Ich versuche hier möglichst eine umfassende Bewertung zu schreiben. Grundsätzlich gilt, dass es mein 1. Tertial war, also es noch keinen Vergleich zu anderen Stationen gab, was ich dadurch kompensiere, dass ich die Bewertung 4 Wochen nach Antritt des 2. Tertials schreibe.
Als zweite Einschränkung gebe ich an, dass ich Chirurgie mal so null affin bin und damit das Tertial im wahrsten Sinne des Wortes ein gefühltes "Pflichttertial" war.
Erstmal Grundsätzliches zur Klinik
Die Klinik ist tadellos. Mittagessen ist kostenlos, die Infrastruktur super (Kostenloser Schotterparkplatz fürs Auto, Namensschild, OP-Schlüssel bzw. Chipkarte, Internetzugang alles ab dem ersten Tag gestellt, Mittagessen kostenfrei) und man betrachtet PJler als vollwertige Mitarbeiter bis zu dem Punkt, dass man sogar eine Bescheinigung für die 3. Corona-Impfung in den Briefkasten geschickt bekommt. Man bekommt 500 E pro Monat, kann durch Dienste, die in der Chirurgie alle freiwillig sind, sogar noch mehr Gehalt abbekommen. Man ist sehr flexibel in seiner Einteilung - ich war letztlich 7 Wochen auf UCH, 3 Wochen auf Ambulanz, 1 Woche auf Intensiv und 5 Wochen ACH/VCH (man muss sich jedoch absprechen). Man hat auch immer Zeit zum Mittagessen. Die Pflege wirkt kompetent und erledigt viele Dinge auch selbst. Makellos also.
Nun zu den einzelnen Bereichen
UCH
Es geht los mit Röntgenbesprechung morgens ab 7:30 Uhr und endet mit einer Abschlussbesprechung um 15:30 (Zeit ist hier variabel, manchmal leicht früher, manchmal leicht später). Dann schaut man nach BEs und Viggos (das sind erstaunlich wenige hier, teilweise tagelang keine Viggo und so 1-4 BEs), dann geht man auf Visite mit und wartet darauf, dass man in den OP gerufen wird. Die Assistenzärzte sind durchweg alle nett (also auch wirklich alle schwer korrekt), man nimmt kleinere Tätigkeiten ab, darf mal bei ner Punktion zuschauen bzw. sogar assistieren und hilft bei den Arztbriefen/Rehaanträgen mit.
Der Hauptschwerpunkt in der UCH liegt definitiv auf den OPs. Die OP-Pfleger sind ultra nett, das habe ich auch so noch nicht erlebt. Man wird zur 2. Assistenz bei TEPs (Hüft/Knie/Schulter) gerufen, auch die Humerusfrakturen brauchen meist eine 2. Assistenz. Hier ist der erste Knackpunkt: 2. Assistenz. Grundsätzlich war das auch echt schön, mir haben gerade die HÜFT-TEPs sogar sehr Spaß gemacht, auch wenn das Bein in Position zu halten anfangs wirklich etwas schwierig war. Das war dann aber auch schon alles. Zum Nähen kommt man nicht, das machen die selbst, man schneidet halt den Faden ab und klebt mal n Pflaster drauf und dann ist gut (außer man stellt sich selbstbewusst chirurgenaffin hin und hat das alles schon zigmal gemacht). Der Wille, einem wirklich etwas beizubringen, war da im OP nicht da, Zeit dafür schonmal gar nicht.
In den OPs hervorzuheben ist der CÄ, der wirklich ein sehr kollegialer und respektvoller Mensch, auch mal Lob verteilt hat und seinen Frust nie am PJler auslassen würde. Auch zwei der drei Oberärzte sind echt gediegen und zusammen mit denen im OP zu stehen, war wirklich sehr angenehm. Einer der OÄ kann aber n ziemlicher Grantelbart sein. Während dieser sich munter mit der OP-Pflege unterhielt, war man als PJler abgestraft, wenn man sich der Unterhaltung anzuschließen versuchte und hat einem noch n dummen Spruch reingedrückt ("Sie glauben wohl, dass sie witzig wären" - Nein, ich wollte mich nur beteiligen). Das war dann immer eine etwas seltsame Atmosphäre im OP. Glaubt auch nicht, dass ihr bei ner Arthroskopie mal die Kamera mal halten dürft, wenn ihr nicht ein halbes Chirurgiestudium hinter euch habt. Und wenn ihr Fragen habt, stellt sie am besten nicht, weil diese müsst ihr dann selbst beantworten.
