Hier bekommt man auf jeden Fall ein typisches chirurgisches Tertial mit allen Höhen und Tiefen, wie man es vom Hörensagen kennt. Zunächst war ich sehr positiv überrascht, wie gut man aufgenommen wird und dass man nicht nur als PJler Hakenhalten und Blutabnehmen muss, doch nach einiger Zeit blickt man besser hinter die Kulissen und merkt, woran es in dem Krankenhaus fehlt.
Eines der größten Probleme war, dass zum ersten September 2021 die Unfallchirurgie komplett aus dem Krankenhaus nach Merheim umgezogen ist, sodass es keinerlei unfallchiurgische oder orthopädische PatientInnen mehr in Holweide gibt. Selbst die Zentrale Aufnahme wurde im Laufe der zwei Monate von sehr wenig fußläufigen unfallchirurgischen Patienten besucht. Auch viszeralchirurgisch war in der Ambulanz generell sehr wenig über die Zeit zu tun. In den Frühbesprechungen merkte man den Frust über den Wegzug sowie über die drohende Schließung des Krankenhauses. Diese drohende Schließung macht sich nach einiger Zeit an vielen Stellen und in vielen Teams bemerkbar. Das war total schade, zumal unter der schlechten Laune der Oberärzte man als PJlerIn nicht gerade freundlich behandelt wurde. Dies machte sich im OP oft bemerkbar, der Haken wurde nicht richtig gehalten, die Kamera falsch eingestellt, falsches Latein zum Beschreiben der Strukturen verwendet, so dass man teilweise immer das Gefühl hatte, egal was man macht, man macht es falsch und sie selbst machen alles richtig. Diese Unfreundlichkeit und schlechte Laune zeigte sich in großem Maße während der Visite gegenüber den PatientInnen (wirklich das Gegenteil von jedem Kommunikationskurs). Im Gegensatz dazu waren alle Oberärztinnen grandios. Ein Unterschied, der dies ebenfalls eindrücklich beschreibt, ist, dass ein Duzen der Oberärzte ein absolutes NoGo ist, der Oberärztinnen jedoch selbstverständlich, diese hatten sich auch mit Vornamen vorgestellt. Diese hatten zu jeder Zeit trotz des Stresses Lust und Laune, Zusammenhänge zu erklären, sie waren wirklich an der Ausbildung der Studierenden interessiert. Viele der AssistentInnen waren ebenfalls immer hilfsbereit und hatten Spaß bei der Lehre. Auch in der Zentralen Aufnahme war trotz der wenigen chirurgischen PatientInnen eine gute Stimmung, die dort tätigen ChirurgInnen waren ebenfalls immer für Lehre oder Spaß bereit.
Und ein ebenfalls noch typisches Problem: Digitalisierung ist hier fehl am Platz. Papierakten sind der Standard - also die Vergangenheit, die hier gelebt wird. Digital wäre mal als Gegenwart angesagt, aber Fehlanzeige.
Zum Mittagessen: Leider wurde kurz vor dem Start unseres Tertials dort das kostenlose Mittagessen für PJlerInnen gestrichen. Auf Nachfrage bei der Personalabteilung verdiene man als PJlerIn Geld (400€), um sich dies zu leisten. Außerdem sei das Essen reduziert, hierbei ist nur der Witz, dass es einen einheitlichen Preis gibt - egal ob Pflege, ÄrztInnen, Verwaltung oder Studierende.
Was doch noch gut ist: Man kann sich auf Station und in der Ambulanz zu jeder Zeit Kaffee oder (Sprudel)Wasser ziehen!