, aber stellt auch bitte vor :D
Aufgaben sind die Dokumentation der Visite, Vorbereitung der OPs mit Akten und Patientenvorstellung in der Mittagsbesprechung, Klammern/Drainagen ziehen, Blutabnehmen, PVKs legen, Wundversorgung mit Debridements. Wenn Zeit ist, kann auch in Labors/Mibis/Medis geschaut werden. Dann ist man auch schon den ganzen Tag gut beschäftigt. Das Teaching fällt hier ein bisschen nach hinten, aber man hat immer trotzdem etwas zu tun.
Insgesamt kann ich sagen, dass ich hier so viel gelernt habe wie noch nie. Ich hätte mir ein bisschen mehr Teaching auf Station gewünscht, ab und zu mehr Pause und mal früher heimgehen zu dürfen, aber das war alles noch im Rahmen. Hier waren viele Leute, die ich wirklich vermissen werde, und wenn ihr Chirurgie machen wollt, dann kommt hierher. Die Qualität der Arbeit ist hervorragend und die Atmosphäre wirklich schön.