PJ-Tertial Unfallchirurgie in Chris Hani Baragwanath (9/2021 bis 11/2021)

Station(en)
Traumatologie
Einsatzbereiche
Diagnostik, Notaufnahme, Station, OP
Heimatuni
Luebeck
Kommentar
Das Chris Hani Baragwanath Academic Hospital – kurz BARA – ist eines der größten Traumazentren der Welt und dementsprechend berühmt und berüchtigt. Ärzte aller Nationalitäten nutzen die Gelegenheit sich hier fortzubilden und mehr über Traumatologie zu lernen, denn eines ist gewiss, was wir uns in Europa darunter vorstellen weicht deutlich von den Begebenheiten in Johannesburg, Südafrika ab.
Dabei gilt: Wer in Deutschland bereits einen Platz im Schockraum gebucht hätte, bekommt hier bloß einen Stuhl im Wartezimmer.

Das Bara:
Das Department Traumatologie am Bara gliedert sich in vier Bereiche. Eingeliefert werden die Patienten in die TEU, Trauma Emergency Unit. Hier erfolgt eine Triagierung durch die Ärzte sowie die Aufnahme und Eröffnung einer Fallakte durch das Pflegepersonal. Je nach Verletzungsschwere finden sich die Patienten dann im Pit, der normalen Notaufnahme oder im Resus, dem Schockraum wieder.

Der Pit lässt sich im Aufbau gut mit einer deutschen Notaufnahme vergleichen. Es gibt verschiede Kabinen, die alle mit einer Liege, einem Waschbecken sowie einem Schrank, der mehr oder weniger mit Material zur Wundversorgung und weiterem Behandlungsmaterial aufgefüllt ist, ausgestattet sind. Der größte Unterschied ist hier die Verfügbarkeit von Material sowie die Funktionsfähigkeit und Sauberkeit der Einrichtung.

Der Resus – Kurzform von Resuscitation – ist im Vergleich zu Deutschland eher ein „Rudelschockraum“ mit 14 regulären Bettplätzen. In einer hektischen Nacht kann es aber auch durchaus vorkommen, dass sich zwei Patienten einen Platz teilen oder jemand auf dem Flur geparkt wird, denn es ist keine Seltenheit, dass sich auch mal mehr als 20-25 Patienten zeitgleich im Resus befinden.
Anschließend gehen die Patienten je nach Behandlungsbedarf direkt ins Theatre, den OP oder in die Wards, also auf Station.

Die Theatre sind ähnlich ausgestattet wie unsere OP-Säle. Vieles ist Mehrwegmaterial und vieles etwas älter -– beispielsweise werden Amputationen manuell mit Muskelkraft statt mit der elektrischen Knochensäge, wie wir es kennen, durchgeführt. Der größte Unterschied findet sich hier allerdings in Punkto Hygiene und Sterilität. Das Einwaschen findet stiefmütterlich statt und gleicht eher einer für uns normalen Händehygiene. Desinfektionsmittel: Fehlanzeige. Auch ist es nicht allen Operateuren wichtig auf die Sterilität zu achten, sodass die „sterile“ Absaugung zwischendurch auch mal zur Anästhesie gegeben oder mit sterilen Handschuhen die Neutralelektrode umpositioniert wird – ohne, dass es einen Handschuhwechsel gibt, bevor sie zurück in den Patienten wandern. Es ist nicht überraschend, dass die Sepsisrate hier extrem hoch ist. Seit der COVID-19-Pandemie soll diese allerdings rückläufig sein, was unter anderem auf die Sensibilisierung für hygienische Maßnahmen, insbesondere das Händewaschen zurückgeführt wird. Selbst in den privaten Krankenhäusern, welche in der Versorgung dem europäischen Standard ähneln, soll sich dies bemerkbar machen.

Die Wards gleichen einem großen Schlafsaal mit geschätzten 50 Betten, welche dicht aneinander gereiht sind. Privatsphäre gibt es hier keine. Es wird lediglich versucht eine Geschlechtertrennung vorzunehmen, indem die wenigen weiblichen Patienten in einem schmalen Gang an der Seite untergebracht werden. In einer Ecke stehen Fahrradergometer auf denen besonders die Thorax drainierten Patienten selbstständig trainieren können und sollen, um ihre Lungenfunktion zu verbessern. Auch beatmete Patienten finden sich auf der normalen Station, ein Intensivbett gibt es erst bei Instabilität.

