Disclaimer: Ich habe mein ganzes PJ in der Schweiz absolviert, habe also keine Ahnung wie mein Tertial im Vergleich zu einem Tertial in Deutschland gewesen wäre.
Tldr: Leider nicht empfehlenswert. Schlechte Stimmung auf Station, wenig sinnvolle Aufgaben auf Station, kaum Lehre, zwei Standorte machen alles sehr kompliziert. Regulärer Urlaub und eine sich viel Mühe gebende PJ-Beauftragte sind ein grosses Plus.
Langversion:
Das USZ hat die Ambulanz der Dermatologie ausgelagert. Die Ambulanz ist am Flughafen, genannt Airport "Circle" (obwohl der Bau nur ein Viertelkreis ist.). Die Stationen sind auf dem Hauptcampus wo sich auch das Wohnheim (oder zumindest das nächste) befindet. 25-35 Minuten reine Fahrzeit mit den öffentlichen, aber dafür kann man ein Monatsticket über Spesen erstattet bekommen. Ansonsten ist das ganze Organisatorisch eher Schwierig. Der Circle ist schön und neu, der Hauptcampus halt ein klassisches okayes Universitätsklinikum.
Team: Es gibt exakt zwei Kliniken in der Schweiz an denen Dermatologie-Assistenzärztinnen ihren Facharzt machen können. Man hat den Eindruck dass dem USZ sehr genau bewusst ist dass die Assistenzärztinnen nicht weg können. Der Umgang hat etwas von Verschleißteilen, auf Station ist die Stimmung konstant sehr schlecht gewesen. Die Assistenzärztinnen sind überlastet und unzufrieden mit der Organisation und zählen die Tage bis ihre Einteilung auf Station endet und sie in den Circle zur Ambulanz kommen. Die schlechte Stimmung bekommt man natürlich auch als PJ-ler bzw. mit. Je nach Ärztin wird sich mal viel und mal gar keine Mühe gegeben das nicht an den PJ-lern auszulassen. An der Ambulanz des Circle ist die Stimmung viel besser. Den Umgang mit der Pflege habe ich allgemein als sehr angenehm erlebt. Ich habe freundlich in den Wald hinein gerufen und genau so ist es auch zurück gekommen. Finde ich Fair. Prinzipiell sind die Leute im direkten Umgang sehr freundlich (die Standard-Umgangsformen der Schweiz übrigens viel höflicher als in Deutschland), man ist auch mit fast allen Oberärzten Per Du und bekommt auch relativ häufig Kaffee ausgegeben.
Unterricht: Am Hauptcampus wechselt man häufig zwischen den Stationen hin und her, die Assistenzärztinnen auch immer wieder. So ist es kaum möglich eine langfristige Beziehung zu den Assistenzärztinnen aufzubauen. Es lohnt sich für die Assistenzärztinnen deshalb nicht einem viel Stationsarbeit beizubringen. Denn wenn man den Ablauf verstanden hat und selbstständig Aufgaben übernehmen könnte ist man oder die Assistenzärztin weg, die Investition hat sich also nicht gelohnt. Klar gibt es ein paar tolle Menschen die sich trotzdem Mühe geben einem viel beizubringen, aber die sind in der extremen Unterzahl. Ich hatte auf Station vielleicht 2. Dementsprechend hat man kaum Möglichkeit die Fähigkeiten zu üben die einem nach der Approbation das leben retten. Das einzige mal dass ich z.B. auf Visite den Oberärzten Patienten vorstellen durfte war an dem Tag an dem "meine" Assistenzärztin krank war.
Dass sich jemand mal fünf Minuten Zeit nimmt um einen Sachverhalt zu erklären ist ähnlich selten. Die Assistenzärztinnen bekommen laut ihrer Aussage selbst kaum "teachings" von den Oberärzten und geben dementsprechend auch sehr wenig weiter. Viele fühlen sich selber auch einfach nicht Kompetent und Fachlich sicher genug vermute ich.
Wenn ich gefragt habe wurde mir zwar eigentlich immer geantwortet, aber prinzipiell sind eh alle überlastet und ich hatte definitiv nicht die Energie vier Monate lang Woche um Woche darum zu kämpfen mir etwas zu erarbeiten was ich eigentlich an einem Universitätsspital ohne viel Aufwand bekommen sollte.
Es gibt alle vier Wochen PJ-Unterricht von der PJ-Beauftragen Maya Wolfensperger. Der Unterricht ist gut und macht spaß wenn man am Circle eingeteilt ist. Wenn man auf Station ist muss man versuchen sich per Skype dazuzuschalten und bekommt üblicherweise ziemlich wenig mit.
Die PJ-Beauftragte gibt auch jede Woche den Unterricht für die Assistenzärztinnen, ebenfalls am Circle. Grosse Empfehlung sich dort mit hinein zu setzen, das war für mich die beste Gelegenheit etwas aus dem PJ mitzunehmen.
