Poliklinik (Unfallchirurgie), Station 7 (Allgemeinchirurgie)
Einsatzbereiche
OP, Poliklinik / Ambulanz / Sprechstunde, Station
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ich hatte mich ursprünglich u.a. auch wegen der zu dem Zeitpunkt meines PJ-Beginns guten Bewertungen der Uniklinik Münster für Chirurgie hier beworben. Wer viel aus seinem Chirurgie-Tertial mitnehmen möchte (oder auf der anderen Seite möglichst viel Freizeit haben möchte), dem kann ich die Uniklinik leider nicht empfehlen. Eine Ausnahme bildet die Unfallchirurgie, in der man zwar auch lange Arbeitszeiten hat, aber bei der die gute Stimmung im Team die Zeit deutlich aufwertet.
Allgemein ist es am Uniklinikum Münster so, dass man 8 Wochen Unfallchirurgie und 8 Wochen Allgemeinchirurgie macht. Einmalig gibt es die Möglichkeit während des Tertials für zwei Wochen in eine andere chirurgische Abteilung (Neurochirurgie, Kinderchirurgie, Herz-Thorax-Chirurgie, Gynäkologie, Urologie) zu rotieren.
Unfallchirurgie
Ich hatte das große Glück für die ersten 8 Wochen meines Tertials in der Unfallchirurgie in der Poliklinik (=Notaufnahme) eingeteilt zu sein. Hier werden immer zwei Studierende per Zufall eingeteilt.
Pro:
- neue Patienten darf man sich als Studierender immer als Erstes anschauen --> Anamnese, körperliche Untersuchung, dann Vorstellung an den Assistenzarzt, Notfallbericht schreiben, im Idealfall dann nochmals gemeinsam zum Patienten mit Assistenzarzt/Oberarzt
- eigenständiges Arbeiten möglich
- Blutentnahmen/Viggos werden durch die Pflege in der Notaufnahme erledigt
- Wundversorgung inklusive Lokalanästhesie und Nähen möglich
- Teilnahme an Schockräumen (einer der Ärzte hat immer das Schockraumtelefon, deshalb bekommt man eigentlich immer mit, wenn ein Schockraum angemeldet ist)
- sehr nettes Ärzteteam, wirklich gute Stimmung
- auch im OP angenehme Stimmung --> bei Rückfragen wird auch viel erklärt
- man darf bei Interesse auch im OP mithelfen (mal eine Schraube bohren, zunähen fast immer möglich)
- Mittagessen oft möglich
Kontra:
- in den Semesterferien wirklich viele Studierende (wir waren zu Beginn 3 PJler, 2 Famulanten, 1 Blockpraktikant), da steht man sich schon mal auf den Füßen rum
- kein eigener Arbeitsplatz (trotzdem wird erwartet, dass man die Notfallberichte schreibt)
- viele Terminpatienten --> Verlaufsuntersuchungen von postoperativen Patienten/Verlegungen aus externen Krankenhäusern, d.h. komplizierte Fälle, die auch der Assistenzarzt nicht alleine betreuen kann --> warten auf den Oberarzt für das weitere Procedere, dieser hat jedoch oft keine Zeit für eine Fallbesprechung (d.h. kaum eine Lernkurve)
- Assistenzärzte/Oberärzte geben den PJlern nicht Bescheid, wenn sie sich die Patienten nochmal ansehen --> man bekommt die Untersuchung/das weitere Procedere nur mit, wenn man sich aktiv an die Ärzte dranhängt
- Pflege zum Teil sehr negativ den PJlern gegenüber eingestellt
- wenn PJler im OP gebraucht werden, wird meist einer der Notaufnahmeärzte angerufen, der dann die PJler aus der Notaufnahme schicken soll --> oft muss man dann um die Mittagszeit/Spätnachmittags noch im OP aushelfen
- oft längere Arbeitszeiten bis 17/18 Uhr
- PJ-Seminare haben die ersten 5 Wochen überhaupt nicht stattgefunden, danach sehr unregelmässig
Unbedingt würde ich euch empfehlen Dienste mitzumachen! Habe bestimmt 4-5 Dienste in den 8 Wochen gemacht, und dort am meisten gelernt. Dienstbeginn ist gegen 14:30 Uhr zur Intensivvisite, danach geht man entweder in den OP für Notfalleingriffe oder läuft mit dem 2. Dienst in der Notaufnahme mit. Sehr hohe Lernkurve! Patienten selbst aufnehmen, eigenständig Untersuchungen anfordern, alleine nähen oder als 1. Assistenz im OP mit dabei sein - man bekommt alles mit und darf sehr viel machen. Und die Ärzte freuen sich immer über studentische Unterstützung. Meist darf man zwischen 23-01 Uhr nach Hause gehen, einmal war ich bis 4 Uhr morgens bei einem Polytrauma im OP mit dabei. Den Folgetag hat man dann auch frei. Im OP-Plan kann man sehen, welche Ärzte Dienst haben, daran kann man sich auch orientieren (das bekommt man schnell mit) mit wem es sich mehr lohnt Dienste zu machen ;)
Meine Zeit in der Unfallchirurgie fand ich insgesamt gut, v.a. das junge Team an Assistenzärzten und Oberärzten fand ich sehr sympathisch. Auch in den Frühbesprechungen/Röntgenbesprechung war die Stimmung gut und der Chefarzt hat auch Wert darauf gelegt, dass wir Studierende daraus etwas mitnehmen. Meine beiden Lieblingsoberärzte, die in der Notaufnahme oder im OP trotz hohem Arbeitsaufwand sich immer Zeit genommen haben, auch einmal einen Fall durchzusprechen, etwas Bedside-Teaching zu machen oder im OP auch das eigenständige Arbeiten mal gefördert haben, haben beide zu Beginn des neuen Jahres eine Stelle an anderen Kliniken begonnen. Insgesamt würde ich die Unfallchirurgie jedoch trotz der fehlenden PJ-Seminare mit einer stabilen 2,0 bewerten.