PJ:
Der Tag beginnt, abgesehen vom Donnerstag, an dem er bereits eine halbe Stunde früher startet, um 07 Uhr mit der Visite. Hier werden alle neuen Patienten im Resus, Pit und Ward vorgestellt, was je nach Patientenaufkommen in der Nacht gerne eine Stunde dauern kann. Aufgrund der Vielzahl von Ärzten und Studenten ist es häufig schwierig der Besprechung zu folgen, wodurch es recht langatmig werden kann. Jeden Donnerstag findet zusätzlich eine M&M-Konferenz statt, bei der alle Todesfälle der letzten Woche besprochen werden.
Hat man diesen Teil des Tages überstanden startet die eigentliche Arbeit, welche ganz unter dem Motto „Hands-on“ steht. Typische Aufgaben sind:
• Aufnahme und Anamnese nach dem ABCDE-Schema
• Durchführen von low dose Röntgenuntersuchung
• Körperliche Untersuchung
• PVK-Anlage
• Blutentnahme (venös/arteriell)
• DK-Anlage
• Wundversorgung inklusive Hautnähten
• Scruben von Verbrennungen
• Anordnung und Befundung von radiologischen Untersuchungen
• Transportbegleitung von intubierten und/oder instabilen Patienten
• Medikamentenverordnung

Wer sich sicher fühlt kann auch folgende Aufgaben übernehmen:
• Plastische Rekonstruktionen (beispielsweise einer Ohrmuschel)
• Debridieren tiefer Wunden und Adaptation
• ZVK-Anlage
• Kurznarkosen
• Legen von Thoraxdrainagen
• Intubation und Beatmung
• Legen von Magensonden
• Reanimation
• Assistenz bei Notfalleigriffen (beispielsweise Thorakotomie/Sternotomie)

Schnell entwickelt man ein Gefühl für die Dringlichkeit der Patientenversorgung und hat die Möglichkeit Unmengen an praktischer Erfahrung zu sammeln. Besonders in den Nachtschichten kann man viele Prozeduren selbst durchführen. Anfangs wird man bei den größeren beziehungsweise schwierigeren Dingen begleitet, später kann man auch eigenverantwortlich tätig werden. Eine Einarbeitung gab es nicht, wer aber zum Typ „Learning by doing“ gehört, ist hier gut aufgehoben.
Die Uhren am Bara ticken definitiv anders und zwar deutlich langsamer. Es ist leider keine Seltenheit, dass ein Akutpatient mit neurologischen Ausfällen nach Kopftrauma gut und gerne vier Stunden auf seine cCT-Untersuchung wartet. Auch eine adäquate Analgesie lässt häufig lange auf sich warten. Bei vielen Dingen muss man zumindest im Kopf schon zwei bis drei Schritte vorausdenken, denn spontan und schnell kann man hier nicht unbedingt intervenieren.
Viele Erfahrungen lassen sich sicherlich gut unter dem Begriff „Kulturschock“ zusammenfassen.
Wichtig zu beachten ist der Eigenschutz, denn niemand wird einem diese Verantwortung abnehmen und nicht alle Kollegen sind vorsichtig. Besonders Nadelstichverletzungen sind hier ein großes Thema. Gleich mehrere meiner Kollegen waren während meines Aufenthalts auf eine Post-Expositions-Prophylaxe angewiesen, da die HIV-Prävalenz der 15-49 Jährigen Bevölkerung bei 19,1 % (in 2020) liegt. Ebenso ist Tuberkulose nach wie vor ein großes Thema, welches gerade während der COVID-19-Pandemie gerne vergessen wird.

Fazit:
Südafrika ist ein unglaublich schönes und vielfältiges Land. Der Aufenthalt hat nicht nur meine fachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten enorm vorangebracht, sondern mich auch in meiner persönlichen Entwicklung sehr bereichert. Ich möchte den Aufenthalt keinesfalls missen und bin überaus dankbar, dass ich die Möglichkeit bekommen habe.
Dennoch möchte ich betonen, dass es sich teilweise um Grenzerfahrungen handelt, die vielleicht nicht jeder einfach verarbeiten kann und mit Risiken verbunden ist – auch wenn man sich an die Regeln hält. Nicht ohne Grund gaben viele der mir begegneten südafrikanischen Ärzte und Bürger an, dass sie, wenn sie die Möglichkeit hätten, gerne das Land verlassen würden.
Bewerbung
Ich habe mich knapp 2 Jahre im Voraus beworben und zeitig Rückmeldung erhalten. Die Ansprechpartnerin hat allerdings gewechselt und die neue ist weder zuverlässig, noch engagiert und beantwortet nach eigener Aussage keine Mails, die älter sind, als 24 Stunden – bekommt man nach 1-2 Tagen keine Antwort, sollte man die Mail besser erneut senden.
Unterricht
Kein Unterricht
Tätigkeiten
Patienten untersuchen
Mitoperieren
EKGs
Röntgenbesprechung
Botengänge (Nichtärztl.)
Notaufnahme
Blut abnehmen
Briefe schreiben
Punktionen
Untersuchungen anmelden
Braunülen legen
Eigene Patienten betreuen
Chirurgische Wundversorgung
Patienten aufnehmen
Dienstbeginn
Vor 7:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Frei verfügbar
Gehalt in EUR
keins
Gebühren in EUR
Für 2 Monate: ca. 1000€ Studiengebühren, ca. 100€ HPCSA, ca. 500€ Wohnungsmiete, ca. 200€ Carsharing + Lebenshaltung und Reisen

Noten

Team/Station
2
Kontakt zur Pflege
3
Ansehen des PJlers
1
Klinik insgesamt
2
Unterricht
4
Betreuung
3
Freizeit
1
Station / Einrichtung
1
Gesamtnote
2

Durchschnitt 2.07