Das Tertial in der Chirurgie in Köpenick ist von vorne bis hinten gut organisiert. Zu Beginn zeigt euch der fürs PJ zuständige Oberarzt alle Stationen, erklärt Abläufe und Aufgaben. Es gibt in der ersten Woche eine extra Einführung in den OP. Spätestens jetzt lernt man nochmal, wie man sich wäscht, steril anzieht und so weiter. Diese gute Einführung macht, dass man bei den ersten OPs überhaupt nicht verloren geht, sondern sofort gut eingebunden ins Team mitarbeiten kann.
Es ist möglich neben der Zeit in der Allgemeinchirurgie auch in Unfallchirurgie, Gefäßchirurgie, auf IMC und in die Rettungsstelle zu rotieren. Man kann selbst gewichten, wo man mehr Zeit verbringen möchte und auch bei der Planung von Urlaubs- und geblockten Studientagen gab es genügend Freiheit. Zu Beginn des Tertials wird ein Rotationsplan erstellt. Alle meine Wünsche wurden darin berücksichtigt.
Ihr bekommt einen Spind und Kleidung. Außerdem gibt es die Aufwandsentschädigung von 350€. Wer möchte kann sich auf Nachfrage einen Schlüssel für den Fahrradschuppen geben lassen.
Der Tag in der Allgemeinchirurgie beginnt mit einer völlig akzeptablen Zahl Blutabnahmen um 7:20. Um 7:40 gibt es eine Morgenbesprechung. Danach geht man, je nachdem wo man eingeteilt ist, in den OP oder zurück auf Station. Werden PJler im Saal gebraucht, steht das immer im OP-Plan, so dass man sich gut vorher untereinander abstimmen kann, wer zu welchem Eingriff geht. Wer gerne mehr Stationsarbeit machen möchte, kann das tun. Wer in den OP geht, bekommt allerdings denke ich deutlich mehr gezeigt und versteht mehr von dem Fach. Ich stand immer mit eingewaschen am Tisch und konnte so gut sehen, was passiert. Die meisten Chirurg*innen erklären bei Fragen, was sie tun und lassen einen häufig bei der Hautnaht nähen. Es gibt auch einen Nahtkurs, so dass man das wirklich gut dort lernt. Häufige Aufgaben für PJler sind außerdem vor der OP einen Blasenkatheter zu legen und bei den laparoskopischen Eingriffen die Kamera zu führen. Nach der OP hilft man beim Umlagern der Patient*innen. Der Ton im Saal und überhaupt im ganzen Team der Allgemeinchirurgie ist sehr freundlich. Ich wurde wirklich kein einziges Mal irgendwie blöd angemotzt.
Man sieht von kleineren Eingriffen vor allem in der Proktologie, über Leistenhernienoperationen bis zu Leberteilresektionen und Pankreaschirurgie ein breites Spektrum an Operationen. Die Abteilung ist als Darmkrebs-, Pankreas- und Schilddrüsenchirurgiezentrum zertifiziert und hat damit die entsprechend hohe Anzahl an Operationen. PJler*innen sind auch zu den großen Eingriffen fast immer eingeteilt, wodurch man viele interessante Operationen zu sehen bekommt.
Auf Station geht man immer bei den Visiten mit. Ich hatte dabei keine Kollisionen mit anderen Aufgaben wie Blutabnahmen, so dass ich wirklich bei den Visiten etwas lernen und Fragen stellen konnte. Danach habe ich meistens Briefe vorbereitet, Flexülen gelegt und bei den Verbandswechseln mitgeholfen. Wenn wenig zu tun ist, ist es immer möglich auch in die Sprechstunden oder Rettungsstelle mitzugehen, z.B. die Adipositas-Sprechstunde.
Ich konnte immer eine Mittagspause machen. Um 15:20 gibt es eine Nachmittagsbesprechung. Diese dauert meistens bis 15:45 und danach bin ich an den allermeisten Tagen gegangen. Sollte man länger im OP stehen, kommt spätestens um 16:00 die Frage, ob man ausgelöst werden will und das ist dann auch immer völlig legitim zu gehen. Wer gerade etwas Spannendes macht, kann natürlich auch noch bleiben, aber es wird kein Druck dahingegend aufgebaut.
Die Allgemeinchirurgie kann ich ohne mit der Wimper zu zucken weiterempfehlen. Sowohl für Studierende, die sich wirklich für die Operationen Chirurgie interessieren, als auch für diejenigen, die einfach Stationsarbeit lernen und Basisfertigkeiten aus der Chirurgie mitnehmen wollen. Der Chefarzt und die meisten Oberärzt*innen sind an Lehre interessiert. Wir wurden vom ersten Tag an ins Team eingebunden und auch zu Sachen wie dem Sommerfest der Abteilung als wäre es selbstverständlich eingeladen. Es ist kein Zufall, dass etliche Assistenzärzt*innen nach ihrem PJ in Köpenick direkt dort angefangen haben.
Die beiden anderen Abteilungen Unfall- und Gefäßchirurgie fand ich deutlich schlechter organisiert und die Aufgaben als PJler dort deutlich weniger spannend. Andererseits habe ich dort auch nur 2 bzw. 3 Wochen verbracht und als Einblick in beide Fächer hat es auf jeden Fall nicht geschadet.
In der Unfallchirurgie gibt es einen totalen Ungustl als Chefarzt, der seltsamerweise eine wirklich nette Gruppe an Assistenz- und Oberärzt*innen leitet. Man bekommt von ihm also nur die Morgenbesprechung um 7 und ein paar Visiten und manchmal das etwas groteske Theater im OP mit. In der Rettungsstelle kann man je nachdem an welche Ärzt*innen man gerät mehr oder weniger eigenständig selbst Patient*innen versorgen. Im OP ist man nicht so häufig eingeteilt wie in der Allgemeinchirurgie, einzig bei den Hüft-TEPs steht immer ein PJler. Diese OP ist ja wie überall einfach sterbenslangweilig, weil man nichts sieht nichts erklärt bekommt und es zusätzlich anstrengend ist. Ich weiß nicht, ob es repräsentativ ist, aber in zwei Wochen war ich bei 4 Hüft-TEPs.
Das Team der Gefäßchirurgie ist freundlich. Man kann dort sehr gut und ausführlich Wundmanagement lernen. Im OP ist man seltener eingeteilt. Mir hat der Umgang einiger Ärzt*innen mit den Patient*innen nicht gefallen, da es ein sehr autoritärer Umgang war. Außerdem versteht man beim Wechseln von Allgemein- in Unfall- und Gefäßchirurgie im Vergleich, was eine wirklich gut geführte Abteilung ausmacht und lernt deren gut strukturierte Besprechungen zu schätzen.