PJ-Tertial Chirurgie in Spital Frutigen (6/2021 bis 10/2021)
Station(en)
Chirurgie/Orthopädie/Allgemeinchirurgie
Einsatzbereiche
Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Notaufnahme, Station, OP
Heimatuni
Tuebingen
Kommentar
Einmal vorneweg: Ich kann den vorherigen Berichte nur zustimmen und ein PJ-Tertial in der Chirurgie am Spital Frutigen allen nur wärmstens empfehlen! Die Stimmung ist super, wirklich alle (von der Pflege über die Assistenzärzte und die Kaderärzte) sind sehr nett, hilfsbereit und motiviert, einem etwas beizubringen. Ich hatte dort mein bestes PJ-Tertial und einfach eine wahnsinnig tolle Zeit!
Das Spital Frutigen ist ein kleines Spital im Berner Oberland, umgeben von Bergen. Neben der Chirurgie gibt es noch eine Innere und eine Gynäkologie. Dadurch, dass das Spital klein ist, werden kritische Patienten eher weiterverlegt in ein Zentrum der Maximalversorgung. Das kleine Spital ist aber gerade auch für PJler super, die gerne selbst viel praktisch lernen und machen wollen. Das PJ-Tertial ist wirklich top organisiert, jeder weiß, dass man kommt und es ist alles (Telefon, Badge, Namensschild, Einführungsschulung) für einen vorbereitet.
Der Tag beginnt um ca. 7:50 Uhr mit einem Morgenrapport, in dem die neu aufgenommen Patienten vorgestellt werden. Danach geht es meistens in den OP. Wir Uhus haben uns untereinander immer aufgeteilt und abgesprochen, wer wann welche OP sehen möchte. Bei kleineren Eingriffen ist man meistens auch die 1. Assistenz, bei größeren Eingriffen die 2. Assistenz. Die Stimmung im OP ist ausgesprochen gut und das OP-Personal ist eigentlich immer gut gelaunt. Die Kaderärzte erklären einem auch viel und man darf gerne Fragen stellen. Sobald man nähen kann, darf man häufig auch zunähen. Manchmal darf man auch bohren. Bei laparoskopischen OPs kann man auch mal die Kameraführung übernehmen. Neben allgemeinchirurgischen, unfallchirurgischen und orthopädischen OPs assistiert man auch bei gynäkologischen OPs und bekommt daher auch einen Einblick in die Gynäkologie. Nach oder zwischen den OPs hat man häufig auch noch Zeit, einen Kaffee im Aufenthaltsraum zu trinken. Finden mal keine OPs statt, sitzt man nach dem Morgenrapport, sofern Zeit ist, noch gemeinsam mit den anderen Uhus und Assistenzärzten zu einem Kaffee zusammen, bevor man auf Visite oder auf den Notfall geht.
Als Uhu ist man weniger auf Station, dafür umso mehr auf dem Notfall und im Ambi eingeteilt und darf viel eigenständig arbeiten. Wenn Notfälle kommen, darf man sie (meist zusammen oder in Rücksprache mit einem Assistenzarzt) ansehen, Anamnese erheben, körperlich untersuchen, Untersuchungen wie z.B. Röntgen oder CT anmelden und bespricht dann mit dem Assistenzarzt und dem zuständigen Kaderarzt das weitere Prozedere. Wenn es etwas zu nähen gibt, darf man fast immer auch nähen. Dadurch wird man mit der Zeit recht fit in der grundlegenden Notfallversorgung. In der Notfallversorgung fallen auch Aufgaben an wie Rezepte ausstellen und Arztbriefe schreiben. Man darf auch jederzeit sagen, falls man sich etwas nicht zutraut oder man nochmals etwas gezeigt oder erklärt haben möchte. In der Regel ist dafür immer Zeit. Ich habe vor meiner Zeit am Spital Frutigen nicht nähen können und habe es hier gelernt. Die Assistenzärzte haben sehr viel Geduld und lassen einen viel machen, sobald sie einschätzen können, was man als Uhu schon kann. Nachmittags sind die Uhus in der Regel immer im Ambi eingeteilt. Hierher kommen ambulante Patienten zur Nachsorge nach OPs, Verletzungen, Unfällen. Als Uhu übernimmt man in Rücksprache mit dem zuständigen Kaderarzt hier die komplette Versorgung von der Anamnese über körperliche Untersuchung, Verbandswechsel, Fadenzug und Management des weiteren Prozedere. Wenn man lernen möchte, wie man Verbände korrekt macht und Patienten nach OPs oder Verletzungen weiterversorgt, ist man hier genau richtig.