Und ja, es ist tatsächlich so dass an einem Universitätskrankenhaus die PJ-Beauftragte die einzige ist, die Unterricht für PJ-ler und Assistenzärztinnen gibt. Ziemlich Traurig dass von den Professoren und restlichen Oberärzten und Oberärztinnen niemand Lust auf Lehre hat. An einem Universitätsspital.
Aufgaben: Prinzipiell hatte ich oft den Eindruck dass die Assistenzärztinnen gar nicht richtig wussten was sie mit ihren UHU's anfangen sollten. Bzw. hatten sie nicht viel Zeit sie sie in einen Investieren konnten (oder wollten). Damit sind die Aufgaben: auf Station Status und Anamnese von neu eingetretenen Patienten, mitschreiben am PC bei der Visite und sonst hauptsächlich niedere Bürotätigkeiten. Ruf mal dort an, frag mal das nach. Ziemlich viel bereitet man auch Berichte oder Akten für den nächsten Tag vor. Das bedeutet: Arztbriefe durchwälzen, Standardvorlagen öffnen, Copy und Paste. All das was am schreiben eines Arztbriefes nervig ist, aber ohne den Teil für den man den Patienten verstanden haben muss. Der wird dann zu 90% von den Assistenzärztinnen selbst gemacht, was Schade ist, denn dieser Teil wäre Wahnsinnig nützlich für das spätere Arbeiten. Immer mal wieder gibt es noch das Abnehmen von Bakteriologie, Mykologie oder Schuppen irgend eines Körperteils für die Histologie.
In der Ambulanz sitzt man überwiegend in den Sprechstunden dabei. Fertig. Mehr gibt es nicht zu tun. Coole Assistenzärztinnen lassen einen auch mal selbst die Patientengespräche führen, aber die sind eher selten. Ein Zimmer in dem man selbst Patienten empfangen könnte gibt es seit dem Umzug der Ambulanz zum Flughafen nicht mehr. Wenn man Glück hat und ein Behandlungszimmer frei ist wegen Krank oder Urlaub kann man ggf. wirklich mal Patienten selbst empfangen, aber das ist eher selten. Hauptsächlich sitzt man dabei und schaut anderen bei der Arbeit zu. Eine Woche oder zwei ist es ganz nett mal die Hautbefunde sehen zu können, aber es wird sehr schnell sehr öde.
Lichtblick: Sowohl auf Station als auch in der Ambulanz ist die Chance sehr hoch dass man selbstständig Punchbiopsien nehmen und ggf. danach auch selbst die Wunde zunähen darf. Gut möglich dass ich in meinem Dermatologie-Tertial häufiger genäht habe als in der Chirurgie. Was mir persönlich gefallen hat.
Blutentnahmen o.ä. gehören in der Schweiz zu den Pflegetätigkeiten, Damit hat man als Unterassistentin nichts zu tun. Wer also das legen von Vigos können will muss das in Deutschland lernen.
Weiteres: Jeden Monat hat man einen Wochenenddienst, das Essen in der Kantine des Hauptcampus ist eher Meh und teuer, das am Flughafen ziemlich gut und etwas Billiger. Knapp 10 Franken zahlt man allerdings an beiden Standorten für ein Essen. Billiger ist nur selber Kochen. Zürich ist wirklich schön, aber halt eine der teuersten Städte überhaupt.
Die PJ-Beauftrage Maya Wolfensperger ist mit viel Elan dabei und gibt sich alle Mühe der Welt dafür zu sorgen dass man ein gutes PJ hat, kann aber leider auch nur mit Wasser kochen. Sie gibt schon alleine jede Woche Unterricht für die Assistenzärztinnen und jeden Monat Unterricht für die PJ-ler, aber sie kann nicht selbstständig mehr Assistenzärztinnen anstellen um die Stationen zu entlasten, kann nicht selber Arbeitszimmer im Circle bauen oder dafür sorgen dass irgendwelche Professoren plötzlich Lust auf Lehre haben. Schön wäre es, ich bin sicher sie würde es tun.
Studientage gibt es keine, aber man hat regulären Urlaub der einem auch nicht als Fehltage ins Zeugnis geschrieben wird.
Auf dem Circle kann man häufig früher gehen, man sitzt ja eh fast nur als Zuschauer dabei. Auf Station ist das eher selten der Fall, dort gibt es einfach zu viel Arbeit die die Assistenzärztinnen auf ihre UHUs abwälzen müssen um ihren eigenen Tag halbwegs bewältigen zu können.
Fazit:
Leider habe ich in dem PJ-Tertial ziemlich wenig mitgenommen was mich auf die Prüfung oder das Leben nach dem Stex vorbereitet hat. Schlechte Stimmung auf Station und viel rumsitzen in der Ambulanz bedeuten leider dass ich die Derma am USZ nicht mal Dermatologie-interessierten weiterempfehlen würde.