Eine der Ärzte war aber wirklich das Allerletzte. Da wurd ich in Woche 2 zu einer Metallentfernung gerufen, war meine Erste und natürlich sehr verhalten, hab mein Bestes gegeben und das war halt nicht genug, also konstant dumme Sprüche gedrückt bekommen. ("Ach man kommt also ohne Chirurgie-Famulatur durch das Studium?" "Ach deswegen werden die Chirurgie-PJler immer schlechter?!" "JA SAGEN SIE MIR DOCH WIE VIELE SCHRAUBEN DA AUF DEM BILD SIND?!"). Joa, selbst die mehrmalige Beteuerung nach der OP, dass ich gewillt bin, mich zu verbessern, war dann wohl überflüssig. Irgendwann später meinte er mich noch nach einer Hüft-TEP vor nem AA und mit PJlerin bloßstellen zu wollen, dass ich in der OP da auch überhaupt nicht das Bein richtig gehalten hätte (nach dem 30. Mal oder so?), das war maximal unangebracht und ich hatte dann durchweg vermieden, mit ihm in einer OP zu sein (außer der Chef war auch mit dabei, da gab es seltsamerweise nie ein Problem mit mir).
Zusammenfassend war ich gern in der UCH, diese Negativerlebnisse drücken die Bewertung leider etwas nach unten, weil das nicht hätte sein müssen. Generell auch die geringe Tendenz, einem irgend etwas beibringen zu wollen (z.B. Nähen im OP), war nervig. Dann konnte es auch mal sein, dass man studenlang Däumchen gedrückt hat, weil nichts passiert ist. Gibt Schlimmeres. Man hatte seine Rolle, durchaus seinen Spaß auch in Routinetätigkeiten und vA in Anwesenheit der AÄ ein gutes, dankbares Arbeitsumfeld. Note: 2,1
Ambulanz
Man kann grundsätzlich immer in die Ambulanz gehen, wenn man Zeit hat. Wir sind damals für 3 Wochen auf Ambulanz rotiert, darüber geht auch dieser Absatz.
Die Ambulanzzeit viel sehr unterschiedlich aus und hängt schwer von dem Arzt/Ärztin ab, der/dem man zugeteilt ist. In der ersten und zweiten Woche war das echt gut, ich durfte nun auch Patienten untersuchen, Ambulanzbriefe schreiben und wirklich so hautnahe Diagnostik mitmachen und Grundzüge aneignen. Dazu kamen auch endlich mal ein paar Nähte, meistens kleine Schnittwunden, die ich mir relativ schnell zugetraut habe. Generell ist die Ambulanz eher überlaufen, dafür können die Ärzte nichts, da läufts halt mal etwas Hektischer ab.
Die dritte Woche war dann ein Griffs ins Klo und gewaltiger Rückschritt. Es übernahm eine Ä, die maximal genervt von der Ambulanz war und ihren Frust auch wieder zum Teil am PJler rausließ. Nach dem Groove der letzten zwei Wochen startete ich voller Elan und habe am Ende die Minuten heruntergezählt, als der Freitag kam. Plötzlich war alles, was ich unterstützend machen wollte, falsch ("Was drückst du da rum?", "Leg bloß keinen Zugang in die Ellenbeuge", "Das ist jetzt komplett irrelevant", "BEs üben wir auf Station, nicht hier" (Nachdem eine mal nich geklappt hatte), "DAS IST FALSCH"). Gelerntes aus den Wochen davor wurde mit "Das machst du bitte nicht mehr" abgestempelt, Arztbriefe wurden auf unfassbar destruktive Weise kommentiert (Wehe ich verwende nen Textbaustein, machen zwar alle, aber ja wehe). Die Destruktivität erreichte ihren Höhepunkt am Freitag, da musste sie früher gehen - das war meine Rettung. Den Rest des Tages übernahm jemand Anderes und oh Wunder, plötzlich machte es wieder Spaß.