Zusätzlich hat man noch Picket-Dienste. Je nachdem, wie viele Uhus da sind, hat man mal mehr, mal weniger Dienste zu belegen. Die Dienste teilen sich die Uhus von der Chirurgie mit den Uhus von der Innere. Unter der Woche geht der Picket von 17 Uhr bis zum nächsten Tag zum Morgenrapport. Sofern der Notfall abends oder nachts voll läuft und die Assistenzärzte Unterstützung brauchen oder notfallmäßig eine OP stattfindet, wird man angerufen und muss kommen. Nachts ist das selten der Fall, am Abend wird man schon mal angerufen. Zudem gibt es Picket-Dienste am Wochenende, die von Freitag 17 Uhr bis Montag zum Morgenrapport gehen. In dieser Zeit muss man immer erreichbar sein und innerhalb einer halben Stunde im Spital sein, wenn man angerufen wird. Wochenends ist tagsüber in der Regel sehr viel los und man wird auch sehr eingebunden und ist recht viel und lange im Spital. Ich persönlich habe die Wochenend-Dienste gerne gemacht, da man hier viel eigenständig arbeiten konnte und sie sehr lehrreich sind. Man arbeitet immer mit einem Assistenzarzt und den zuständigen Kaderärzten im Hintergrund zusammen. Am Wochenende ist man neben den chirurgischen Patienten auch für die internistischen und gynäkologischen Patienten auf dem Notfall zuständig. Dadurch, dass das Spital direkt in den Bergen liegt und die Patienten eher weit zum nächstgrößeren Spital fahren müssen, kommen auch regelmäßig Polytraumata, pädiatrische oder andere Fachrichtungen auf den Notfall. Daher hat man ein sehr breites Spektrum und kann dementsprechend viel sehen und lernen. Am Wochenende gibt es auch umsonst Mittag- und Abendessen und Kaffee-Jetons, damit man sich umsonst Kaffee holen kann. Pro Wochenende gibt es auch einen freien Kompensationstag unter der Woche, den man sich in Absprache mit den anderen Uhus frei nehmen kann.
Dienstags findet abends immer ein Röntgenrapport statt, der vermutlich der beste ist, den man sich vorstellen kann und wohl in dieser Form auch kaum woanders so erleben wird. Der zuständige Radiologie ist sehr motiviert, einem etwas beizubringen und hat ein enormes Fachwissen. Daher kann man extrem viel lernen.
Außerdem gibt es immer freitags nach dem Morgenrapport eine EKG-Schulung, bei der man sich gemeinsam EKGs anschaut und bespricht. Manchmal finden mittwochs nach der Visite auch chirurgische Fortbildungen statt. Entweder ein Uhu oder Assistenzarzt hält einen Vortrag oder ein Kaderarzt bietet einen Nahtkurs, Untersuchungskurs oder eine Fortbildung über ein bestimmtes Thema an. Donnerstags halten die Internisten nach dem Morgenrapport meistens einen Vortrag, den man sich als chirurgischer Uhu auch gerne anhören kann, sofern man nicht in den OP muss.
Ansonsten hat man regulär 2 Urlaubstage pro Monat, die man sich in Absprache mit den anderen Uhus frei nehmen und auch akkumulieren kann.
Für Mittagessen ist eigentlich immer Zeit. Es kostet 10 Franken, schmeckt super und hat Restaurant-Niveau. Meistens geht man mit den anderen Uhus und den Assistenzärzten gemeinsam zum Mittagessen. Die Assistenzärzte rufen einen auch an und fragen, ob man mit zum Essen kommen möchte und geben einem manchmal auch ein Essen aus :-) Man wird als vollwertiges Teammitglied gesehen und auch so behandelt und wertgeschätzt, was ich als sehr positiv erlebt habe.
Untergebracht ist man im Personalwohnheim direkt neben der Klinik. Die Zimmer sind renoviert, möbliert und in einem sehr guten Zustand. Jeder Uhu hat ein eigenes Waschbecken im Zimmer, das Bad teilt man sich zu zweit mit einem weiteren Uhu. Generell ist das Wohnheim sehr sauber und gepflegt und wird einmal pro Woche sogar von einer Reinigungskraft geputzt.
Der Ausblick aus dem Wohnheim ist wunderschön, direkt auf die Berge. Das Wohnheim ist direkt mit dem Spital verbunden, sodass man in ca. 2 Minuten im Spital ist, was gerade für Uhus, die morgens möglichst lange schlafen wollen, perfekt ist ;-)
In der Küche ist eigentlich auch alles vorhanden, was man an Geschirr für das Tertial braucht. Wir haben dort oft zusammen Abend gegessen, Fondue gemacht oder einfach nur gequatscht.
Wenn man gerne wandern geht, ist man in Frutigen an der richtigen Stelle. Frutigen selbst ist ein kleiner Ort und daher sehr ländlich geprägt. Es bietet viele Freizeitmöglichkeiten, man kann direkt loswanden und ist auch schnell am Thunersee oder dank der guten Zuganbindung auch in Bern oder Interlaken.
Als Zusammenfassung am Schluss: ich hatte hier die beste Zeit meines Lebens und nirgendwo vorher im Studium praktisch so viel gelernt wie hier! Daher kann ich es nur jedem empfehlen, sein PJ-Tertial am Spital Frutigen zu machen. Ich habe mich dann letzten Endes auch hier als Assistenzärztin beworben, ich denke, das sagt viel über das Spital und die Zeit hier aus :)
Bewerbung
Ich habe mich knapp drei Jahre vorher bei Dr. Häfliger beworben. Manchmal wird jedoch auch kurzfristig eine Stelle frei, da lohnt es sich, nochmals nachzufragen.