Allgemeinchirurgie
Ich war insgesamt nur drei Wochen in der Allgemeinchirurgie, da ich noch für 3 Wochen in die Urologie rotiert bin (uneingeschränkt beste Zeit meines PJ-Tertials in der Chirurgie) und mir zwei Wochen Urlaub genommen habe. Die drei Wochen in der Allgemeinchirurgie haben allerdings mehr als gereicht, ich hätte keinen einzigen Tag länger dort verbringen wollen.
Pro (vor dem Hintergrund, dass während meiner Zeit dort mehrere Pflegestreiks waren + Corona-Situation, und deshalb kaum OPs stattgefunden haben)
- regelmässig Mittagspausen möglich
- meist pünktlich Feierabend gegen 15:30 Uhr
- nette Pflege auf der Station 7
- PJ-Seminare finden statt, jedoch sind diese immer erst spätnachmittags/abends angesetzt
- es hatte ein Assistenzarzt neu während meiner Rotation angefangen, der sehr motiviert war den PJlern auch etwas zurückzugeben, so hat er mit uns Knotentechniken geübt, Fallbesprechungen durchgeführt oder uns bei kleinen Interventionen auf Station (Legen einer Magensonde, VAC-Wechsel...) die Schritte einzeln erklärt
Contra:
- Pflichtaufgabe der PJler die BE/Viggos zu machen --> zum Teil darf man auf Anweisung des Oberarztes nicht mal in die Frühbesprechung gehen, da die Blutentnahmen jetzt sofort gemacht werden müssen
- Pflichtaufgabe der PJler bei Visite morgens um 7 Uhr den Computer mitzuschieben, gleichzeitig die Verlaufseinträge der Visite dort mitzudokumentieren, Verbände/Pflaster für den Oberarzt bereitzulegen und im Idealfall noch die Tür aufzuhalten --> Ansehen des PJlers = 0, Lerneffekt = 0
- schlechte Stimmung zwischen den Oberärzten, Assistenzärzte werden regelmässig runtergemacht von den Oberärzten (80-90h pro Wochen arbeiten die Assistenten dort, während meiner Zeit waren weinende oder dekompensierte Ärzte dort keine Seltenheit) -- > im Grunde nette Assistenzärzte, die jedoch neben der ganzen Arbeit keine Zeit haben den PJlern andere Dinge zu erklären; die Oberärzte sieht man den ganzen Tag nicht
- Ansehen des PJlers=0
- ich war ein einziges Mal (außerhalb von meinem Dienst im allgemeinchirurgischen OP), dort wurde ich nach einer halben Stunde wieder rausgeschickt, da ich als Frau "nicht genug Men-Power" für diesen Eingriff haben würde
- Erklärungen gab es auch während meines Dienstes im OP (bei der ich die ganze Nacht mit am Tisch dabei stand) eigentlich überhaupt nicht
- auf Station ist man neben den BE/Viggos und Visiteneinträgen hauptsächlich für Arztbriefe zuständig (d.h. langes Copy-Paste von Befunden), Feedback zu den geschriebenen Arztbriefen gibt es nicht
- von anderen Studierenden aus meiner Kohorte, die oft im OP waren, habe ich gehört, dass man als Dank für das stundenlange Haken halten oft nicht mal zunähen durfte
- es gibt viele Spezialfälle (aufwendige Operationen), die Appendektomie oder Cholezystektomie sucht man hier jedoch vergeblich.
Die Allgemeinchirurgie kann ich leider gar nicht empfehlen, am meisten habe ich während der drei Wochen von der Pflege gelernt, die mir gezeigt hat, wie man Drainagen zieht oder eine Stomaversorgung durchführt. Insgesamt würde ich meine Zeit in der Allgemeinchirurgie mangelhaft bis ungenügend bewerten.
Bewerbung
Die Bewerbung ging einfach über das PJ-Portal, es sind meist immer noch Plätze frei. Von den 15 PJ-Student:innen aus meiner Kohorte hatte nur ein einziger in Münster selbst studiert, alle anderen waren von externen Unis...diese Aussage lasse ich mal im Raum stehen, warum die Studierenden der eigenen Uni nicht für Chirurgie ans Uniklinikum wollen.