Zusammenfassend war die Ambulanz sicher die praktisch lehrreichste Zeit, beherbergte aber auch die schlimmste Woche des ganzen Tertials. Note: 2,4
Intensiv
Gott sei dank durfte ich da hin rotierten. Ich kann jedem nur empfehlen, das zu tun. Fünf Tage echt Klasse Menschen kennengelernt, super Betreuung gehabt, von Minute 1 an als Teil des Teams gesehen und wundervoll einbringen können. Da störte auch die Arbeitszeit von 7-16 Uhr nicht. Hier dürft ihr auch relativ schnell einen Patienten betreuen und, wenn gewollt, auch mal eine Arterie stechen. Glatte 1,0.
ACH
Die letzten fünf Wochen war ich dann auf ACH. In dieser Zeit waren größtenteils Sommerferien und der Stationsalltag sowie die Patientendichte schwer überschaubar. Wir waren sehr viele PJler und es gab noch einen Famulant, sodass man wirklich nicht stark ausgelastet war. Die Arbeitszeit ging trotzdem von 7 Uhr bis zum Ende der Besprechung um 15:30, also grob 16 Uhr, da gabs es wenig Spielraum für Flexibilität.
Auf der ACH ist generell die Stationsarbeit etwas mehr (BEs, auch mal ein paar Nadeln sowie Wundwechsel oder Untersuchungsanmeldungen) und OP etwas weniger. Auch schreibt man auf der ACH sämtliche Arztbriefe, da kann man sich aber gut an Textbausteinen entlang hangeln und findet schnell Routine, was wichtig ist. Dazu kommt noch die Patientenvorstellung für die OPs am nächsten Tag, wo schon ausführlich darüber berichtet wurde, was aber mM eine gute Übung und halb so wild ist. In den OPs darf man dann schon mehr machen (Kamera bei LAP Galle/Appendixx oder TAPPs, oberflächliche Nähte), wobei die Operateure auch so ihre Eigenarten haben, was aber jetzt nicht so wild ist. Alles perfekt war hier auch nicht immer - dass ich irgend ein Gefäß bei einer Bauch-Op nicht benennen konnte wurde mal als halber Affront wahrgenommen, aber es war doch gut aushaltbar. Auch hier muss ich den Chef loben, dieser verlangt zwar von den PJlern schon einiges ab (Bereitet euch gut auf die OPs vor!), er erkennt aber auch schnell an, wenn jemand sich mit einem Thema auseinandersetzt und man erfährt einen durchweg respektvollen Umgang. Positiv ausgewirkt hat sich aber auch die Truppe an mit-PJlern und PJ-Lerinnen. Note: 2,1.
Ein Wort noch zum PJ-Unterricht: Wenn er stattgefunden hat, war er wirklich gut. Er fiel aber auch echt häufig aus (>50%), die vorgegebene Liste wird stiefmütterlich beachtet und man muss dem Unterricht immer hinterher sein. Der beste Unterricht kam subjektiv tatsächlich von den UCHlern und dann ACHlern, ansonsten hat man 2x/Woche zu Themen der Fächer, die angeboten werden (also auch Innere, Anä und Gyn).
Zusammenfassung: Im PJ hängt viel davon ab, dass man ein gutes Umfeld hat - meistens hängt es direkt von den AÄ ab und manchmal halt von denen darüber. Die AÄ waren echt alle korrekt, die Pflege war korrekt, das OP-Team war korrekt. Die Klinik an sich ist ein toller Arbeitgeber und bietet ein wirklich gutes Umfeld. Wenn man die guten Seiten betrachtet, macht man mit Weinheim nichts falsch. Viele angehende Chirurgen würden sich auch dort um eine Stelle bemühen, wenn etwas frei ist. Das spricht letztlich für die Klinik. Auch wenn man nicht Chirurgie-affin ist, hat man eine eher ruhige Zeit in Weinheim. Und doch hätte ich mir viel mehr Teaching gewünscht, hätte mir gewünscht, einen Zugang zu dem Fach zu bekommen und nicht immer um Hilfestellungen bitten zu müssen (dass man es mir wenigstens einmal zeigt, war schon schwer...) und mich über so manchen Kommentar oder Eigenart eines Arztes/einer Ärztin gewundert. Den Grundtypus "Chirurg" erfülle ich nicht - Und nach dem Tertial hat sich nichts an der Erkenntnis geändert, dass Chirurgie nichts für mich ist.