Nachdem ich mich an das für mich etwas schwer zu verstehende Schweizerdeutsch gewöhnt habe und die Patienten und Mitarbeiter in Ihrer Sprache mit mir kommunizieren konnten, war schon mal eine grosse Barriere überwunden.
Schritt für Schritt wurden wir Studenten wir darauf vorbereitet, eigene Patienten zu betreuen und Verantwortung zu übernehmen.
Je nach Engagement des Studenten durfte man auch recht viel selber machen. Die Assistenzärzte haben es mir freigestellt, Patienten auf dem Notfall mit ihnen gemeinsam oder alleine zu untersuchen und mit dem Chefarzt zu besprechen. Ein Vorteil im Spital Frutigen ist, dass der Notfall interdisziplinär geführt wird, und dass sich alle Assistenzärzte (egal, von welcher Abteilung) gegenseitig helfen. So hatte ich das grosse Glück, einerseits abwechslungsreiche Medizin zu sehen und mitzumachen und andererseits Teil eines Teams zu sein. Denn wenn man sich nicht allzu doof anstellt oder sich arrogant aufführt, wird man als vollwertiger Mitarbeiter, auch von den Chefärztin akzeptiert.
Was das Teaching angeht, sollte man nicht überrascht sein, dass in einer 7000-seelen-gemeinde kein universitätsspital steht, in dem man als student in die tiefen der wirbelsäulenchirurgie eingeführt wird oder man täglich mit den sonderbarsten, aufregendsten Fällen a la "emergency room" oder "dr. house" konfrontiert wird. Hier lernt man Medizin von der Basis aus, und das ist auch gut so!
Somit war ich nach 4 Monaten PJ in Frutigen vielleicht nur suboptimal auf das schriftliche Staatsexamen vorbereitet. Dafür aber um so mehr auf mein 1. Jahr als Assistenzarzt.
Ich habe in dieser Zeit wertvolle menschliche Erfahrungen gemacht, die so manchem aufgrund seines Verhaltens sicher entgeangen sein dürften.
Zuletzt noch ein Kommentar zu der Bewertung meines "Co-Bewerters": Die Assistenzärzte haben durchaus eine ganze Menge zu teachen, aber sicher nicht für solche Studenten, die sich in die Position erheben, den Operateur (=Chefarzt) teachen zu müssen!!!