Das Tertial wird gesplittet zu je 8 Wochen an der Klinik für Orthopädie/Unfallchirurgie und 8 Wochen an der Klinik für Allgemeinchirurgie.
Orthopädie/Unfallchirugie:
Auf der Station ist man größtenteils mit Blutentnahmen, Verbänden und Briefen beschäftigt. Wenn man noch nicht fit ist im Blutabnehmen hat man hier sicherlich eine Herausforderung, ansonsten ist der Lerneffekt praktisch Null. Der Verbandswechsel besteht meisten daraus ein neues Pflaster zu kleben, die Briefe sind meist Standardbriefe, also copy and paste, natürlich mit den richtigen Namen. Dennoch ist der Stationsalltag keineswegs entspannt, denn der Durchsatz ist enorm. Denjenigen Ärzten*innen, die dennoch Zeit für Erklärungen fanden danke ich enorm als Lichtblick in diesen Tagen. Oftmals blieb bei der immensen Arbeitslast jedoch keine Zeit dafür. Geht dann zum Beispiel ein Brief mit Unterschrift des Assistenzarztes durch, der dem Chefarzt nicht so recht gefällt, so werden die Studierenden im PJ darauf hingewiesen. Die ZNA ist im Gegensatz zu der Station etwas abwechslungsreicher, jedoch bietet sich nicht regelmäßig die Gelegenheit dort vorbeizuschauen. Auf Station ist praktisch immer irgendetwas, das es dringlicher zu bearbeiten gebe. Oder im OP das Bein bzw. Haken bei einer Hüft-TEP halten. Neben der Station ist das einer der Haupteinsatzorte im PJ. Auch nicht sehr anspruchsvoll und zumeist recht schweigsam, aber immerhin ist man dafür vom stressigen Stationsalltag befreit. Hüft-TEPs gibt es an dieser Klinik viele und ein Studierender muss immer assistieren, auf der Seite wo man nichts sieht. Mit viel Glück darf man mal wenn es der Zeitdruck zulässt kurz auf die andere Seite gucken kommen. Genäht wird nie, immer getackert. Eine Strahlenschutzbelehrung ist mir leider nicht erinnerbar, auch gibt es keine Dosimeter für das Arbeiten im Röntgenbereich. Wer nicht rechtzeitig den Raum verlässt oder zu spät die Schürze anhat kriegt seine Dosis. Es ist empfehlenswert sich eine Brille bei den Hüft-TEPs organisieren, ansonsten hat man auch schnell Blut im Gesicht. In diesem Fall ist weiterarbeiten angeraten. Einen Hörschutz für gegen das laute Gehämmere gibt es leider auch nicht. Insgesamt hatte ich das Gefühl mehr zu verdummen als etwas Neues dazuzulernen, als Dank dafür noch meinen Körper kaputt zu machen.
Allgemein ist die Wertschätzung (bis auf wenige Ausnahmen) nicht groß, dafür dass man den ganzen Laden am Laufen hält. Insbesondere von den Oberärzten dieser Klinik (in Gegensatz zu denen in meinen anderen Tertialen) wird man nicht viel beachtet, was wohl auch an den ausgeprägten Hierarchien an diesem Hause liegt. Generell empfiehlt es sich die Oberärzte mit „Herr Oberarzt“ anzureden (wohlgemerkt Oberärztinnen gibt es nicht) und den Chefarzt mit „Herr Chefarzt“ anzureden, ansonsten verfinstert sich die Stimmung merklich. Fragt man einen Oberarzt etwas bekommt man nicht unbedingt eine Antwort (auch nicht unbedingt der Assistenzarzt welcher bei einer OP eigentlich einen Rat bräuchte). Das Lehrethos an dieser Klinik ist sich diese Dinge selber anzueignen. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“. Wenn man Strukturen hinterfragt heißt es oftmals „Das war schon immer so“ oder „die anderen machen das auch so“. Als Frau hat man es nicht leicht an dieser Klinik, so wird man nicht selten an dem Umfang der Hüfte und der Brüste bemessen. Hat die einzige Frau dort ihren Teilzeittag so nennt sich dies „Herdtag“. Hat ein Mann mehrere Frauen so ist dieser „ein richtiger Mann“. Wie die Studierenden vor mir korrekt beschrieben gehört es sich anscheinend an diesem Hause als Mann den Geschäftsführer zuerst so grüßen. Ich war zutiefst erschrocken und über den weitverbreiteten Sexismus und das patriarchalische Gebähren an dieser Klinik. Soziokulturell kam es mir vor wie eine Reise in das tiefste Mittelalter, vorbildhaftes ärztliches Handeln habe ich nicht gelernt.
Allgemeinchirugie:
Hier hat man auf Station ebenfalls größtenteils mit Blutabnahmen und Briefen zu tun, zu welchen man in der Regel wenig Feedback erhält und somit der Lerneffekt gering ist. Es gibt ein eigenes PJ-Zimmer, man steht nicht die ganze Zeit unter Beobachtung, ist aber auch nicht wirklich eingebunden im Alltag. Im Sommer ist es dort sehr heiß, sodass man lieber jeden Tag versucht das Zeitfenster zum Wäscheholen abzupassen, um sich wechseln zu können. Aufgrund der Arbeitslast bleibt kaum Zeit mal in der ZNA oder bei den Sprechstunden vorbeizuschauen. Eine körperliche Untersuchung durchzuführen habe ich nicht lernen können. Der eigene Anspruch an die Qualität der abgelieferten Arbeit sollte nicht zu hoch sein, damit man mit man mit der Quantität klarkommt. Dies war für mich sehr belastend, da ich lieber gewissenhaft arbeite und den Patient*innen gerecht werden möchte. Zu den OPs wird gerufen, weil man dort unersetzlich gebraucht wird, meist zum Haken halten. Oftmals heißt das aber auch, dass man über den Feierabend gebraucht wird und wenn man erstmal am Tisch steht kommt man schlecht weg bis alles vorbei ist, was bei größeren Eingriffen auch bis in die Abendstunden gehen kann. Fall es die Zeit zulässt wird hier auch mal genäht und je nach Kenntnisstand kann man das übernehmen, damit die Oberärzte schon mal den Bericht schreiben können. Die Stimmung im OP ist oftmals angespannt und ein Danke fürs Hakenhalten darf man nicht erwarten.
Allgemeines und Fazit:
Das Essen im PJ kostet leider wieder etwas und das für meine Verhältnisse nicht wenig, mag sein, dass es an dem beschriebenen Vorfall (Vorberichte) liegt.
Die Seminare fallen regelmäßig in den Feierabend, manche sind aber ganz gut gewesen, wenn sie nicht ausgefallen sind.
Die Highlights im Tertial waren definitiv die Studientage im Tertial. In diesen Tagen habe ich mehr gelernt als im ganzen übrigen Tertial. Dies hat jedoch nicht meinen Wissensverlust über die Zeit kompensiert und ich habe das Gefühl weniger über Chirurgie zu Wissen als zu M2-Zeiten.
Ein Tertial hier ist meiner Meinung nach nicht empfehlenswert.